Die dritte Art des Leidens im Buddhismus?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Wenn du "Sankhara-dukkha" meinst, dann hilft dir vielleicht diese Erklärung dazu etwas weiter:

"Wir können die erste Art des Leidens immerhin etwas mildern, wenn wir bereit sind ,mit Leib und Seele' anzunehmen, dass körperliche und psychische Irritationen nun einmal zum Leben gehören, und wenn wir aufhören uns dagegen zu wehren. Das heißt natürlich nicht, dass wir gleichgültig werden sollten, sondern nur, dass wir Schmerzen, die wir nicht verändern können, möglichst gleichmütig und geduldig akzeptieren. Die zweite Art können wir ebenfalls lindern, wenn wir im Hinblick auf unsere Bedürfnisse und Wünsche reifen und lernen, uns gelassen in die Veränderlichkeit und damit auch die Vergänglichkeit alles Bedingten fügen. Die dritte Art des Leidens beseitigen wir damit aber nicht. In gewisser Hinsicht wird sie sogar erst richtig erkennbar, wenn man angefangen hat, sich mit den ersten beiden Arten zu befassen. Sankhara-dukkha ist gewissermaßen eine tiefere Dimension der ersten beiden Arten. Es ist das Leiden, das aus der irrigen Überzeugung wächst, man habe oder sei ein festes ,Selbst', ein kernhaftes Ich, das — als beständiges ,Subjekt' — die Freuden und Schmerzen des Lebens erfährt. Bei genauer Untersuchung stellt sich dieses ,Ich' oder ,Selbst' als eine Fiktion heraus, eine bloße Vorstellung oder Geschichte, die wir uns so oft erzählt haben, bis wir schließlich auch daran glaubten. So lange wir aber an dieser Vorstellung von uns selbst als substanziellen Wesen festhalten - ,dies ist mein Körper, dies sind meine Fähigkeiten, dies sind meine Wünsche, dies sind meine Probleme .... dies bin ich und dies gehört mir!' - so lange werden wir leiden. In diesem Sinn sind aus Sicht eines Erleuchteten all jene Freuden und Glückserfahrungen schmerzhaft und unbefriedigend, die noch mit dem Glauben an ein Ich oder Selbst einhergehen. Erleuchtung ist Loslassen und Überwindung dieser grundlegenden Selbsttäuschung. Erleuchtete wissen, dass es nichts zu verlieren und nichts zu gewinnen gibt, weil da niemand ist, der oder die etwas verlieren oder gewinnen könnte.

Schon wenn wir ,diesseits' von Erleuchtung tief in uns hineinhorchen, werden wir entdecken, dass mit unserem Ich-glauben ein schmerzhaftes Grundgefühl existenzieller Getrenntheit und Einsamkeit einhergeht. Immer wieder versuchen wir vergeblich, diesen Schmerz entweder dadurch zu beseitigen, dass wir unsere Hoffnungen auf Dinge oder Menschen setzen, die wir uns zu eigen machen wollen, oder indem wir versuchen, Dinge oder Menschen aus unserem Leben loszuwerden, die uns stören. Das eigentliche Problem sind aber weder diese Dinge noch die anderen Menschen, die wir haben oder nicht haben. Das Problem ist unser Glaube, dass es da ein ,Ich' oder ,Selbst' gibt, das auf diese Weise glücklich werden könnte.

Der Buddha sagte zu seinen Schülern:

Bhikkhus, wo es den Gedanken gibt ,Ich bin', dort entstehen auch die folgenden Gedanken: `Ich bin in dieser Welt; Ich bin so; Ich bin anders; Ich bin nicht ewig; Ich bin ewig; Sollte ich sein? Sollte ich in dieser Welt sein? Sollte ich so sein? Sollte ich anders sein? Möge ich sein! [Möge ich nicht sein!] Möge ich in dieser Welt sein! Möge ich so sein! Möge ich anders sein! Ich werde sein. [Ich werde so sein.] Ich werde anders sein.' Dies, bhikkhus, sind die achtzehn Gedanken, die von einem das innere Selbst betreffenden (ajjhattikassa) Begehren verhext sind (tanhavicaritani).

(Anguttara Nikaya II, 211)" ( http://www.buddhawege.de/CMS/Drei-Arten-des-Leidens.64.0.html )

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 45 Jahren praktizierender Buddhist ( Theravada )...