Liebe Community,
ich (26) wende mich mit einer persönlichen Frage an Euch. Es wäre leicht, hier ein schnelles Urteil zu fällen – aber genau darum geht es mir nicht. Vielmehr wünsche ich mir neue Perspektiven, damit ich meine Situation besser einordnen und eine reflektierte Entscheidung treffen kann.
Zu meiner Freundin
Sie ist 25, hat einen ängstlich-vermeidenden-Bindungstiel, einen leichten Vaterkomplex und leichten versteckten Narzismus, will aber an allem arbeiten. Sie ist aber auch sehr leibeswürdig und war mir immer bisher treu.
Zur Situation
Meine Freundin und ich sind seit drei Jahren ein Paar. Unsere Beziehung war nie einfach: Sie war immer wieder von Unsicherheiten, Misstrauen und unausgesprochenen Spannungen geprägt. Dennoch gab es auch viele schöne, aufbauende Momente.
Mit der Zeit kam es allerdings zu einem problematischen Muster: Es entstanden Affären-Fantasien auf ihrer Seite und sogar Strategien, diese real umzusetzen. Ich erfuhr davon nur durch Kontrolle ihres alten Handys, ein Schritt, den ich eigentlich selbst kritisch sehe, aber aus innerem Misstrauen gegangen bin. Das führte letztlich zu einer Beziehungspause.
In unserer Beziehung war mir immer wichtig, dass wir gemeinsame Werte leben besonders Offenheit, Ehrlichkeit und der Mut, auch heikle Wahrheiten zu teilen. Doch sie konnte das nie vollständig umsetzen, weil sie mit großer Scham zu kämpfen hatte und Angst vor Ablehnung verspürte.
Vor Kurzem haben wir uns ausgesprochen und beschlossen, einen Neuanfang zu wagen. Doch kurz darauf überraschte sie mich mit einer Nachricht: Während unserer zweiwöchigen Beziehungspause hatte sie gemeinsam mit einer neuen Freundin einen fünftägigen Partyurlaub nach Ibiza geplant.
Meine Gedanken
Diese Tatsache hat mich verunsichert. Ich habe ihr bereits gesagt, dass mich das stört, nicht weil ich ihr grundsätzlich misstraue, sondern weil ich es schade finde, dass sie in der kurzen Pause eher Energie in eine Partyreise gesteckt hat als in eine mögliche Reflexion oder Annäherung an unsere Beziehung.
Klar, ich verstehe: eine Pause bedeutet auch, dass man Freiraum hat. Aber wenn man dann kurz darauf einen ernsthaften Neuanfang startet, sollte nicht gerade Vertrauen, Sicherheit und Verlässlichkeit im Mittelpunkt stehen, anstelle das diese wieder auf die Probe gestellt werden?
Zwei junge Frauen auf Ibiza – eine offiziell Single, die andere frisch mit mir „wieder zusammen“ – das ist nicht unbedingt eine vertrauensfördernde Konstellation. Ich unterstelle ihr nichts Konkretes. Aber ganz ehrlich: Die Vorstellung fällt mir schwer.
Ich glaube tatsächlich, dass sie es ernst meint mit unserer Beziehung. Ich spüre, dass sie sich bemühen will und dass ihr viel an einem Neuanfang liegt. Aber ich kenne sie auch in anderen Situationen – besonders dann, wenn Alkohol im Spiel ist.
In der Vergangenheit kam es vor, dass sie ab einem gewissen Pegel keine Kontrolle mehr über sich selbst hatte. Sie wurde dann sehr impulsiv, und konnte sich am nächsten Tag kaum noch oder gar nicht mehr daran erinnern. Das hat bei mir eine tiefe Unsicherheit hinterlassen. Ich wusste nie, ob das, was geschehen ist, einfach eine Ausnahme war – oder ob es jederzeit wieder geschehen könnte, wenn die äußeren Umstände ähnlich sind.
Gerade bei einem Partyurlaub auf Ibiza mit viel Alkohol, wenig Struktur und jeder Menge Gelegenheiten befürchte ich, dass sie in eine Situation geraten könnte, in der sie sich selbst nicht mehr schützen kann. Nicht, weil sie es absichtlich täte, sondern weil sie, wie ich es kenne, sich selbst in solchen Momenten verliert.
Dazu kommt: Ihre neue Freundin ist Single. Was ist, wenn sie dort jemanden kennenlernt – einen Typen, der vielleicht mit einem Kumpel unterwegs ist und plötzlich steht meine Freundin in einer Situation, die von Gruppendynamik, Alkohol und Flirt geprägt ist?
Sie ist kein Mensch, der gut „Nein“ sagen kann. Sie hat oft Schwierigkeiten, klare Grenzen zu setzen, für ihre Werte einzustehen oder sich konsequent aus etwas herauszuziehen. Verantwortung zu übernehmen fällt ihr schwer, und sie gibt oft lieber nach, um Konflikte zu vermeiden oder Ablehnung zu umgehen.
Und das macht mir Angst. Denn Vertrauen bedeutet eben auch, dass man sich auf den anderen verlassen kann, nicht nur im nüchternen Alltag, sondern auch in emotional aufgeladenen oder verführerischen Situationen.
Was denkt ihr?
Kann ich in dieser frühen Phase unseres Neuanfangs wirklich darauf bauen, dass sie in Ibiza für unsere Beziehung „einsteht“, wenn es ernst wird?
Oder ist es vielleicht noch zu früh, um sie wieder in solche Situationen gehen zu lassen, in denen sie sich selbst früher nicht schützen konnte?
Bin ich zu kontrollierend, wenn ich das anspreche, oder ist es gerechtfertigt, hier meine Sorge als Teil unserer Beziehungsarbeit zu formulieren?