Beispiel zur Binomialverteilung - n und k?

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Hallo,

hier kannst Du nicht über die Binomialverteilung gehen, weil sich die Wahrscheinlichkeiten von Zug zu Zug ändern.

Beim ersten Mal ist die Chance, eine defekte Schraube zu ziehen, 10/500=1/50.

Beim zweiten Mal sind nr noch 499 Schrauben in der Kiste.

Entweder war beim ersten Ziehen eine schadhafte dabei, dann sind nur noch 9 von 499 schadhafte dabei oder Du hast beim ersten Mal eine intakte erwischt, dann gibt es noch 10 unter den 499 restlichen Schrauben.

Die Binomialverteilung funktioniert nur, wenn sich die Wahrscheinlichkeiten nicht ändern, weil Du entweder jede Schraube nach dem Ziehen zurücklegst oder weil sich in der Kiste so viele Schrauben befinden, daß der Unterschied keine Rolle spielt, ob eine fehlt oder nicht.

Du gehst hier besser nach der hypergeometrischen Verteilung vor, bei der Du die Binomialkoeffizienten (n über k) benutzt (Rechner: nCr-Taste).

500 Schrauben, 10 defekte, 490 intakte, 5 werden entnommen, genau zwei sollen defekt sein.

Von den 5 entnommenen Schauben sollen also 2 aus der Gruppe der 10 defekten stammen, 3 aus der Gruppe der 490 intakten.

Insgesamt werden 5 von 500 Schrauben entnommen.

Du rechnest [(490 über 3)*(10 über 2)]/(500 über 5)=0,004358 oder etwa 0,436 %.

Würdest Du über die Binomialverteilung gehen, würdest Du p=1/50 rechnen, unabhängig davon, ob bereits Schrauben aus der Kiste entfernt wurden und ob sie defekt oder intakt waren, 1-p wäre dann 49/50, die Wahrscheinlichkeit für eine intakte Schraube, die strenggenommen nur für den ersten Zug gelten würde.

n wäre 5, die Größe der Stichprobe, k wäre 2, die Anzahl der defekten Schrauben in der Stichprobe.

Du kämst auf (5 über 2)*(1/50)^2*(49/50)^3=0,003765 oder etwa 0,377 %.

0,436 % und 0,377 % ist durchaus ein Unterschied.

Herzliche Grüße,

Willy

Christoph12423 
Fragesteller
 28.06.2020, 23:27

Hallo,

vielen herzlichen Dank für die sehr ausführliche Antwort! Die Binomialverteilung macht hier nicht so viel Sinn, jedoch wird auf einem Arbeitsblatt, das wir in der Schule bekommen haben, erwähnt, dass dieses Beispiel mit einer Binomialverteilung modelliert werden kann (da die Wahrscheinlichkeit nicht gleich bleibt, wäre es annähernd binomialverteilt)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass das AB falsch liegt bei diesem Beispiel.

LG

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Willy1729  28.06.2020, 23:40
@Christoph12423

Es gibt ein Faustregel, wann man die hypergeometrische Verteilung durch die Binomialverteilung annähern darf. Sie lautet n<0,05N.

Dabei ist N die Grundgesamtheit (hier also 500 Schrauben) und n die Größe der Stichprobe (hier: 5).

0,05N=0,05*500=25.

Da 5<25, kann man hier also so tun, als handele es sich um eine Binomialverteilung. In diesem Fall ist k=2, n=5 und p=0,02 und es wird von der Annahme ausgegangen, daß auch in der Stichprobe 2 % defekte Schrauben sind.

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Willy1729  28.06.2020, 23:45
@Willy1729

Diese Faustregel habe ich aus dem Buch von Lothar Papula:

Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 3, Kapitel 6.2 zur hypergeometrischen Verteilung.

Das Arbeitsblatt liegt so falsch also nicht. Die Annäherung ist vertretbar.

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Christoph12423 
Fragesteller
 28.06.2020, 23:48
@Willy1729

Ahh, ok, jetzt verstehe ich es, danke! Weil ursprünglich dachte ich, dass bei dieser Faustregel die Grundgesamtheit immer dem n (hier also 5) entsprechen muss, was für Verwirrung gesorgt hat.

LG

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Christoph12423 
Fragesteller
 28.06.2020, 23:52
@Willy1729

Wir haben die hypergeometrische Verteilung eben noch gar nicht im Unterricht besprochen, aber hatten jedoch die Faustregel, dass die Anzahl in der Stichprobe durch die Anzahl in der Grundgesamtheit kleiner gleich 0,05 sein muss, damit man von annähernd binomialverteilt sprechen kann. Mit 5/500 = 0,01 sollte dies also hier annähernd binomialverteilt sein.

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Willy1729  28.06.2020, 23:54
@Christoph12423

Genau. Es kommt letztlich auf das Verhältnis zwischen Grundgesamtheit und Stichprobe an. Wenn der Grundgesamtheit nur ein relatv kleiner Teil entnommen wird, ändern sich die Wahrscheinlichkeiten zwar, aber nicht so stark, daß sie ins Gewicht fallen. Eigentlich genügt es im Beispiel ja auch, wenn man auf 0,4 % Wahrscheinlichkeit für genau zwei defekte Schrauben rundet. In diesem Fall würden beide Ergebnisse übereinstimmen.

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Willy1729  29.06.2020, 00:03
@Christoph12423

Das Problem bei der hypergeometrischen Verteilung ist, daß sich bei manchen Stichproben und höherer Grundgesamtheit so hohe Binomialkoeffizienten ergeben können, daß handelsübliche Rechner schnell überfordert sind.

Würde man etwa 40 Schrauben entnehmen, würde in der Rechnung die Zahl
500 über 40, also

224426968106500100402935302002984748313376730128674048363050

auftauchen. Das packt kein normaler Taschenrechner, der 10 oder 12 Stellen anzeigt und intern vielleicht noch mit 15 Stellen rechnet.

Der Trick wäre hier, bei der gesamten Rechnung auf Deibel komm raus zu kürzen.

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Christoph12423 
Fragesteller
 29.06.2020, 00:11
@Willy1729

Das wird wahrscheinlich auch ein Grund dafür sein, dass beim Arbeitsblatt doch die Binomialverteilung für das Rechnen gewählt wurde.

Auf jeden Fall VIELEN Dank für die sehr ausführlichen und wirklich verständlichen Antworten zu meiner Frage, bei der mir jetzt alles klar ist.

Schöne Grüße

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Willy1729  24.09.2020, 09:06

Vielen Dank für den Stern.

Willy

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ich denke:

p = 10/500

k = 2

n = 5

Willy1729  28.06.2020, 23:18

Bei der zweiten Schraube sind aber nur noch 499 in der Kiste, dann nur noch 498 usw.

Abhängig davon, ob und wie viele defekte Schrauben gezogen wurden, ändern sich die Wahrscheinlichkeiten von Zug zu Zug. Die Rechnung über die Binomialverteilung würde ein ungenaues Ergebnis liefern, da sie die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Züge nicht berücksichtigt.

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Willy1729  28.06.2020, 23:47
@Willy1729

Allerdings ist die Annäherung durch die Binomialverteilung nach der Faustformel hier erlaubt.

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