Wie kommt es, dass so gut wie alle renommierten Kamerahersteller aus Japan kommen?

5 Antworten

Das hatte mit gravierenden Management-Fehlern bei den deutschen Kameraherstellern zu tun. Man saß damals auf einem unheimlich hohen Ross und ignorierte dabei die Anstrengungen der Japaner. Ich liefere mal einen Link, wo am Beispiel von Zeiss und insbesondere der Icarex gezeigt wird, wie der Untergang aussah.

http://www.klassik-cameras.de/Icarex.html

Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung, das ist schon ein ziemlich umfangreiches Thema.

Bis in die 1960er Jahre war der Markt tatsächlich bedeutend vielfältiger, wobei deutsche Hersteller eine sehr große Rolle spielten. Bis japanische Kameras den Markt eroberten, allen voran die Pentax Spotmatic. Sie war zunächst günstiger, was aber ganz sicher nicht billig bedeutet. Sie war eine wirklich gute Kamera, nur eben nicht so kompliziert konstruiert wie eine Contaflex von Zeiss Ikon und es gab nicht so viel Handarbeit wie bei einer Pentacon aus der DDR. Dadurch ließ sie sich auch in Stückzahlen produzieren, von denen andere Hersteller nur träumen konnten. Diese Stückzahlen ließen sich auch verkaufen, denn die Kamera war einerseits moderner, setzte andererseits auf den M42 Objektivanschluss, durch den auch Objektive anderer Anbieter verwendet werden konnten. Nur zum Vergleich: Zeiss (West) hatte in den 60ern zeitweise fünf unterschiedliche und nicht kompatible Objektivanschlüsse im Sortiment.

Aber Carl Zeiss (West) war eh ein Sonderfall wegen einer katastrophalen Modellpolitik, über die man noch viel schreiben könnte. Leider wurde auch dem Hersteller Voigtländer diese Modellpolitik diktiert, da auch Voigtländer zum Zeiss Konzern gehörte. Anfang der 70er wurde bei beiden Unternehmen die Kameraproduktion eingestellt. Zeiss suchte sich einen japanischen Kooperationspartner und endlich kamen wieder richtig gute Kameras unter der Marke Contax heraus. Nur eben von Yashica. Anderen Herstellern ging es nicht anders. Rollei lagerte wegen steigender Lohnkosten die Produktion schon 1970 nach Singapur aus, handelte aber eher glücklos. Auch Agfa bekam schon in den 70ern Probleme, in Deutschland Gewinne zu erwirtschaften. Bei beiden Unternehmen ist aber auch zu bemerken, dass die Modellpolitik nicht so wirklich verständlich ist.

Damit war die westdeutsche Kameraindustrie bis auf wenige Ausnahmen in den 70ern schon mal erledigt. In Ostdeutschland lief des bedeutend besser. Die ganzen kleinen Manufakturen wurden schrittweise zusammengelegt, die Modellpalette wurde bereinigt und mit der Praktica L-Reihe eine Kamera auf den Markt gebracht, die sich kostengünstig industriell fertigen ließ. Nur die Wende hat Pentacon nicht überlebt. Danach gab es eben nicht mehr viele namhafte Kamerahersteller außerhalb Japans. Hersteller wie Leica und Hasselblad haben ihre Nische gefunden, Kodak hat trotz guter Anfänge die Digitalisierung verpennt. Und die Japaner haben gewonnen.

Das Rezept dazu war relativ einfach: industrielle Massenproduktion, klares Produktportfolio, konsequente Weiterentwicklung und vor allem eine Orientierung am Bedarf. Ungemein hilfreich war natürlich, dass gerade westdeutsche Hersteller wie zum Beispiel Zeiss, aber teilweise auch Rollei und Agfa Kundenwünsche ignorierten. Sowas rächt sich eben irgendwann.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Fotografiere seit 2015 (wieder) überwiegend analog

In den 80er und 90er Jahren hat Japan sehr auf innovative Ansätze in Technologie gesetzt und viel Geld investiert. Gefördert wurden damals auch die gefragten Felder Film und Fotografie, so würde ich mir das erklären. Da wurden Unternehmen anders als im Westen massiv und gezielt staatlicherseits aufgebaut und gefördert… :)

zudem waren die Produkte meist günstiger als amerikanische/europäische Konkurrenz. Vergleichbar mit heute und chinesischen Autos

Zu Filmzeiten war das noch anders, da gabs auch viele deutsche Marken wie Porst, Agfa, Braun, Zeiss, Pentacon, Rollei etc.

Nach dem 2. Weltkrieg haben japanische Kameras allerdings weltweit schnell an Führung zugelegt und Mitte der 60er und 80er den Markt dominiert, während deutsche und amerikanische Marken immer größere Absatzeinbußen hatten.

Die ersten Digitalkameras wurden zwar von der amerikanischen Firma Eastman Kodak entwickelt und auch erste Consumergeräte bereits in den 90ern veröffentlicht, jedoch investierten japanische Firmen viel stärker in die Forschung und Weiterentwicklung von Digitalkameras. Dadurch, dass Kodak aufgrund der deren vorherrschender Marktposition mit Canon und Nikon zusammenarbeitete, haben die Japaner sich dann auch schnell die Technologie zu eigen gemacht.

Während Kodak selbst damit haderte, sich der Digital-Ära anzupassen und weiter auf ihr Filmbusiness setzte, dominierten Canon, Nikon und Sony den Markt und setzen Spiegelreflexkameras in den frühen 2000er Jahren ab. Meilenstein: Canon EOS 5D (2005), welche damals viele Fotografen gegenüber einer Filmkamera bevorzugten.

Schlüsselgründe für Japans Vorherrschaft

  • Frühe Investitionen in F&E: Japanische Unternehmen investierten in die digitale Bildverarbeitung, lange bevor sie zum Mainstream wurde.
  • Anpassungsfähigkeit des Marktes: Im Gegensatz zu einigen westlichen Konkurrenten haben die japanischen Hersteller schnell von Film auf Digitaltechnik umgestellt.
  • Technologische Kompetenz: Japanische Unternehmen sind führend in der Präzisionsoptik und -elektronik, die für hochwertige Kameras entscheidend sind.
  • Vertikale Integration: Viele japanische Kamerahersteller produzieren wichtige Komponenten im eigenen Haus, um Qualität und Innovation zu gewährleisten.
  • Führende Position in der globalen Lieferkette: Japan hat sich als Drehscheibe für fortschrittliche Elektronikfertigung etabliert.
Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Arbeite mit verschiedenen Canon Kameras seit 2008

Linhof, Rollei, Zeiss/Contax, Agfa... auch aus Deutschland kommen bekannte Namen!

Aber genau wie bei Leica sind das vor allem hochwertige Qualitätsware.

In Deutschland sind Produktions- und Lohnkosten schon lange sehr hoch, deshalb haben da in den 70er Jahren und dann auch weiter in den 80er und 90er Jahren die Japaner, die damals etwas das waren was die Chinesen heute sind, eben viele Dinge viel gündtiger für den Massenmarkt produzieren können und haben sich so entsprechend am Markt etablieren können