Wieso wird in der Schweiz der Buchstabe ( ß ) nicht gebraucht?

4 Antworten

In der Tat wird in der Schweiz der Gebrauch des "ß“ seit hundert Jahren nicht mehr gelehrt. Und tatsächlich gilt die Verwendung desselben seit einigen Jahrzehnten als Rechtschreibfehler, auch wenn die Verlage international verkaufter Bücher den Buchstaben natürlich weiterhin verwenden.

Sehr wahrscheinlich hat das etwas mit der Viersprachigkeit unseres Landes zu tun. Auf der Tastatur der Schreibmaschinen (und heute der Computer) haben wir die Buchstaben é, è, à und ç, die wir zum Schreiben Französischer und teilweise auch Italienischer Worte und Ortschaftsnamen benötigen. Da blieb kein Platz mehr für das "ß". Es waren also praktische Gründe, die zum Verzicht geführt haben.

Aber die Verwendung des "ß“ ist auch sehr komplex und hätte das Erlernen der an und für sich schon komplizierten Deutschen Sprache für unsere Miteidgenossen (und uns) unnötig erschwert. Selbst in Deutschland wird der Buchstabe ab und zu falsch eingesetzt. Deshalb schien es wohl damals einfacher, ihn ganz zu streichen, existiert er doch nur im Deutschen.

Immer mal wieder wird eingeworfen, dass es zu Missverständnissen kommen könnte und es wird immer das Beispiel "er trank Bier in Massen" und "er trank Bier in Maßen" angeführt. Oder "Busse" und "Buße". Aber ich kann beruhigen: Wir sind durchaus in der Lage, die Bedeutung des Wortes aus dem Zusammenhang zu lesen - oder den Satz einfach umzuformulieren...

Allerdings kann man beobachten, dass die Menschen in der Schweiz das Esszett wieder vermehrt brauchen bei SMS oder WhatsApp - das hat aber damit zu tun, dass es einen Tastendruck weniger braucht. Der Buchstabe wird immer dann eingesetzt, wenn es "SS" heissen sollte, egal, was die uns unbekannten Regeln dazu sagen. Also somit auch wieder nicht korrekt.


ulrich1919  14.10.2016, 21:47

Kleine Korrektur: Hundert Jahre ist übertrieben. Bis ca.1940 erschienen einige Zeitungen noch in Fraktur und auch die inländischen schweizer Zeitschriften, welche bereits lateinische Buchstaben verwendeten, haben noch ß geschrieben. Ab ca. 1950 war es dann vorbei, genau aus den vorher erwähnten Gründen.

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Der sonderweg der Schweiz hängt vermutlich damit zusammen, dass hier die fraktur früher auf dem rückzug war. (Anderseits überlebte sie länger.)

In der fraktur unterschied man ja 3 s, was man zeitweise auch in der antiqua (unserer heutigen schrift) machte. Das lang-s (ſ, z. b. in «ausſchließen») fiel nach und nach ganz weg, obwohl es auch in anderen sprachen verwendet wurde. Dass das ß überlebte, aber eben nicht überall, ist in gewisser weise ein zufall.

Entscheidend war, wie plato schreibt, die schreibmaschine, die für die ganze Schweiz einheitlich war. Für die zeichen der romanischen sprachen (z. b. é) wurden ß und die grossen umlaute «geopfert». Die kompjutertastatur sieht gleich aus wie die schreibmaschine, aber der zeichensatz ist jetzt natürlich nicht mehr eingeschränkt. Man könnte also «deutschländisch» schreiben, aber weil ß in der schule nicht gelehrt wird (seit den 30er jahren) tippt es niemand (und Ä, Ö, Ü auch nicht). Trotzdem taucht das ß immer mehr auf, weil vor allem in der mobilen kommunikation oft vorgeschlagene wörter ausgewählt werden können. Zwar wird gewöhnlich auch die schweizerische schreibung vorgeschlagen, aber manchmal auch beide. Man darf gespannt sein, wie sich das langfristig auswirkt.

(Geschrieben gemäss http://www.kleinschreibung.ch.)

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – korrektor, Bund für vereinfachte rechtschreibung

Weil die Schweizer pragmatisch sind und eine direkte Demokratie haben. 


ulrich1919  14.10.2016, 21:42

Unsinn. Über diese Entscheidung ist nie abgestimmt worden.

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