Wie ist Kants kategorischer Imperativ aus seiner Moralphilosophie mit seinem Wiedervergeltungsrecht aus seiner Rechtslehre zu vereinen?
Wir haben zuvor im Unterricht Kants Theorien zu Strafrecht behandelt und im Groben behauptet er, dass man die Gerechtigkeit nur mit dem Prinzip der Gleichheit befriedigen könnte. Kant war also der Meinung, dass die angemessene Strafe für einen Dieb wäre, ihm auch das Eigentum zu entziehen. Auch sollte man einen Mörder töten dürfen (Das Rechtssystem dürfte töten). Also war er auch ein Befürworter der Todesstrafe. Nun habe ich meine Lehrerin gefragt wie diese Lehre und Thesen mit dem kategorischen Imperativ vereinbar wäre. Leider meinte Sie nur, dass es zwei verschiedene Lehren sind. Ich finde jedoch, dass ein Philosoph unter seinen eigenen Thesen keine widersprüchlichen Aussagen treffen soll. Diese Frage quält mich schon eine lange Zeit. Wie kann ich wollen, dass das Töten eines Mörders zum allgemeinen Gesetz wird? Außerdem wo bleibt denn hier der Begriff der Würde den Kant aufstellt. Ich bin sehr verwirrt und würde mich über Antworten freuen!
2 Antworten
Da gibt es - nach Kant - keinen Widerspruch. Für Kant sind Diebe und Mörder für ihre Taten voll verantwortlich und nicht wie heute, nach allen Regeln der psychologischen Spekulation für alles entschuldigt, sodass inzwischen die Täter mehr bedauert werden wie die Opfer, an die und deren Leid scheinbar niemand mehr interessiert ist. Das gilt auch für den kategorischen Imperativ, der immer mehr in Richtung Bindungslosigkeit zerredet wird. Kant hat seinen kategorischen Imperativ anders interpretiert als viele Zerreder heute, die die gesellschaftliche Bindung immer mehr zugunsten egoistischer Eigenwertung verschieben. So muss man feststellen, dass unsere heutige Beliebigkeitsideologie auch den guten Kant zernagt.
Eine philosophische Abhandlung über Fundamentalwerte wie Gerechtigkeit und Moral darf jeden Wert zunächst ins Extrem treiben. Die realen Situationen erfordern dagegen Fingerspitzengefühl. Nun liegt es an Dir, Gleichheit und Bedrohung zu vereinen. Vielleicht irrte sich Kant auch.