Ich bin selbst jemand, der super gerne in die Oper geht. Ich bin 20 Jahre alt, das ist relativ untypisch. Auch wenn man vergleicht, wie das Durchschnittsalter der sonstigen Operngänger ist. Ich denke, da spielen viele Faktoren mit rein, warum viele den Gang in die Oper scheuen....
- keine Berührungspunkte aufgrund von schlechtem Image und fehlender Förderung seitens der Schule. Bei uns war in der 9. Klasse ein Operngang Pflicht. Oft ist es für Klassen sogar ziemlich günstig. Ich hatte das Glück, dass an meiner Schule ein Lehrer ein so großer Opefnfantiker war, dass er eine AG gründete (die lustigerweise noch immer die größte der Schule ist ), mit der er regelmäßig geht ( und sogar Ehemalige wie mich noch immer mitnimmt )7 € kostet so eine Karte, immer, an unserer Oper. Das ist unverschämt günstig, ermöglicht allerdings so jedem, auch wenn es nicht so liquide ist, den Gang in die Oper. Bei durchschnittlich 30 Schülern, die mitgehen, zeigt sich dann, das Vorurteile abgebaut werden. Wie gesagt, es ist die größte AG meiner damaligen Schule. Und sei es auch nur dafür, dass man kostenlos nach Frankfurt dadurch kommt, durch integriertes Bahnticket. Dafür braucht es allerdings auch viel Orga und Leidenschaft. Das die nicht jeder Lehrer hat, ist sogar fast nachzuvollziehen.
- schlechtes Image, dass weitergegeben wird. Ich kann mich an früher erinnern. Da konnte ich einfach nicht nachvollziehen, warum man sich für ein paar Stunden "getreller" anhören sollte, den man doch eh nicht versteht. Die Oper wurde als etwas dargestellt, über das man sich lustig machen kann. Bsp kennt, diese Behauptung würde ich mal gewagt aufstellen, jeder die Arie der Königin der Nacht aus der Zauberflöte und hat, zumindest die wirklich berühmte Passage, im Kopf. Da kommen in erster Linie allerdings nicht die original Töne in den Kopf, sondern immer nur dieses schief gekrächzte. Das ist etwas, über das man sich lustig machen kann. Wie denn auch nicht ? Wenn man es nicht einmal selbst erlebt hat ( und es haut einen wirklich aus den Socken. Jedes Mal von Neuem )
Opern selber tun dagegen leider auch wenig. Es ist ein kleiner Kreis, der natürlich nicht seine Stücke kostenlos aufnimmt und so der Welt zeigt à la " wir können auch anders "
- Aufmerksamkeitsspanne. Man muss präsent in dem Moment sein. Für ca drei - vier Stunden inkl. Pause. Das das viel ist, ist in Zeiten von Handy neben Serie keine Selbstverständlichkeit mehr. Ich sehe es oft als kleine Detoxpause, in der ich mal im Moment sein kann. Aber es kostet, in Zeiten, in denen wir immer mehr an Aufmerksamkeitsspanne verlieren, eine echte kleine Überwindung.
- Vorurteil. Man versteht doch eh nichts. Das stimmt. Opern sind nicht immer ganz einfach zu verstehen. Vor allem, da nicht alle auf Deutsch sind, sondern viele auch auf italienisch, russisch, englisch geschrieben sind. Da kommt natürlich die Frage auf - was soll ich denn dort, wenn ich nicht einmal verstehe, was die dort singen. Mittlerweile schaue ich ehrlicherweise nicht mehr, auf welcher Sprache das Stück ist, denn : es existieren Übertitel. ( jedenfalls ist das bei meinem Opernhaus so ) Keiner geht davon aus, dass du verstehst, was die singen. Dazu ist der Gesang glaube ich auch nicht ausgelegt. Operngesang ist eine ganz eigene Art der Kunst, die man als solche verstehen muss. Ich verstehe, dass man von Übertiteln abgeschreckt sein kann. Allerdings gibt es so viele Wiederholungen im Text, dass es keine Schwierigkeit ist, beides, Bühne und Text zu, verstehen. Dafür muss man dem ganzen auch eine Chance geben. Grundsätzlich gilt allerdings eh, durchlesen, um was es in dem Stück geht. Diese Stücke sind meist sehr alt und haben viele Deutungsebenen. Es ist dem Theater nicht ganz unähnlich. Oft ist Wikipedia ein guter Freund. Anders als im Kino willst du dich Spoilern lassen, damit du verstehst, was da auf der Bühne passiert. Denn jeder Regisseur hat eigene Gedanken zum Stück und inszeniert sie anders.
- das falsche Anfängerstück, wenn man sich zum Gang in die Oper motiviert hat. Wagner hat starke Stücke, die Weltberühmt sind. Genauso weltberühmt ist allerdings auch die Länge seiner Stücke 5 - 6 Stunden mindestens (die sich allerdings deutlich kürzer anfühlen). Lieber mit etwas einfacherem Anfangen. Ich bin ein großer Fan von der Zauberflöte als Anfängerstück. Es ist nicht all zu lang. Meist drei Stunden mit einer halben Stunde Pause. Das kennt man, es ist auf Deutsch und es ist eines der eher gesanglich verständlichen Opern. Elektra von Strauss finde ich auch gut. Allerdings sind die Themen ein bisschen abgedrehter. Hier ist es wichtig, dass man eingelesen ist. Auf italienisch kann ich auch die Opern von Puccini sehr ans Herz legen. Oft eher einfachere Themen, trotzdem gut.
- Oper ist nicht gleich Oper. Vergleiche bspw. Operetten, die noch ein ticken verständlicher sind und somit ein wirklich guter Einstieg sind. vgl die lustige Witwe. Auch die verschiedenen Ansätze die Oper aufzuziehen ist unterschiedlich und jeder Regisseur hat sein eigenes Markenzeichen. Da findet man sich bei Manon Lescaut plötzlich in einem Bordell wieder oder bei Elekra in einer psychiatrischen Anstalt/ im Kopf einer schwer traumatisierten Person wieder. Viele Stücke werden modern aufgearbeitet und dargestellt. Das ist wirklich spannend, wie sehr sich dann auch, trotz des gleichen Textes, die Interpretationen des Stückes unterscheiden. Auch hier gilt wieder - durchlesen, informieren vor dem Ansehen !
- Das elitäre Image. Wer keine Berührungspunkte mit der Oper hat, hat ebenfalls das klassische Bild der reichen alten Dame in Abendrobe und Sektglas im Kopf. Das Bild ist, meiner Erfahrung nach, überholt. Ja, es gibt sie, aber sie fallen auf. Klar, man sollte nicht unbedingt in Jogginghose aufkreuzen. Aber ehrlicherweise macht es sogar Spaß, sich für einen Abend ein wenig schick zu machen ;). Dabei reicht eine Bluse und eine hübsche Jeans/ Hose/ Rock allerdings auch.
Man muss allerdings sagen, dass das Vorteil nicht ganz weit hergeholt ist. Oper ist teuer. Das liegt natürlich auch an dem Aufwand, der dahinter steckt. Immerhin, gute Sänger, Bühnenbild, Orchester ... das kostet leider. Das fängt bei 30 - 40 € für die schlechten Plätze an und geht in den ersten 5 Reihen auf alle Fälle über 100 €. Das ist allerdings Opernabhängig, Stückabhängig, etc. Meistens spart man auf ein solches Event und macht es zu etwas besonderen. Oder man bekommt Subventionen. Als Student zahle ich 50 % weniger. Das ist ein deutlicher Unterschied, der es mir möglich macht, so oft dort rein zu gehen. Allerdings wird nicht nur für Studenten oft subventioniert, sondern auch für Auszubildenen, Rentner etc. Da muss man sich einfach mal informieren. Aber ja, elitär für einen solchen Preis bleibt es einfach. Und für einen Versuch ist es leider oft zu teuer :(
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Ich hoffe, ich konnte ein wenig Licht in die Welt der Oper bringen und auch deine Frage beantworten. Kurzum, viele Vorurteile, keine Berührungspunkte, kurze Aufmerksamkeitsspanne, elitär und teuer.
Aber ein Versuch ist es immer Wert.
Im Übrigen, zwei kleine Tipps.
1. Ich beziehe mich auf die Oper Frankfurt und die städtischen Bühnen Frankfurt i.B. Bockenheimer Depot (das sogar günstiger aber auch experimenteller ist ). Einfach, weil ich aus der Gegend komme. Keine 100 % Garantie, dass es an anderen Standorten anders ist. Mit Sicherheit erfüllt die ein oder andere Oper auch die Klischees.
2) niemals nie Geld für Getränke zahlen, es sei denn ihr seit bereit mit einer Niere zu bezahlen. Oft zahlt man für die Getränke und Häppchen ein kleines Vermögen. Lieber vorher oder danach trinken 🙈