DDP Wahlplakat?

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Das Wahlplakat der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) ist zu der Reichstagswahl vom 20. Mai 1928 erschienen.

https://www.akg-images.fr/CS.aspx?VP3=SearchResult&ITEMID=2UMDHUFM5EXF&LANGSWI=1&LANG=German

Die Aufschrift ist „Säubert das Reich! wählt Deutsche Demokraten! Liste 6“

Der Entwurf stammt von Theo Matejko (Signatur oben links, mit „28“ für die Jahreszahl).

Die Druckerei war Hugo Sensch im Berliner Postbezirk Südosten 16 (Berlin Mitte), rechts unten hingeschrieben („HUGO SENSCH BERLIN SO 16“).

Hakenkreuz

Das nach links zeigende Hakenkreuz ist in Bezug auf die Ausrichtung nach links nicht gut als gezielte Absicht erklärbar. Daher ist „eher Zufall“ zutreffend.

Das Hakenkreuzsymbol hat es sowohl linksdrehend als auch rechtsdrehend gegeben. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) hat ein rechtsdrehendes Hakenkreuz als Symbol verwendet. Dies hat auch bei manchen anderen deutschen Rechtsextremisten der Fall gewesen.

Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ist seit 1922 (mit dem 4.7.1922 in Baden beginnend) in mindestens 9 Ländern verboten gewesen, in Bayern erst am 9.11.1923 nach dem Hitler-Putsch, am 23.11.1923 reichsweit (auf Grundlage der Notverordnung des Reichspräsidenten vom 26.9.1923) wegen Verächtlichmachung der Republik und Terror der SA. Nach dem Einzug von Nationalsozialisten in den Reichstag am 7.12.1924 in der Listenvereinigung (Liste von »Deutschvölkischen« und Nationalsozialisten) Nationalsozialistische Freiheitspartei bzw. später Nationalsozialistische Freiheitsbewegung kam eine Wiederzulassung und eine Neugründung der NSDAP am 27.2.1925.

Denkbar ist, nur darauf geachtet zu haben, Hakenkreuze in den Entwurf zu setzen und in der genauen Ausführung nachlässig gewesen zu sein oder ein Versehen begangen zu haben, oder ein eine Umdrehung beim Druckverfahren durch die Art des Abdrucks.

Die Symbole stehen für das, wovor das Deutsche Reich nach dem Wahlplakat gesäubert werden soll, und verweisen auf verschiedenen Gruppen, die parlamentarische Demokratie und damit den Staat der Weimarer Republik scharf ablehnten: Das Hakenkreuz auf Nationalsozialisten und andere, deutschvölkische Rechtsextremisten, der Stahlhelm auf militaristische, sehr nationalistische und autoritär-konservative Kräfte wie in der paramilitärischen Organisation „Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten“, der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) nahestehend, und der fünfzackige rote Stern (https://de.wikipedia.org/wiki/Roter_Stern) auf die Kommunisten, vor allem die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

Deutschland soll nach der Aussage von Schmutz, von Unrat und Ungeziefer in einem metaphorischen Sinn gereinigt werden. Dazu gehören bildlich an dem Land nagende braune und rote Würmer, die es unterhöhlen.

Preußen

Deutschland wird in den damaligen, nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Staatsgrenzen gezeigt. Ostpreußen war vom übrigen Gebiet des Deutschen Reiches getrennt. Es gab eine Recht auf ungehinderte Durchfahrt. Dazwischen lagen Danzig (als Freie Stadt Danzig unter Aufsicht des Völkerbundes) und ein Teil von Westpreußen, der zu Polen gehörte (»polnischer Korridor«). Das Plakat zeigt die tatsächlichen Verhältnisse und betont durch die Verbindung mit Seilen die feste Verbundenheit Ostpreußens mit dem übrigen Deutschland.

Mann

Es wird nicht ein bestimmter individueller Mann abgebildet, sondern ein Typ. Der Mann ist ein verfassungstreuer Befürworter und Beschützer der Weimarer Republik und der parlamentarischen Demokratie. Sein großer Schild trägt die Farben Schwarz-Rot-Gold, seit 1919 Nationalfarben Deutschlands in der Zeit der Weimarer Republik (Artikel 3 der Verfassung), mit geschichtlichen Wurzeln in nationalen und liberalen Bewegungen des 19. Jahrhunderts und in der Revolution 1848 zu Farben des zu gründenden Deutschen Reiches erklärt.

Es gab in der Weimarer Republik ein „Republikschutzgesetz“, das 1927 um 2 Jahre bis 1929 verlängert worden ist und von der DDP bejaht wurde (https://de.wikipedia.org/wiki/Republikschutzgesetz).

Der Mann ist groß, kräftig und muskulös. Er ist ein Kämpfer, der in seiner Nacktheit Beziehungen zur Heldenvorstellung »heroischer Nacktheit« (https://de.wikipedia.org/wiki/Ideale_Nacktheit) der antiken Griechen hat (antiker Heros) und in seinem Schild zu Wappenschilden, die auf das mittelalterliche Rittertum zurückgehen.

Hannes Lewalter, „Der Kampf ist hart. Wir sind härter! - Die Darstellung deutscher Soldaten im Spiegel der Bildpropaganda beider Weltkriege und die Konstruktion des „Neuen Helden”, Dissertation Tübingen 2010, S. 76 - 77

https://d-nb.info/1004860145/34

„Diese Art der Heros-Darstellung, wie sie Erlers „Der neunte Pfeil“ propagierte, zeigt sich nochmals stärker als bei der DVP auf einem Plakat der Deutschen Demokratischen Partei.Ihre Wahlwerbung „Säubert das Reich“, 1928 von Theo Matejko gestaltet, präsentiert einen republikanischen Kämpfer, der die Republik von Nationalsozialisten, Kommunisten und anderen, als Würmer und Geschmeiß dargestellten, Objekten befreit. Dabei kniet er auf der politischen Karte des Deutschen Reiches, das in den Nachkriegs-Grenzen dargestellt wird, und drängt mit einem in den Farben der Republik gehaltenen Schild die Feinde und „Schädlinge“ der Demokratie immer weiter zurück. Interessant an dieser Darstellung ist, daß sowohl die aktuellen deutschen Grenzen bei der Darstellung des Deutschen Reiches akzeptiert werden, als auch, daß der Schild als offensiv genutzte Abwehrwaffe dient. Somit unterscheidet sich das DDP-Plakat Matejkos deutlich von den anderen gezeigten Wahlwerbungen, die allesamt sehr aggressiv auftreten. Seine Aggressivität erhält das Plakat durch die Art der Zeichnung der politischen Gegner, die in beinahe faschistischer Feindzuschreibung als Dreck und Würmer dargestellt werden, weil sie in der Vergangenheit versuchten, dargestellt durch die Löcher und Narben des Bodens, das politische System zu unterhöhlen. Im bereits gesäuberten Bereich hinter dem Kämpfer verheilen die Wunden dank der Arbeit des republikanischen Heros aber wieder.

Die Darstellung dieses republikanischen Kämpfers könnte dem des Erlerplakates nicht viel ähnlicher sein. Sowohl die Farbgebung, als auch die Statur entsprechen sich, ja sogar der Haarschopf weist eine gewisse Ähnlichkeit auf. Matejkos Schildträger ist ebenso wie Erlers Bogenschütze dem Betrachter zeitlich entrückt und in eine antik anmutende Szenerie versetzt. Beide Male bildet ein Stein, Symbol der heimatlichen Erde, den Untergrund des nackten Kämpfers, bei Matejko wird die heimatliche Erde sogar direkt über die Grenzen des Deutschen Reiches verdeutlicht. Das DDP-Plakat bildet den Hochpunkt der Adaption von, der Gegenwart entrückten, monumentalisierenden Weltkriegsmotiven in der bildlichen politischen Auseinandersetzung der Weimarer Republik.“