Einzige in der Familie, die studiert hat, nun Probleme mit dem Berufseinstieg?


13.08.2022, 23:10

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5 Antworten

Ich glaube nicht, dass dein Problem daran liegt, dass Du nicht aus einer Akademikerfamilie stammst und vielleicht nicht die "richtigen" Sprachausdrücke beherrschst oder das für Akademiker typische Freizeitverhalten hast. Dein Selbstbewusstsein scheint unabhängig davon recht schwach ausgebildet zu sein, was deine Kollegen spüren und dich auch spüren lassen. Das eigene Selbstbewusstsein zu entwickeln und zu stärken ist ein längerer Prozess. Therapeutische Begleitung könnte da hilfreich sein. Eventuell würde dir aber auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes guttun. Eine Arbeitsstelle in einem Betrieb oder einer Einrichtung, in der man normal und ohne Arroganz miteinander umgeht, würde dir vermutlich helfen. Und da es zu Berufsbeginn auch ganz normal ist, wenn man nach relativ kurzer Zeit den Job wechselt, müsstest Du auch keine Karrierenachteile befürchten.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Swantje124 
Fragesteller
 22.08.2022, 18:40
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort @Coriolanus

Darf ich noch eine Frage stellen. Wie kann ich mein Selbstbewusstsein stärken?

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Coriolanus  22.08.2022, 18:53
@Swantje124

Ich habe jetzt leider gerade für eine längere Antwort keine Zeit, deshalb nur kurz: Du solltest dir selbst bewusst werden, dass Du einmalig unter 7,5 Milliarden Menschen bist. Und weil Du in deinem Denken, deinen Träumen, deinen Begabungen so einmalig bist, kann nicht auf dich verzichtet werden. Finde einen Lebensweg für dich, wo Du dich weiterentwickeln kannst, gleichzeitig aber auch anderen Menschen bei ihrer Entwicklung helfen kannst. Wer Menschen vergleicht, hat leider seinen Verstand noch zu wenig entwickelt. Man kann nicht unterschiedliches vergleichen und bewerten. Insoweit musst Du dich keinem Vergleich stellen. Ob jemand intelligenter als Du ist oder mehr Erfolg beim anderen Geschlecht hat, sind kleine Splitter einer Persönlichkeit, mehr nicht. Schreib dir auf und hänge es irgendwo hin: Ich bin wie ich bin und das ist gut so!

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Ich kenne das. Halte dein Privatleben aus dem beruflichen Kontext heraus, du kannst da nicht mithalten.

“Ich bin noch nie geflogen, wir hatten kein Geld“ - „Wir waren früher oft an der See“ oder „Ich liebe es zu wandern, daher bin ich kein Freund von Flugreisen“.

“Wir hatten kein Geld für ein Haus“ - „Ich schätze die Flexibilität von Miete und lege mein Geld lieber in Aktien an“.

Ich stehe schon Jahre solide im Berufsleben. Trotzdem werde ich nicht das Niveau von Kollegen erreichen, die mindestens 1-2 Generationen länger auf eine akademische Laufbahn zurückblicken können. Man kann sich definitiv einen gewissen Wohlstand aufbauen aber sich nicht die Erfahrungen der in Wohlstand aufgewachsen Kollegen leisten. (Die Kinder meiner Kollegen sind mit 14 schon häufiger geflogen als ich es bisher hätte schaffen können!).

Mein Chef schätzt und fördert mich. Man kann ein gutes Ansehen aufbauen, dass ist keine Frage. Aber das ist harte Arbeit: Du musst erstmal lernen, dich zwischen den Akademikerkindern solide zu bewegen.

Und miss dich nicht an denen! Ich habe grade ein kleines, altes Haus gekauft. Dafür mega lange und hart gespart. Natürlich freue ich mich sehr und meine ganze Familie ist stolz auf mich. Und bei der Arbeit? Muss mich ein älterer Kollege übertrumpfen 😉 Sein Haus hat das 6-fache gekostet. Mein Haus ist wirklich uralt und heruntergekommen - was erzählt er? Sein teures Haus aus den 90ern ist ja soooo viel schlimmer!

Der Job ist wie eine Bühne. Ganz oft Schauspiel. Konzentriere dich auf deine Fähigkeiten und nicht auf die Stechereien der Kollegen.

Swantje124 
Fragesteller
 22.08.2022, 18:46
Vielen Dank für deine Antwort @Frauemma1987

Du hast wirklich viel geleistet und dich hoch gekämpft. Bist ein Vorbild für andere.

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Wenn du weißt was du im Leben wirklich willst und dir bewusst bist was du alles kannst, dann kann es dir doch egal sein was die anderen denken.

Wenn du mal ein persönliches Gespräch möchtest, dann meld dich gerne. Mein Mann und ich kommen aus dem pädagogischen Bereich und arbeiten auch als Karrierecoach. Vielleicht haben wir ganz unverbindlich den ein oder anderen Tipp für dich.

Meld dich dazu einfach mit einer Freundschaftsanfrage.

Liebe Grüße Michaela

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Als Lehrer an einem Gymnasium kann ich nur sagen, dass es für Schüler aus einfachen Verhältnissen weit schwieriger ist, die Schule (und ein Studium) durchzustehen als für Kinder aus Akademikerfamilien. Das fängt bei einfachen Dingen wie Fragen zu Hausaufgaben an, bei denen die Eltern helfen konnten, und es geht weiter über subtilere Aspekte wie den zu Hause gepflegten Wortschatz, den Inhalt des häuslichen Bücherschranks und die im Familiemkreis gepflegten Gesprächsthemen bis hin zu den privat gesammelten Erfahrungen an anderen Orten und mit anderen Kulturkreisen im Urlaub.
Viele Menschen, die sich aus einfachen Verhältnissen bis zu einem Studienabschluss „hochgearbeitet“ haben, betonen diese Tatsache nicht ohne einen gewissen Stolz, weil sie es schwieriger hatten und so gesehen mehr leisten mussten als ihre Mitschüler. Gerhard Schröder ist hierfür ein prominentes Beispiel.
Ich denke, es ist eine Frage der Selbstwahrnehmung, ob man sich z.B. wegen fehlender Reiseerfahrungen zurückgesetzt fühlt oder aus der Tatsache, dass man sich durch Schule und Ausbildung weitgehend allein durchkämpfen musste, auch Selbstbewusstsein schöpft.

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