Welchen Einfluss hat die Ursprungsfamilie auf uns?
2 Antworten
Es kommt immer drauf an, aber gewisse Spuren bleiben selbst dann wenn man versucht, alles abzustreifen und zu vergessen und so zu tun, als sei man ein anderer. Ich merke als Erwachsener z.B. immer mehr, dass mein Aufwachsen sehr große Spuren hinterlassen hat, die ich heute erst so richtig wahrnehme auf eine durchaus sehr angenehme Art.
Nur ein paar Beispiele: Wir waren immer eher für uns und keine sehr gesellige Familie, die auf jedem Fest mitgefeiert hat, aber an den Wochenenden gehörten je nach Wetter schöne längere Wanderungen im Wald und in der Natur dazu oder Besuche diverser Verwandter, wo wir mit dem unserem Opel hingefahren sind. Es war immer schön. Es wurden auch viele Fotos aufgenommen.
Wir lebten ziemlich gleichmäßig und bescheiden. Geld war da, Konsum spielte eine Nebenrolle. So was wie Kino oder Theater oder Freizeitpark kam bei uns faktisch nicht vor (ich war nur als Jugendlicher ein paar mal im Ferienkino von der Stadt, wo der Eintritt eine Mark oder einen Euro kostete und Kinderfilme kamen und einmal der Film mit Mr. Bean als Agent), dafür gingen wir öfters in den Gottesdienst und gelegentlich ins Hallenbad. Auswärts essen gegangen sind wir selten, höchstens im Kaiser oder im grünen Baum und es musste ein besonderer Anlass sein. Einmal waren wir Minigolfen, das hat mich nachhaltig beeindruckt und dieser Minigolfplatz war für mich als Zwölfjähriger ein unglaublich schöner und kostbarer Ort. Etwas so Schönes hatte ich mir bis dahin nicht vorstellen können. Als Jugendlicher war ich oft mit meinem Onkel und meinem Opa sonntags unterwegs und wir haben uns bei den regionalen Autohäusern die Autos angesehen. Es war immer schön und unterhaltsam, wir haben viel geredet dabei, über alles, auch über Sorgen und Nöte, es gab kein Richtig und Falsch, der Umgangston war wertschätzend. Urlaub war eigentlich kein Thema. Mal am Bodensee und auf der Insel Mainau, mal im bayrischen Wald, mal im Hunsrück, mal im Taunus, mal nach Köln, mal nach Franken an irgendeinen See und mal nach Thüringen zum Wandern ... das waren so die Highlights, immer mit unserem Opel und immer gemütlich, aber genau durchgeplant. Es war immer schön.
Das hat mich sehr geerdet und wir waren mit wenig zufrieden, wir brauchten nicht mehr und die große weite Welt erst recht nicht. Außerdem habe ich damals schon gelernt, dass z.B. an Kindergeburtstagen die tollen Familien in ihren neu gebauten villenähnlichen Häusern mit dem fetten Loewe Fernseher und teuren Möbeln menschlich nicht halb so solide waren wie wir daheim, wo es zwar einfach zuging, aber ehrlich und gesittet und man spürte immer Wärme und Frieden.
Ich bin bis heute jemand, der sein Leben auf einem eher einfachen Standard hat und weder Urlaubsreisen noch ein Rundum-Programm braucht, ich bin mit wenig zufrieden (lege aber Wert auf Bildung und auf qualitativ hochwertige langlebige Produkte, die was aushalten) und dass das so ist, führe ich auf meine Herkunft zurück.
Hängt von deiner Persönlichkeit ab. Auf manche hat sie einen starken Einfluss, auf andere in keinster Weise