Könnt ihr mir vielleicht sagen, was für Decartes, die sichere unbezweifelbare Erkenntnis war?

2 Antworten

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Descartes versucht in der 2. Meditation (Meditationes de prima philosophia, 1641), als Grundlage etwas Unbezweifelbares aufzuweisen. Dies ist die eigene Existenz eines Denkenden. Die Erkenntnis der eigenen Existenz („ich bin“) ergibt sich als einzige einfach aus einem „ich denke“ und hält auch einem radikalen Zweifel stand, weil dieser Zweifel ja selbst eine eigene Denktätigkeit ist.

Wenn/solange ich zweifle, ist kein Zweifel möglich, daß ich zweifle und ich es bin, der zweifelt. Das Denken erfaßt unmittelbar: Denken schließt eine Existenz des in diesem Augenblick Denkenden ein und wer tatsächlich in einem Augenblick denkt, muss daher existieren. „Ich bin, ich existiere; das ist gewiß.“ (lateinisch: Ego sum, ego existo, certum est.); später auch: „Ich denke, also bin ich.“ (Ego cogito, ergo sum.)

Damit ist ein erster unbezweifelbarer Satz aufgestellt. Er ist ein beispielhafter Maßstab für richtiges Wissen. Als wahr kann gelten, was ähnlich wie dieser Satz klar und deutlich erfaßt wird.

René Descartes versteht Ideen als mentale Akte (geistige Tätigkeiten), die Gegenstände repräsentieren. Die Bildung eines wahren Urteils setzt die Bildung einer richtig repräsentierenden Idee voraus. Descartes zufolge liegt dies nur vor, wenn eine klare und distinkte (deutliche) Idee gebildet wird. Nach den Meditationes 3, 2 wird als allgemeine Regel für Evidenz aufgestellt: wahr ist alles, was ich sehr klar und deutlich erfasse (Illud omne verum est, quod valde clare & distincte percipio).

klar: dem aufmerksamen Geist gegenwärtig und offenkundig

deutlich: bei Voraussetzung der Stufe der Klarheit von allen übrigen Dingen so getrennt und unterschieden, daß sie gar keine andern als klare Merkmale in sich enthalten, die Vorstellung/Idee ist nicht nur in ihrem Gehalt richtig erfaßt, sondern auch unvermischt mit anderem allein in ihrer eigenen Tätigkeit gesehen (Principia 1, 45)

Réne Descartes hat das Wissen der Prüfung durch einen methodischen Zweifel unterworfen. Dieser hat mehrere Stufen:

1) Grundlage: Beruhen Meinungen auf einer zuverlässigen Grundlage oder stützen sie sie sich auf unzuverlässige Informationen der Sinneswahrnehmung?

2) Zustand: Befinden sich Menschen bei ihren Meinungen in einem Zustand des Wachseins oder des Träumens?

3) Autonomie: Sind die Meinungen die eines unabhängigen Subjekts oder eines Spielballs eines bösen Geistes?

Was für richtig gehalten wird, ist durch die Sinneswahrnehmung oder über sie vermittelt empfangen worden, die Sinneswahrnehmung kann aber täuschen, daher ist es nicht klug, ihr ganz zu vertrauen.

Die Existenz von etwas kann nur eingebildet sein und es fehlt ein zuverlässiges Mittel, Wach- und Traumzustand auseinanderzuhalten, solange nichts mit Gewissheit feststeht. Ein übermächtiges und verschlagenes Wesen könnte Menschen täuschen, auch durch Einwirkung auf den Verstand.

Die Erkenntnis der eigenen Existenz ergibt sich als einzige einfach aus einem „ich denke“ und hält auch einem radikalen Zweifel stand, weil dieser Zweifel ja selbst eine eigene Denktätigkeit ist.

Die Erkenntnis der eigenen Existenz ist nach dem vom Descartes vertretenen philosophischen Ansatz nicht nur eine einfache private Intuition, sondern kann aufgrund allgemein erklärbarer Gründe Geltung beanspruchen. Die Denktätigkeit beim „ich denke“ (cogito) enthält allgemeine und begriffliche Bestimmungen und deren allgemein-notwendiges Verhältnis mit. Aus dem Ichvollzug folgt das Wissen um die Existenz des Ich und umgekehrt wäre das Ich nicht existent, wenn es nicht dächte. Daher existiert das Ich nur, wenn es denkt, und es denkt nur, wenn es existiert. Für das Ich ist im Denken sein Existieren gedanklich-notwendig inbegriffen. Im Begriff eines Denkenden ist in allen möglichen Fällen der seiner Existenz miteingeschlossen bzw. vorausgesetzt. Zu jeder Zeit und in allen möglichen Welten ist der Vollzug des Denkens nicht vom Begriff der Existenz abtrennbar (Anwendung des Satzes vom zu vermeidenden Widerspruch).

Descartes verneint letztlich mit seinem methodischen Zweifel nicht jede Erkenntnismöglichkeit. Nur lehnt er es ab, von einer Erkenntnisleistung der Sinne, der Existenz von etwas und der Wiederholung von Ablaufen unreflektiert, als gegebenen Selbstverständlichkeiten auszugehen.

Albrecht  06.12.2011, 04:37

Auch körperliche Dinge (Beispiel ist ein Stück Wachs in verschiedenen Aggregatzuständen, z. B je nach Temperatur fest oder flüssig) werden nach Descartes in ihrer Substanz, nämlich als ausgedehntes Ding (res extensa), nicht sinnlich, sondern geistig erkannt (was die Erforderlichkeit von Empirie für nähere Bestimmung von Eigenschaften nicht bestreiten will). Die Sinne teilen über das Stück Wachs Unterschiedliches mit: kalt ist es hart, greifbar, hat einen Geruch, und gibt einen Ton von sich, wenn darauf geschlagen wird. Erwärmt verschwinden vorhergehender Geschmack und Geruch, das Wachs wird flüssig, verändert Form und Größe, kann kaum noch berührt werden, gibt beim Daraufschlagen nicht mehr den Ton von sich. Wirklich sehr klar ist am Wachs erkannt worden ist, etwas Ausgedehntes zu sein (dies bleibt).

Naturgesetze sind auch erst einmal nachzuweisen. Erfahrung (Experiment und Beobachtung) ist dafür eine Grundlage, aber auch das Denken des Verstandes/der Vernunft wird benötigt.

Bei René Descartes ist Denken (cogitatio) das Vollziehen einer Denkhandlung, das notwendig von einem von ihr handelnden Mitwissen/Bewußtsein (conscientia) begleitet ist. Erkenntnis ist eine Vergegenwärtigung von etwas im Bewußtsein, die klar und deutlich ist. Die Gesamtwirklichkeit hält Descartes für ein geordnetes Ganzes, dem die Ordnung der vernünftigen Gedanken entspricht. Seine Erkenntnistheorie ist daher ein Rationalismus.

Als Hilfe können Bücher zu Descartes in einer Bibliothek nützlich sein, z. B.:

Dominik Perler, René Descartes. Originalausgabe, 2., erweiterte Auflage. München : Beck, 2006( Beck'sche Reihe : Denker ; 542), S. 68 – 82 (Der methodische Zweifel) und S. 139 – 148 (Das Cogito-Argument)

Geneviéve Rodis-Lewis, René Descartes. In: Frankreich und Niederlande (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts – Band 2/1). Herausgeben von Jean-Pierre Schobinger. Basel : Schwabe, 1993, S. 289 und S. 305 - 315

Rainer Schäfer, Zweifel und Sein : der Ursprung des modernen Selbstbewusstseins in Descartes' cogito. Würzburg : Königshausen & Neumann, 2006, S. 161 – 166 (Das Erlebnis des Ichgedankens: Selbstbewusstsein als reiner Gedanke und als zeitliches Erlebnis)

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cumali1 
Fragesteller
 06.12.2011, 21:29

Dankeeee..hst mur ech vieeeel geholfen :)

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Wenn man das Verlangen Descartes nach "absoluter Gewissheit", nach sicherer, unbezweifelbarer Erkenntnis verstehen will, muss man sich die Zeit anschauen, in der er gelebt hat. Die Kirche dominiert alles und mit ihr nach wie vor die christliche Philosophie der Scholastik, die immer wieder nach absoluter Gewissheit strebt, nach absoluter Wahrheit, gefangen in den abstrakten Begriffen des Neuplatonismus, der dann durch einen "verstümmelten" Aristoteles (vom griechischen übers arabische ins lateinische) modifiziert wurde.

Descartes dagegen, das zeigen seine Ausführungen zu wissenschaftlicher Forschung, hatte als Praktiker einen starken Hang zum Empirismus, ohne Epikur oder Demokrit zu kennen, die zu seiner Zeit überhaupt nicht bekannt waren. Sein Satz "Ich denke, also bin ich." versucht, aus SelbstERFAHRUNG (Empirie) die Brücke zur Sehnsucht nach Gewissheit zu schlagen. In der für ihn unbezweifelbaren Selbsterfahrung des Denkens findet er dann einen sicheren Grund, von dem aus er seine Philosophie entwickeln kann, die davon bestimmt ist, sich aus der religiös dominierten Philosophie der Scholastik zu lösen. Ähnliches kann ma z.B. auch bei Keppler beobachten, einem Zeitgenossen, der einerseits noch im Aristotelismus der Scholastik verhaftet war, andererseits die Tür der modernen Naturforschung aufgestoßen hat. Man darf nie außer Acht lassen, dass das Ohr und Auge der Inquisition überall war und es eine freie Forschung und Meinungsäußerung nicht gab.

cumali1 
Fragesteller
 05.12.2011, 06:46

Dankee

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