Blut oder Wasser?
Hallo zusammen.
Ich bin im Alter von ein paar Monaten von einer Person,man weiß nicht,wer diese Person war und welches Verhältnis zwischen mir und der Person bestand,in eine Kirche in Indien gebracht worden. Dort fand mich eine Nonne und brachte mich in ein Kinderheim, das unter anderem Mutter Teresa unterstützt hat.
Ich wurde dann im Alter von einem Jahr von einer deutschen Familie adoptiert, allerdings dauerte es ein Jahr bis sie mich mit einem Flugzeug von Indien nach Deutschland mitnehmen durften. Meine Eltern haben ein leibliches Kind, das zum Zeitpunkt meiner Adoption 6 Jahre alt war. Mein Bruder sah in dem selbstgedrehten Video meiner Eltern erfreut aus mich in der Familie willkommen zu heißen. So viel erstmal zu meiner Person und Geschichte.
Mit der Zeit wurde mir aber klar, dass mein Bruder und ich unterschiedlich behandelt werden. Zum Einen aufgrund des Geschlechtes, Jungs bzw Männer dürfen in deren Augen mehr. Zum Anderen weil sie bei ihm immer mehr da hinterher waren Nähe zu spüren oder auch dass sie ihm sagten, dass sie ihn lieben und er Papa und Mama so ähnlich sei. Das waren anfangs die schlimmsten Aussagen für mich. Ich wollte auch die Fähigkeiten und Talente haben wie meine Familie, ich wollte ihnen ähnlich sein, wenn es schon optisch nicht möglich war. Wenn es dann bei diesen Dingen geblieben wäre..
Leider kam es später auch zu Kommentaren wie: "naja, das Schönheitsideal ist hier einfach anders. Du wirst es schwer haben einen Mann zu finden. Die Männer wollen große,schlanke Blondinen, mit hellen Augen und Grips. "
Ich wusste,dass sie Unsinn reden, aber ich war verletzt, dass sie diese Gedanken hatten. So sahen sie mich also. Statt zu sagen:" du hebst dich von Anderen ab, du bist was Besonderes und jeder ist auf seine Art und Weise schön. Jeder hat seine Vorlieben und das ist in Ordnung. Sonst bekäme nicht jeder Topf einen Deckel." Oder sowas in der Art. Sein eigenes Kind eben stärken und nicht runter machen.
Ebenso meine schulische Laufbahn. Ich habe mein Fachabitur gemacht und habe mir nie was darauf eingebildet. Mein Bruder hat nach der 10. Klasse eine Ausbildung gemacht, dann gearbeitet,studiert und ist mit 30 ausgezogen. Ich hab ihn lieb. Keine Frage. Aber sie scheinen stolzer auf ihn als auf mich zu sein. Mein Papa sagte vor kurzem,dass ich mit meinem Freund für Enkel sorge und mein Bruder für die Karriere. So glänze die Familie in beiden Bereichen. Beides gleichzeitig sei ja anscheinend bei uns nicht möglich. Das war meinem Bruder gegenüber auch nicht gerade freundlich.
Eines Abends war meine Mama sehr enttäuscht von meinem Bruder. Sie ließ ihre schlechte Laune bei mir raus. Sätze wie zum Beispiel dass sie meine Adoption bereue, sie mich hasse und ich Schuld daran sei, dass ihr Krebs zurück gekehrt sei. Ich wusste, dass sie sehr sauer auf meinen Bruder war, durfte es aber nicht sein, weil er seine eigenen Entscheidungen trifft und es ihm nicht vorwerfen kann. Allerdings war ich so am Boden. Ich verließ am nächsten Morgen mit gepackten Taschen mein Haus und packte sie in einen Van, der einer Bekannten von mir gehörte, der ich alles am Vorabend schrieb. Sie fuhr mich zu meinem Ex. Und dort lebte ich dann 11 Jahre lang.
Ich rede zuviel, denke ich. Aber so bekommt ihr Mal ein Bild von meiner Familie.
Zur Intention meines Textes:
Glaubt ihr, man kann grundsätzlich Kinder gleich behandeln? Oder liegt es daran,dass ich nicht das leibliche Kind bin? Was stimmt nicht mit meinen Eltern,dass sie mich nicht so annehmen können, wie ich bin? Ich habe manchmal das Gefühl keine Familie zu haben. Ich habe wieder Kontakt zu ihnen, aber ich passe immer auf.
Was sagt ihr dazu?
2 Antworten
Ich verstehe an dem Verhalten deiner Eltern so einiges nicht. So wie sich behandeln, könnte man meinen, sie wurden gezwungen, dich zu adoptieren. Dabei ist es umgekehrt: viele würden gerne ein Kind adoptieren, dürfen es aber nicht.
Was die Gleichbehandlung angeht: ich denke, es ist eigentlich normal, dass man leibliche Kinder und Adoptivkinder gleich behandelt.
Für mich persönlich ist meine Tochter der wichtigste Mensch in meinem Leben, obwohl sie adoptiert ist.
Hallo,
so jetzt habe ich Mal Zeit und Ruhe, um zu antworten. Auch wenn möglicherweise keine Antwort vorausgesetzt wurde.
Meine Mama hat nach der Geburt meines Bruders Herzprobleme bekommen,. sodass eine erneute Schwangerschaft zu riskant gewesen wäre. Allerdings wollten meine Eltern noch eine Tochter bekommen. Sie wollten aber kein Baby "kaufen" , so wie es damals zum Beispiel ( ich weiss nicht,ob es heute noch so ist) in Rumänien der Fall war. Außerdem gab es damals angeblich die Regel in Deutschland,dass Eltern, die schon ein leibliches Kind haben kein "Anrecht" auf ein zweites Kind haben. Ob das stimmt und heute noch so ist, weiss ich nicht. Ich erkläre es so, wie es mir von meinen Eltern erzählt wurde. Muss auch gestehen, dass ich es nie recherchiert habe. Wenn ihr mehr wisst, könnt ihr es mir gerne sagen. Ich lerne gerne dazu.
Meine Mama sagte ja auch erst später,dass sie die Adoption und damit verbundenen Probleme unterschätzt habe. Und dass ich so ganz anders wie sie und erst Recht anders als mein Bruder sei. Ich wollte so schnell wie möglich unabhängig sein, viel von der Welt sehen, habe mich kritisch mit Regeln, Weltanschauungen und insbesondere Erziehung auseinander gesetzt. Ich war immer offen, aber auch gewissermaßen vorsichtig und skeptisch zugleich. Ich habe mich früher für das andere Geschlecht interessiert, habe witzige Dummheiten begangen, war aber nie straffällig oder unverschämt. Das komplette Gegenteil von meinem Bruder. Er ist gerne Zuhause, wechselt häufig seine Arbeitsstelle,lässt seine Wäsche noch immer von meiner Mama waschen (er wird dieses Jahr 40) und hatte noch nie eine Freundin. Alles kein Ding. Soll er machen, wenn es sein Ding ist. Meine Eltern freuen sich darüber,dass er sie braucht. Egal was ist, ich habe ihn lieb. Ich habe mir immer solche Mühe gegeben,dass sie mich genauso lieben. Ich war an Weihnachten mit meinem Freund bei ihnen und mein Papa kann nicht aufhören zu sticheln. Wenn man es ihm dann sagt, entgegnet er nur:" du scheinst ja alles im Griff zu haben. Kommt dann bald eine Hochzeit,geschweige Kinder? Und hast du noch keine Beule am Auto? ( Ich hatte mal ein Auto gestriffen als ich 19 war. Mittlerweile bin ich 35 und nein,seitdem passierte nichts mehr dergleichen. Naja, ich glaube es ist Wunschdenken,dass sich unsere Beziehung zueinander verbessert..
Im Grunde hast du es mit deinen Eltern gut getroffen. Mein Bruder hat vor etlichen Jahren 2 Kinder adoptiert. Einen Jungen aus Thailand und ein Mädchen von den Philippinen. Sein eigener Sohn war zu dem Zeitpunkt 10 und die Kinder damals 2 und 4 Jahre alt. Die ersten Jahre lief alles reibungslos. Mit der Pubertät fingen beide Kinder an, ihre Wurzeln zu hinterfragen, was für die Stimmung zu Hause nicht gut war. Es kamen die üblichen Sprüche "du bist nicht meine richtige Mama" usw. Und beide hatten immer das Gefühl, der leibliche Sohn würde bevorteilt. Fakt war aber, dass er einfach eine andere Richtung eingeschlagen hat , als die beiden Jüngeren, und dementsprechend von den Eltern unterstützt wurde. Er studierte, die Beiden hatte keine Lust auf Schule. Klar, dass es da zu Differenzen kam. Es hat einige Jahre gedauert, bis sich alles einigermaßen beruhigt hatte.
Für dich würde ich empfehlen, den Kontakt zu den Eltern wieder mehr zu suchen. Als Erwachsene denkt man über vieles anders, als als Kind.
Hallo,
ich telefoniere nun regelmäßiger mit ihnen. Mittlerweile ist mir klar geworden, wo unsere Probleme liegen.
Meine Eltern sind Narzissten und wissen es nicht. Sie fühlen sich gut, wenn es Anderen schlecht geht. Mein Bruder hatte schon immer wenig selbstbewusstsein. Bei ihm schafften sie es auch erfolgreich, dass er immer glaubt, er habe Fehler begangen und sei an allem Schuld. Und dann fing er immer an zu essen und das nicht gerade wenig. Heute glaube ich er ist esssüchtig. Er isst, wenn er traurig, verletzt und gestresst ist. Er hat dann Probleme aufzuhören. Ihm ist das bewusst, aber in der Situation selbst könne er sich dann nicht mehr beherrschen. Mein Bruder hat ein sehr schlechtes Bild von sich. Diesen Schuh wollte ich mir nie anziehen. Ansonsten wäre ich nicht mehr aufgestanden. Das ging aber nicht. Ich wollte einen ordentlichen Schulabschluss,damit ich selbständig werde. Geld verdiene und mich von ihnen lösen kann. Nicht nur das, ich wollte nicht gebrochen werden. Meine Freunde haben mir da sehr geholfen immer an mich zu glauben. Sie sahen, wie sehr ich litt. Auch mein Selbstbild schwankt immer wieder. Ich möchte aber stark genug sein. Ich möchte eigenständig und selbständig sein! Ich habe zwar telefonisch mehr Kontakt zu ihnen, aber ich lasse es niemals zu, dass sie mich brechen. Heute bin ich stärker:-)