Ich diskutierte mit Fachkollegen über ein Problem der Evolution. Am Schluss sagten sie: „Wir können gegen Ihre Argumente nichts sagen, sie sind nicht zu widerlegen. Aber wir glauben lieber das Andere.“ Das Andere war die Evolutionshypothese. Um welches Problem ging es? Ich führte damals aus, dass die Biochemie einer Leberzelle mit einem riesigen Uhrwerk verglichen werden kann; die verschiedenen Zyklen greifen nämlich ineinander. Und was auf die Leberzelle zutrifft, gilt auch für ganze Organismen und Organe: der Stoffwechsel ist ein kompliziertes, rückgekoppeltes „Räderwerk“.
Bleibt man bei diesem Vergleich, dann kann man sich vorstellen, was geschieht, wenn ein „Rad“ (durch willkürliche Mutation) verändert wird. Die Uhr könnte stehen bleiben! Um das zu vermeiden, müssten alle Räder im gleichen Sinne verändert werden. Das heißt, eine Mutation müsste eine Fülle von anderen Mutationen zur Folge haben, die alle in dem Sinne gerichtet und zur gleichen Zeit stattfinden müssen, damit das Uhrwerk des Lebens nicht still steht.
Und hier liegt das Problem: Mutationen werden immer noch als Zufälle angesehen. Zufälle haben in der Summe keine Richtung. Was der eine Zufall verändert, kann der nächste zunichte machen. Eine „Richtung“ auf ein Endergebnis ist da nicht zu erkennen. Deshalb ist auch nicht zu erwarten, dass eine zufällige Mutation am Anfang eine Fülle von Mutationen zur Folge haben sollte, die alle in die gleiche Richtung zielen.
Nun ist dieses Problem wieder aufgetaucht. Aus Berkeley kam von Jed Macosko ein Beitrag zur Irreduzibilitätshypothese (Michael J. Behe) (Irreduzibilität: Bedeutet Unzerlegbarkeit). Die Strukturaufklärung der RNA-Polymerase (Ein Enzym, das RNA synthetisiert, ist ein komplexes Eiweißmolekül, das aus vielen Aminosäuren besteht.) von E. coli (ein Darmbakterium) brachte die Erkenntnis, dass nicht eine Aminosäure im aktiven Zentrum ausgetauscht werden kann, ohne dass das Molekül seine Funktionalität einbüßt. Das ganze „Design“ des Moleküls ist zweckgerichtet und nicht zu „verbessern“; jede Veränderung kann für das Leben von E. coli fatal sein.
Macosko schlussfolgerte, dass die RNA-Polymerase ein irreduzibles System darstellt. Michael J. Behe erklärt diese Irreduzibilität so: Irreduzible Komplexität besteht aus zwei Komponenten.
1.) In einem irreduzibel komplexen System muss jeder Bestandteil innerhalb der Ordnung des Systems arbeiten. Nehme ich auch nur ein einziges Baustück heraus, kollabiert das komplette System.
2.) Für sich allein machen die Funktionen seiner Bestandteile keinerlei Sinn.
Auf Behe geht das Beispiel der Mausefalle zurück. Wir haben ihre Komponenten klar und deutlich vor uns: Spannfeder, Tritt, Auslöser etc. Entfernen wir auch nur eine einzige Komponente, funktioniert die komplette Falle nicht mehr.
Behes Schluss: Nur intelligentes Design kann für ein solches Zusammenspiel verantwortlich sein.
Diese Hypothese würde also einen intelligenten Schöpfer voraussetzen, wenn man sie auf die Entstehung des Lebens anwendet!
Aber ich möchte hier nicht zu ausführlich werden. Was mich aber überraschte, war die Reaktion eines Fachmanns: `Da die Fachwelt diese Hypothese nicht akzeptiere, könne sie nicht stimmen`. Ist das nicht überraschend? Und wird man hier nicht an die Kritiker Galileis erinnert, die den Blick durch das Fernrohr auf die Jupitermonde mit dem Hinweis ablehnten, es könne sowie so nicht stimmen, weil es so etwas einfach nicht gäbe?
Wer bisher glaubte, dass es in der Welt der Wissenschaft keine Dogmen gebe, sollte sich nun eines Besseren besinnen. Man lehnt ab, was nicht wahr sein darf, aber eine zufrieden stellende Erklärung der Irreduzibilität war von den Kritikern nicht zu hören.
Und nun noch ein Gedanke zu den Mutationen: Sie werden immer noch als Motor der Evolution angesehen. Und M.L. hat schon Grundsätzliches dazu geschrieben. Lebewesen können mutieren; ihr genetischer Apparat ist willkürlich veränderbar, verwundbar.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass hier zwei Dinge vertauscht werden:
1.) Die von außen bewirkte Veränderung des Gens, und 2.) die dem Apparat innewohnende Fähigkeit, Veränderungen zuzulassen und sinnvoll einzusetzen. Das Erste sind genetische Unfälle, die für das Leben schädlich sind; das zweite sind Variationen, die von vornherein zulässig sind und eine gewisse Elastizität (Anpassungsfähigkeit) des Lebens an veränderte Bedingungen darstellen.
Diese genetisch festgelegte Anpassungsfähigkeit über Mutationen ist auch genetisch begrenzt; wird die Grenze überschritten, stirbt in der Regel der Organismus. Es gibt aus der Immunologie ein gutes Beispiel für diesen Fall:
Die Gene der V-Region (das ist der variable Teil des Immunglobulins) der Immunglobuline werden durch somatische Mutationen so verändert, dass eine möglichst genaue Passung möglich ist. (V-Region: Das ist die Region, mit der ein Antikörper an das zu ihm passende Antigen bindet; je besser diese Bindungsregion auf das Antigen passt, um so stärker ist die Bindung des Antikörpers an das Antigen und um so effektiver ist die Abwehr des Antigens.)
Der Zweck dieser Mutationen ist also die optimale Anpassung eines Antikörpers an sein Antigen. Die Mutationsrate liegt für Plasmazellen (das sind die Zellen, welche Antikörper produzieren) bei 2 bis 4 %!
So spielt also das Immunsystem viele Varianten durch, um am Ende zum optimalen Antikörper zu kommen. Die Mutationsrate ist bemerkenswert hoch, wenn man sie mit der anderer nichtimmunologischer Gene der Lymphozyten vergleicht. Hier liegt sie bei weniger als 0,0001 %!
Dies ist ein Beispiel für Mutationen, die einem lebenserhaltenden Zweck dienen; sie sind genetisch festgelegt und haben eine Grenze, die nicht ohne üble Folgen überschritten wird. Das gilt vermutlich für jedes Lebewesen.
Ich muss noch etwas los werden. Der Nobelpreisträger Manfred Eigen hat die Entstehung komplexer Biomoleküle zu erklären versucht. Er geht davon aus, dass Materie in der Evolution eine Art Selbstorganisation besitzt, um auf die Stufe des Lebens zu gelangen. Damit wurde aber auch ein neues (altes?) Problem aufgeworfen:
Woher „wissen“ die Moleküle, in welche Richtung sie sich organisieren, entwickeln müssen? Bislang galt Materie als „dumm“; Absichten, Wünsche, Pläne und Überlegungen schrieb man ihr nicht zu. Dieses Problem führte dann zu neuen Hilfshypothesen: Der Materiebegriff müsste dahingehend erweitert werden, dass man der Materie von vornherein die Eigenschaft zuschreibt, sich zu Leben zu organisieren. Und man muss ein „Evolutionsfeld“, also eine von außen kommende Steuerung annehmen, wenn man die Entstehung des Lebens mit Hilfe evolutiver Mechanismen erklären möchte.
Nun ist von außen kommende Steuerung der Entwicklung ein gefährlicher Gedanke, was vielleicht Friedrich Cramer schon ahnt. Dieser Kollege von M. Eigen glaubt übrigens selbst an einen Schöpfer. Vielleicht kommt von dieser Seite die Versöhnung der „Evolutionisten“ mit den „Kreationisten“.
Die Evolutionstheorie ist immer noch eine ungeklärte Streitfrage der modernen Naturwissenschaft! Und denken Sie nur nicht, dass mit diesen beiden Einwänden von meiner Seite schon alle Ungereimtheiten, die der Theorie widersprechen, aufgezählt sind! Aber darüber macht man sich kaum Gedanken. Es scheint, dass der Glaube an diese Theorie ein einfacher und bequemer Ersatz für etwas anderes ist. Und um es noch einmal deutlich zu machen: Es geht in der ganzen Diskussion nicht um das Wie und den Weg, den das Leben genommen hat. Es geht um die erste Ursache, um den Beginn der Schöpfung. Und da geht man ganz bewusst einen Schritt zu weit, wenn geschlussfolgert wird, dass es keinen Schöpfer geben kann, weil die Evolution alles erkläre. Über einen Schöpfer kann die Wissenschaft schlichtweg nichts sagen.“