Fanfiction Figur, warum kann ich sie nicht akzeptieren?

6 Antworten

Was du da gerade erlebst, ist vollkommen normal. Du bist vermutlich das erste Mal so richtig mit konstruktiver Kritik konfrontiert worden und merkst gerade: "Shit. Derjenige hat nicht ganz unrecht". Vielleicht denkst du das nicht einmal bewusst, aber fühlst es. Denn negative Kommentare als solche, lösen keine kreative Krise aus - schmerzhafte Wahrheit schon.
Ich sag das jetzt nicht, um dich zu verletzen, sondern weil ich genau weiß, wie du dich fühlst und weil ich glaube, du kannst damit wachsen.
Dass du deine Figur nicht mehr annehmen kannst, liegt nicht an genereller Kritik, sondern daran, dass sie vermutlich nicht unberechtigt ist. Und das bremst einen erst einmal aus, was vollkommen verständlich ist.

Mir ging es bei meiner ersten Fanfiction vor vielen Jahren ähnlich. Da wurde zwar keine Figur kritisiert (auch wenns mal angebracht gewesen wäre...), sondern etwas an meinem Schreibstil, das aber absolut berechtigt war. Und das hat mich auch erstmal völlig rausgerissen.
Keiner sagt, mit Kritik umzugehen wäre leicht. Ist es nicht. Aber wenn du es schaffst, wird es dich langfristig weiterbringen.

OCs sind halt generell immer so eine Sache. Sie werden von Fans oft als Fremdkörper betrachtet, weil sie sich meistens nicht gut ins Original einfügen. Entweder weil sie zu OP sind oder weil sie nicht in die bestehende Lore passen.

Häufig ist auch Perfektion ein Problem. Es gibt viele Hobbyautoren, die ihre Figuren zu glatt bügeln, weil sie sich davor scheuen ihnen echte Ecken und Kanten zu geben. Genau das macht eine Figur aber erst interessant.
Sie darf stark und anders sein, aber sie braucht auch echte Schwächen mit Konsequenzen - sowohl in ihren Fähigkeiten als auch in ihrer Persönlichkeit.
Wenn sie alles kann und von den wichtigsten Canon-Figuren immer gemocht und respektiert wird, wird es halt schnell öde und obendrein auch unrealistisch.
Das ist der Grund warum OCs in Fanfictions oft sehr kritisch beäugt werden. Sie sind zu stark, zu schön, zu perfekt - und reißen alles an sich, statt sich ins Gesamtbild einzufügen.

Das bedeutet nicht, dass du nun deine Figur komplett über den Haufen werfen musst. Es bedeutet nur, dass es vielleicht sinnvoller wäre sie nochmal zu überarbeiten oder schlicht zu vertiefen.
Lass sie so wie sie ist, aber gib ihr noch eine andere Seite, um sie greifbarer zu machen. Etwas, das ihr im Weg steht, ein Ziel, Ängste & Wünsche, eine Vergangenheit, die erklärt warum sie ist wie sie ist. Warum wird sie von anderen akzeptiert, obwohl sie so anders ist? Es wäre viel glaubwürdiger, wenn sie sich das erkämpft/erarbeitet hätte statt einfach zu sagen "Ist halt so".

Sie sollte zudem nicht stärker sein als alle anderen. Sie darf stark sein, ja - aber das sollte gut begründet werden und nicht komplett aus dem Rahmen fallen. Ihre Stärke sollte zudem nicht nur aus Genetik heraus entstanden sein. Lass sie selbst hart dafür gearbeitet haben. Das macht sie greifbarer und sympathisch.

Außerdem solltest du ihr bestenfalls Raum für Entwicklung geben. Also die Möglichkeit innerhalb der Geschichte noch stärker zu werden, nicht aus Zufall oder Machtgier heraus, sondern aus Notwendigkeit.
Wenn eine Figur am Ende der Geschichte noch genau dieselbe ist wie am Anfang, ist das nicht konsequent, sondern Stillstand und Stillstand bedeutet meist Langeweile.

Was du also bedenken solltest (im Kurzformat):

  • Stärke darf sein, aber gib ihr ihren Preis.
  • Es ist okay, wenn deine Figur aus der Reihe tanzt, solange du erklärst, warum.
  • Realistische Dynamiken mit anderen Figuren sind Gold wert. Nicht jeder muss deinen OC sofort lieben oder akzeptieren.
  • Entwicklung sollte immer nachvollziehbar (und vorhanden) sein.
  • OCs dürfen kräftemäßig mit den Stärksten mithalten, aber sie sollten nicht überschatten.
  • Niemand ist perfekt - gib deinem OC echte Schwächen, die ihr/ihm im Weg stehen. Das macht sie nicht weniger liebenswert, sondern interessant.

Klar, ich hätte jetzt auch dein Ego streicheln und wie alle anderen brüllen können "Tu das, worauf du Bock hast und scheiß drauf was andere denken!". Und ja, das kannst du tun. Wenn du allerdings für Leser schreibst und nicht nur für dich selbst, ist das keine Einstellung, die ich empfehlen kann.
Man muss nicht jede Kritik blind annehmen - soll man auch gar nicht! Aber konstruktive Kritik sollte man zumindest ernstnehmen und sich fragen, ob da nicht was dran ist - auch wenn's erst mal schmerzt.
Gute Figuren entstehen nicht zufällig, sondern durch Arbeit. Und wenn du eine fesselnde Figur mit Tiefe erschaffen willst, wirst du dich mit diesem Prozess zwangsläufig auseinandersetzen müssen.

Deine Figur ist nicht falsch - sie braucht vielleicht nur etwas mehr Feinschliff, damit auch andere sie lieben können.

Also, statt in Selbstzweifeln zu versinken: Setz dich hin und beschäftige dich näher mit dem Thema. Dann überarbeitest du deine Figur und am Ende wirst du feststellen, dass du sie selbst sogar noch mehr lieben wirst als du es jetzt schon tust. Nicht, weil du sie verbogen hast, damit sie anderen gefällt, sondern weil sie sich insgesamt viel runder anfühlen wird.

Wenn du selbst mit deiner Figur zu 100 Prozent zufrieden bist, wirst du zukünftiger Kritik auch viel entspannter begegnen, glaub mir. :)

Und wenn gerade gar nichts mehr geht, ist das ein Zeichen dafür, dass du gerade emotional zu involviert bist. Das ist nicht schlimm, aber dann sollte man mal ein paar Tage lang das Ganze komplett ruhen lassen und sich mit anderen Dingen beschäftigen.
Wenn einige Tage vergangen sind, holst du die Kritik, die dich am meisten getroffen hat, hervor, atmest tief durch und liest sie nochmal.
Mach dir eine Liste: Was wird konkret kritisiert? Was fehlt? Was wirkt unlogisch? Was ist zu viel? Gab es dazu Lösungsansätze? Schreib es auf!
Und dann arbeitest du das Punkt für Punkt durch.
Dabei darfst du dich auch fragen, ob du das genauso siehst. Du musst nicht jedem Kritikpunkt zustimmen. Du darfst eine eigene Meinung haben - das ist wichtig! Aber bleib dabei ehrlich dir selbst gegenüber und offen für andere Sichtweisen.
Strukturiertes Arbeiten kann jedenfalls helfen, dich emotional etwas zu distanzieren. Niemand hat dich kritisiert, sondern deine Figur und es ist ganz wichtig, dass man das auch versteht.

Bleib auf jeden Fall dran, okay?
Kritik ist manchmal hart, tut weh und demotiviert, aber sie ist auch eine Chance daran zu wachsen.

Deine Geschichte verdient es, erzählt zu werden - mit all ihren Ecken, Kanten und genau der Tiefe, die nur du ihr geben kannst.

Liebe Grüße

Ich finde, das hört sich gut an. Und das wichtigste ist sowieso, dass es dir gefällt. Was andere darüber denken (und schreiben) kann verletzten, was total verständlich ist. Aber es ist DEINE Außerdem gibt es wahrscheinlich keine einzige Geschichte, wo nicht einer rumnörgelt.

Mach dir bewusst, weshalb die Figur so ist, wie sie ist, und dann schreib!

Ich bin mir sicher, du bekommst auch noch positive Rückmeldungen.

Wenn du findest, die Kritik war berechtigt, Versuche die Problemstelle zu beheben. Wenn du kreativ bist, sollte es eigentlich kein Problem sein, die kritisierten Eigenschaften deiner Figur zu verbessern ohne dabei die Figur zu drastisch zu verändern.

Das kenne ich.

Ich hab mal eine HP-Fanfiktion geschrieben und mein OC war zu Anfang, sagen wir, nicht sehr nett. Mehr so "Ich hab kein Bock auf diese Schei??e (war ne Lehrerin in VgddK) es ist total doof hier, ihr geht mir alle auf die Nerven!" Also sehr unangenehmer Typ. Im Laufe der Geschichte änderte sich das aber.

Was meinst du, was ich für Kommentare zu den ersten Kapiteln bekommen hab ...

Da wurde mir teilweise gedroht.

Hat aber nichts daran geändert, dass ich stumpf durchgezogen habe.

Ich lasse mir von niemandem sagen, wie ich zu schreiben habe und wie meine Figuren zu sein haben.

Und wenn jemand meint, meine Story dann disliken zu müssen und sie nicht mehr weiter lesen will - nicht mein Problem.

Steh zu deinem Prota! Es ist DEINE Geschichte!

Mach dir klar warum du die Figur so geschaffen hast wie du es getan hast, das du sie deshalb liebst.

Und dann lern das es egal ist was andere sagen.