Wie beschreibe ich eine Skulptur?

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Deine Liste ist in Ansätzen gut. Es fehlen tatsächlich einige Elemente.

Bei der Einleitung fehlt noch die Art (modelliert, montiert, geschweißt, Relief...) und der Zustand (z. B. evtl. Patina, gealterte Oberfläche?). Und beim Material denk daran, dass es mehrere geben kann; falls mehrere Materialien kombiniert wurden, dann benenne auch, welches Material Dominanz hat. Bedenke beim Entstehungszeitpunkt, dass es auch ein Entstehungszeitraum sein kann.

Bei der "kurzen Beschreibung" sollst du nicht nur erwähnen, ob es Büste, Torso usw. ist, sondern auch das Subjekt selbst. Also: Personenanzahl, eine göttliche Figur oder ein Tier, Kleinplastik, Statuette oder Figurine, abstrakte Objekte... Ist die Größe natürlich oder überlebensgroß, wie ist die Oberfläche? Polychromie (mehrfarbige Bemalung) oder unbehandelt, geglättet oder naturalistisch, was ist mit Werkspuren?

Im Hauptteil dann beschreibst du nicht nur genauer den Inhalt, sondern willst auch die kompositorische Anordnung, die Struktur, die inner- und außerskulpturalen Beziehungen beschreiben. Der Betrachterbezug ist auch ganz wichtig. Also: Was sieht man im Vorder-, Mittel- und Hintergrund, wie sind diese Schichten aufgebaut (treten bestimmte Ebenen hervor, gibt es eine klare Tiefenschichtung)? All-Ansichtigkeit oder nur Teilansicht (z. B. Frontalansicht)? Mimik und Gestik hast du erwähnt, dazu gehört auch die Körperhaltung (stehend, sitzend, kniend, kauernd...). Die Kleidung (nackt, verdeckt) und der Körper (idealisiert, naturalistisch; schau dir da die Haut genau an). Schau dir die Spannungen an (Muskelspiel, Verdrehungen, Torsionen...), wie ist die Bewegung/Aktion ausgerichtet? Axial, diagonal...

Dann achte auch auf die Formen, findest du geometrische Formen, unregelmäßige Formen, Massen? Wie stehen die verschiedenen Zonen der Skulptur zueinander, gibt es eine klare Abgrenzung oder sanfte Übergänge? Gibt es Ordnungsstrukturen (Reihung, Symmetrien, Streuung...)? Dann findet man auch gedachte Linien. Schau dir die senkrechte Symmetrieachse an und achte auf Asymmetrien. Damit kommt man oft automatisch zur Wirkung, ist es eine ausgewogene Komposition? Wird die Harmonie gebrochen? Gibt es Kontrapunkte? Spiegeln sich Themen bzw. Variationen?

Schau dir auch die tatsächlich vorhandenen Kompositionslinien an, wie verlaufen da die Grenzen? Viele senkrechte und waagrechte Linien zeugen von einem statischen Gefüge, einem festen klaren Aufbau. Das wirkt ruhig, während viele Diagonalen oder geschwungenen Volumina für Dynamik oder gar Hektik sorgen.

Welche Elemente sind akzentuiert und wie fügt sich das mit allem bisher Beobachteten zu einer Bedeutung zusammen?

Wie wird der Blick des Beobachters gelenkt? Sind die lenkenden Handlungen/Gesten/Gegenstände plastisch, führen sie uns in die Tiefe des Objekts oder bleiben sie reliefhaft?

Licht und Schatten hast du in deiner Liste noch nicht erwähnt. Anzahl der Lichtquellen, Lichtchoreographie, direkt oder indirekte Beleuchtung, natürliche oder künstliche Lichtquelle... Wie fällt das Licht ein, gibt es Lichtstreifen, sind Teile der Skulptur schlaglichtartig beleuchtet oder ist es ein diffuses, weiches Licht, das die Skulptur kontrastarm beleuchtet? Gibt es Glanzlichter (Lichtreflexe)? Welche Personen/Gegenstände/Teile werden besonders durch Licht betont? Dann das Gleiche Spiel nochmal mit Schatten (Schlagschatten, Kernschatten, Halbschatten).

Erwähne auch das Betrachterverhältnis, das kann auch gern in die Einleitung, aber im Hauptteil passt es auch. Also den Betrachterstandpunkt, sehen wir z. B. von oben drauf (z. B. von einer Brüstung oder Empore) oder wie genau? Ragen Skulpturenteile zu uns hinaus?

Mehr fällt mir spontan nicht ein, aber übe einfach anhand einiger Skulpturen und es wird sich irgendwann wie deine zweite Natur anfühlen. ;)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung