Wie anspruchsvolle Stücke lernen?

upbrunce  27.07.2024, 19:14

Geht es ums Klavier?

Prinzipal8 
Beitragsersteller
 27.07.2024, 19:27

Tasteninstrumente im Allgemeinen.

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Anspruchsvolle Stücke haben es zumeist so an sich, dass sie eine Vielzahl unterschiedlicher manueller und klanglicher Schwierigkeiten bieten, die wiederum unterschiedliche Techniken erfordern. Insofern ist eine allgemeingültige Antwort auf deine Frage, die sehr vage gestellt ist, kaum möglich und würde den Rahmen hier sprengen bzw. erfordere konkrete Beispiele.

Ganz oberflächlich gesprochen: Mein letztes ausgesprochen anspruchsvolles Stück habe ich zunächst mal in seine Bestandteile zerlegt. Ich kann ja nicht dreißig Seiten oder mehr am Stück lernen. In dem Fall war das leicht, da es sich um einen Variationensatz handelte, ansonsten muss man eben inhaltlich "analysieren" und dann Sinnabschnitte bilden. So übt man dann im Endeffekt nach und nach, mal an einem Teil, mal an mehreren parallel, wie es mir dann grad zeitlich passt und sinnvoll erscheint.

Ich übe immer sehr langsam und variiere dabei den Anschlag: Mal schreite ich, mal schleiche ich über die Taste, mal schlage ich nur in Gedanken an und singe stattdessen, mal übe ganz intensive Fingeraktivität (was natürlich später genau nicht sein darf). Je nach Schwierigkeit übe ich auch mal nur eine Hand allein, aber das kommt darauf an, was gefordert ist, im Allgemeinen bin ich kein Freund von getrennten Händen.

Wenn ich meine zu wissen, was ich tue, übe ich in langsamem Tempo mit sämtlichen Vortragsbezeichnungen, ich baue die nicht erst später dazu. Das halte ich für sehr wichtig. Sobald ein Tempo steht, erhöhe ich es nicht etwa (ein beliebter Ungeduldsfehler), sondern ich schraube es im Gegenteil zunächst noch weiter zurück, und taste mich dann erst wieder vor. Einzelne Stellen picke ich mir raus, die manuell fordernd sind und mache je nachdem was gefordert ist (siehe oben) zum Beispiel Schwungtechniken, transponiere die Stellen, spiele sie rückwärts, etc. etc., so lange bis ich sicher bin.

Naja, und irgendwann geht es dann eben ans Stück für Stück - Zusammenbauen, wobei Geduld das oberste Stichwort ist. Und sobald irgendetwas wackelt, schraube ich sofort das Tempo zurück oder lasse das Stück ein paar Tage ruhen.

Voraussetzung ist eben immer, dass man weiß was man tut. In den letzten Jahren meines professionellen Klavierunterrichts, als sich abzeichnete, dass ich meine Heimat irgendwann verlassen werde und womöglich nicht mehr genügend Geld und Zeit für Unterricht habe, habe ich meinem Lehrer gesagt, wir müssen den Unterricht ab sofort anders gestalten. Anstatt Stücke in Gänze mit dem Ziele der Aufführung zu üben, habe ich ihn gebeten mir anhand ausgewählter unterschiedlichster Stellen der großen Literatur beizubringen, wie ich das Lernen lerne. Im Zuge dessen habe ich ein gewisses Repertoire mit ihm aufgebaut an diversen Techniken, und wenn ich Noten vor mir habe, kann ich mir anhand dessen im Allgemeinen sagen, wie es zu üben habe. Und wenn ich es dann dennoch nicht schaffe, übersteigt das Stück schlichtweg mein Niveau und ich nutze es dann nur noch, um etwas zu fummeln, Illusionen streiche ich dann direkt, das bringt nur Frust.

Meine zwei goldenen Regeln sind (a) Geduld, Geduld, Geduld (b) Niemals die Form über den Inhalt stellen und (c) Nicht Machbares ad acta legen.

lg up

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Praktische Erfahrung seit über fünfunddreißig Jahren.

Arlecchino  28.07.2024, 11:57
Meine zwei goldenen Regeln sind (a) Geduld, Geduld, Geduld (b) Niemals die Form über den Inhalt stellen und (c) Nicht Machbares ad acta legen.

Welche der drei Regeln sind die beiden goldenen?

Prinzipal8 
Beitragsersteller
 27.07.2024, 19:50

Vielen Dank für deine Ausführlichkeit!

Es wäre gut zu sagen in welchem Bereich du das meinst 😉

Generell nehm ich mir dann ne 8' 4' Registrierung und dann spiele ich erst rechte Hand, dann die linke Hand. Wenn beides gut klappt dann zusammen spielen. Sollte das dann laufen, dann kommt Pedal dazu.

Woher ich das weiß:Hobby – Spiele selber Klavier und Orgel - Auch im Gottesdienst.

Prinzipal8 
Beitragsersteller
 27.07.2024, 19:28

Polyphonie macht mir manchmal Probleme.

diapertimoo  27.07.2024, 19:42
@Prinzipal8

Kenn ich, aber dann jede Stimme mal einzeln üben bis sie sicher sitzt und dann langsam zusammenführen mit der anderen Stimme.