Beim Meditieren darf man an nichts denken, doch ich habe immer ein Ohrwurm, zählt das als Störfaktor beim Meditieren?

6 Antworten

Jeder Mensch wird dir etwas anderes sagen, ob dieser Ohrwurm nun gut ist oder nicht.

Vielleicht ist der Ohrwurm ein Versuch deines Verstandes (der auch du ist), dich von der Meditation abzuhalten und es ist ratsam einfach den Fokus wieder auf den Atem zu lenken.

Doch es ist auch möglich, dass dir deine Seele mit dem Ohrwurm etwas sagen möchte. Welcher Ohrwurm ist es denn?

brazerspornfod 
Fragesteller
 09.07.2018, 21:56

Verschiedene Lieder. z.B wenn ich jemanden ''hallo'' höre habe ich automatisch einen Ohrworm von dem Lied ''Hello'' etc

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Mach dir keinen Druck. Gib dir Zeit. Meditation ist eine Sache, die man üben muss, aber nicht erzwingen darf. Es wird schon die Zeit kommen, in der du deine Ruhe findest. Viel Glück!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Vor dem Nichts kommt erstmal die Fokussierung auf ein Minimum ...

Ich bin Buddhist und habe ein paar Jahre Erfahrung mit verschiedenen Formen buddhistischer Meditation. Daher möchte ich darauf antworten.

Meditation ist keine zwanghafte Kontrolle

Meditation geht nicht unter Zwang, sondern ist ein natürlicher Zustand entspannter Achtsamkeit und damit weder schläfrige Trance, noch angespannte Konzentration.

Wenn du also meinst, du "darfst" nicht denken und womöglich bewusst versuchst, sie zu verdrängen, dann ist dieser Impuls, bereits selbst ein aktiver Gedanke.

Der Mensch ist ständig ein Manipulator der versucht, Dinge "besser" zu machen, sich selbst zu "optimieren" - und nun übt er Meditation, um "sich ruhig machen".

Aber bei der Meditation ist man nicht Manipulator, sondern Beobachter.

Wenn also Erinnerungen an die Vergangenheit, oder Träume, Sorgen und Pläne für die Zukunft auftauchen, so lässt man dies einfach geschehen, anstatt einzugreifen.

Auch ein Ohrwurm kann auftauchen und es ist teilweise erstaunlich wie viel "altes Zeug" das Bewusstsein so aufsteigen lässt, wenn man es mal nicht dirigiert.

Egal ob Ohrwurm oder Tagtraum - man akzeptierte diese Dinge einfach und lässt sie dann vorbeiziehen, denn was keine Aufmerksamkeit erhält, wird auch nicht stärker.

Je mehr man sich zB darauf konzentrieren würde, nicht an einen rosa Elefanten zu denken, desto mehr würden die Gedanken um diese Vorstellung kreisen.

Ich selbst spreche nicht von Störfaktoren, denn alles ist eben so wie es ist.

Der Fluglärm über dem Haus, der feine Riss in der Tapete vor unseren Augen, die Vibrationen der stampfenden Nachbarsfüße...das sind keine "Störfaktoren".

Auch die Gedanken, die unser Gehirn ständig produziert, wie unser Körper Schweiß absondert, sind keine "Störfaktoren", sondern eben einfach vorhanden.

Je mehr wir uns gegen etwas stellen, desto mehr Bedeutung hat es in unserem Geist. Wenn wir es einfach akzeptieren, verliert es an macht.

Ich trainiere auch die japanische Kampfkunst Aikido und bei uns spricht man nie vom "Gegner" oder "Feind", sondern vom "Partner" ohne den wir nicht üben könnten.

Genau so sind Ohrwürmer, Muskelkrämpfe, Müdigkeit, eben keine "Feinde" der Meditation, sondern gehören eben zu diesem Moment.

Da jeder Moment mit dem nächsten Atemzug schon wieder vorbei ist, brauchen wir auch nicht an ihnen festzuhalten, sondern wir lassen den Moment geschehen.

Meditation ist nicht das Ergebnis von Anstrengung, sondern es ist Nicht-Bewerten.

Ich hoffe, diese Antwort war hilfreich für dich.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren Praxis buddhistischer Meditation
brazerspornfod 
Fragesteller
 04.07.2018, 23:04

Da ich erst ein Anfängerin bin, beginne ich erst mit der ''einfachen'' Meditation; an nichts denken abgesehen von meiner Atmung. Aber jetzt kommt noch ein weiteres Problem: da ich auf meine Atmung konzentriere, stelle ich dann meine Atmung bildlich vor. Dass heisst, dass ich mir den Stoffwechsel bildlich vorstelle; Calvin-Zyklus, Abspaltung von Wasser, wie der Elektron von der Wasserspaltung durch meine Enzymen durchläuft und Energy abgibt usw. :(

Das passiert immer wenn ich auf meine Atmung konzentriere, aber diese Gewohnheit geht nicht weg. Ich versuche das abzutrainieren. Hasst du Tipps?

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Enzylexikon  05.07.2018, 14:41
@brazerspornfod

Ich selbst praktiziere täglich Zazen der Soto-Tradition als Form der Sitzmeditation und werde daher von dieser Warte aus antworten, vielleicht hilft es dir weiter:

Augen

Wenn man bei der Meditation die Augen ganz schließt, begünstigt das Träumerei und ungewollte Visualisierungen, wie du sie schilderst. Daher empfehle ich die Augen ganz leicht offen zu halten und vor sich auf dem Boden ruhen zu lassen.

Körper

Deine Haltung hat eine unmittelbare Auswirkung auf deinen Geist. Abhängig von deiner Körperhaltung ändert sich auch deine geistige Verfassung. Ob du zu starr, oder zu schlaff sitzt, beeinflusst deinen Geist.

Wenn du zu starr sitzt, oder gegen die Schwerkraft kämpst, behindert das die Atmung und man wird geistig unbeweglich. Sinkst du schlaff zusammen, gibt es ebenfalls Atemprobleme und man wird eher schläfrig.

Wahrnehmung

Siehe Meditation nicht als Übung des "auf einen Punkt" konzentrieren an, sondern als achtsame Wahrnehmung. Wer sich nur auf einen Aspekt konzentriert, gerät leicht in Trance. Spüre also immer wieder deinen Körper.

Wenn du zB die Augen halb schließt...dann spürst du, dass dein Körper ein Gewicht hat, du hörst Umgebungsgeräusche, hast vielleicht einen Geschmack im Mund, oder riechst etwas...das sind keine "Störungen" sondern das Leben!

Leichtigkeit

Meditation bedeutet nicht, sich vom Leben zu isolieren, abzuschneiden und in eine "innere Welt" abzutauchen, sondern im Gegenteil die Welt bewusst wahrzunehmen. Also akzeptiere einfach alle Wahrnehmungen, statt sie zu verdrängen.

Du "bist" also nicht nur deine Atmung, also versuche, immer auch offen für alles zu bleiben. Lass zu starke Ambitionen fallen und akzeptiere, wenn es scheinbar nicht "so gut läuft". Wichtig ist, dass du überhaupt praktizierst.

Wenn du morgens herzhaft gähnst, dann atmet dein ganzer Körper, ganz ohne dass du es analysierst, oder kontrollierst. Genau so natürlich wie das Brüllen eines Löwen, oder das Schlafen einer Katze, soll die Atmung sein.

Anleitung

Ich persönlich empfehle immer, zunächst einmal Unterricht bei einem Lehrer zu nehmen, der für Rückfragen und persönliche Ratschläge zur Verfügung steht.

Die Kosten sind dabei teilweise gar nicht so hoch, wie oft befürchtet wird.

So gibt es beispielsweise in den Zen-Dojo der AZI regelmäßig Einführungsstunden. Diese kosten zwischen 4,- und 6,- Euro, je nach Dojo. Dabei erlernt man die Praxis des Zazen, ohne kompliziertes Kurssystem.

Manche Dojo bieten solch eine Einführung sogar kostenlos an. Eine Mitgliedschaft ist dafür nicht notwendig.

Natürlich gibt es für fast jede Meditationfsorm auch irgendwelche Anleitungsvideos, aber hier fehlt dann nicht nur die Hilfestellung durch den Lehrer.

Wenn man regelmäßig in einer Gruppe sitzt, ist der Termin ein gutes Hilfsmittel für die eigene Disziplin und die gemeinsame Übung wirkt unterstützend. Die Atmosphäre fördert die eigene Haltung.

Wichtig ist aber, sich über den Anbieter zu informieren, welche Organisation steht dahinter? Nach dem Anbieternahmen in Verbindung mit Begriffen wie "Kritik", "Sekte", "cult" oder "fraud" zu googeln, kann da sehr hilfreich sein.

Ich hoffe, dir damit weitergeholfen zu haben. :-)

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Mit Tinnitus geht das noch schlechte ^_^