Fliesenbelag 2 Tage nach Erstricheinabu

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Hallo,

die anerkannten Regeln der Technik besagen 28 Tage Trocknungszeit bzw. 2% Restfeuchte bei zementären Estrichen auf Dämmung/Trennlage.

Einige Hersteller geben ihre Fliesenkleber aber frei, sobald der Estrich begehbar ist.

Hierbei handelt es sich entweder um langsam trocknende Dispersionskleber (z.B. PCI Everflex) oder aber um sogenannte 2 komponentige Dünnbettmörtel (z.B. Schomburg UNIFIX-2K)

Der Trick dabei ist es, den Estrich durch die frühe Verlegung mit Fliesen nach oben hin am unkontrollierten Austrocken zu hindern, er kann somit -im eigenen Saft- fest werden. (unten PE Folie, oben Fliesen)

Wichtig ist dann aber die sehr hohe Kunststoffvergütung in Form einer flüssigen Dispersion anstelle des Anmachwassers (die 2 Komponente)

Diese bewirkt, dass der Kleber das zwangsläufig entstehende Schwinden des Estrichs während der Aushärtung aufnehmen kann.

Man kann sich das wie eine Brotscheibe vorstellen die über Nacht auf der Küchenarbeitsplatte liegen bleibt. Am nächsten Tag ist sie krumm und schief und verschüsselt.

Das liegt daran, dass trocknende Baustoffe sich verkürzen, im Falle unseres Estrichs und der Brotscheibe können beide aber nur von oben nach unten durchtrocknen, da unten die Folie bzw. Arbeitsplatte ist.

Also trocknen sie erst oben, die Oberfläche verkürzt sich und zieht die Ränder nach oben (schüsseln) Dieser Prozess ist nach Ansicht der Fachleute nach 28 Tagen soweit abgeschlossen, dass man Fliesen drauf legen kann.

Eingerissene Silikonfugen im Neubau widerlegen diese Theorie aber regelmäßig...

Schmiert man jedoch Butter auf die Brotscheibe (belegt den frischen Estrich sehr früh mit Fliesen) , liegt sie am nächsten Tag noch genau so platt da wie am Abend zuvor.

Jahrelang wurden die Fliesen direkt mit Zementpuder auf frischem Estrich verlegt, ist nie was passiert aber die Chemielobby hat sich durchgesetzt und heute ist es verboten.

Diese 2 komp. Kleber sind jedoch heute dermaßen kräftig, das man teils damit auf Stahl kleben kann.

Tip: Aufpassen, dass die Verleger mind. einen sogenannten S2 Kleber nach DIN EN 12002 verwenden und der Hersteller diesen freigegeben hat.

Das ganze funktioniert jedoch nur bei Zement Estrichen! Anhydritestriche (sogenannte Fließestriche mit Bindemittel Calciumsulfat bzw. Gips) sind davon ausgeschlossen. Der Großteil der Estriche wird heutzutage damit gemacht, ggf. versichern sie sich beim Bauunternehmer nochmals rück.

Vile Glück und starke Nerven :-)

PS: @Kernstel: Wo kann ich Dickbettkleber kaufen? :-))))

BauNeuling 
Fragesteller
 10.04.2012, 10:12

Hallo Sweni +tommyking !

Ganz herzlichen Dank für diese beide ausführlichen und fachlich hochwertigen Antworten auf meine Frage und Problem.Damit komm ich klar und werde die Ausführung der Arbeiten dementsprechend überwachen. Sweni : Nerven hab ich schon keine mehr, weder schwach noch stark. Ich sehe meine Zukunft bereits im Alkohol :-)))) Bayr. Grüße vom BauNeuling

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Zeitmeister57  12.04.2012, 11:43

das ist doch mal eine hochkompetente Antwort...super !!!

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Hallo,

der Zement -Estrich sollte bei Fliesenverlegung eine Restfeuchte kleiner 2% ausweisen. Weil dann Zementestrich dann ca.79% seiner Schwindungen im Abbindeprozess erledigt sind. Als Faustformel sagt man : Zementestrich trocknet ca. 1 mm/Tag , bei 45 mm sind das 45 Tage. Mann kann durch Abbindungsbeschleuniger im Estrich , S2 - Klebern oder Entkopplungssystemen die Verlegezeit verkürzen aber es sind alles Sonderlösungen und entsprechen nicht den anerkannten Regeln der Technik.

P.S. Einen "Dickbettkleber" gibt es nicht !!

sweni  10.04.2012, 10:05

Die anerkannten Regeln der Technik sind aber kein Gebetsbuch :-) Sonderlösungen sind gut und wichtig, so entstehen neue, zeitgemäße anerkannte Regeln. Das sieht man ja leider an veralteten DIN Normen, die wegen fehlender Merkblätter aus der Neuzeit immer noch `den aktuellen Stand´ aufzeigen.

Bis vor kurzem musste der Fliesenleger nach den Regeln der Technik sein Bad theoretisch noch mit Bitumenbahnen abdichten... weil die Herren es nicht geschafft haben die DIN aus 1970 oder so zu überarbeiten. Die `Sonderlösung´ Verbundabdichtung hat uns gerettet....

Der Planer kann am Bau einsetzen was er will und muss sich an keine Norm halten, das ist seine planerische Gestaltungsfreiheit. Er muss halt nur gewährleisten das es funkt und es muss vertraglich vereinbart sein.

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Das handelt sich um ein Dickbettkleber ,und kann früher Eingesetzt werden.

BauNeuling 
Fragesteller
 09.04.2012, 11:37

Kernstel: Herzlichen Dank, für die sehr schnelle Reaktion nur ...... hält der Kleber nach einigen Jahren auch das was er verspricht ???

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