Welche Gedichte von Erich Kästner sind bekannt?

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Kennst du das Land, wo die Kanonen blühen

Entwicklung der Menschheit

Das Eisenbahngleichnis

Hinzu kommen einige Stadtgedichte, u.a. Kleine Stadt am Sonntagmorgen und - vor allem - Die Zeit fährt Auto.

achwiegutdass  12.02.2016, 13:01

Herzlichen Dank fürs Sternchen ! :)

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Bekannte Kästnergedichte sind wohl auf jeden Fall  "Die Entwicklung der Menschheit" (gerade die erste Zeile kennen bestimmt recht viele Menschen) und "Im Auto über Land", "Die Sache mit den Klößen"und "Das verhexte Telefon"  (die beiden letzten sind allerdings Kindergedichte). Umstritten war seinerzeit sein Gedicht „Abendlied des Kammervirtuosen“. Wirklich berühmt ist aber nach meiner Meinung keines seiner Gedichte.

Sachliche Romanze Als sie einander acht Jahre kannten

(und man darf sagen sie kannten sich gut),

kam ihre Liebe plötzlich abhanden.

Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.
 

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,

versuchten Küsse, als ob nichts sei,

und sahen sich an und wussten nicht weiter.

Da weinte sie schliesslich. Und er stand dabei.
 

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.

Er sagt, es wäre schon Viertel nach vier

und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.

Nebenan übte ein Mensch Klavier.
 

Sie gingen ins kleinste Café am Ort

und rührten in ihren Tassen.

Am Abend sassen sie immer noch dort.

Sie sassen allein, und sie sprachen kein Wort

und konnten es einfach nicht fassen.

vertont von Herman van Veen:

https://youtube.com/watch?v=hEHuY28xDCA

Monolog des Blinden (1929)

Hier beschreibt Kästner in der Weimarer Republik das Schicksal eines im 1. Weltkrieg durch einen Granatsplitter erblindeten Kriegsinvaliden, der jetzt durch Betteln sein Leben fristet. Das eines seiner bekanntesten Kriegskritikgedichte, so etwas hat er nach der Machtergreifung Hitlers (1933) nicht mehr geschrieben.

Monolog des Blinden

Alle, die vorübergehn, 
gehn vorbei.
Sieht mich, weil ich blind bin, keiner stehn?
Und ich steh seit Drei …

Jetzt beginnt es noch zu regnen!
Wenn es regnet, ist der Mensch nicht gut.
Wer mir dann begegnet, tut
so, als würde er mir nicht begegnen.

Ohne Augen steh ich in der Stadt.
Und sie dröhnt, als stünde ich am Meer.
Abends lauf ich hinter einem Hunde her,
der mich an der Leine hat.

Meine Augen hatten im August
ihren zwölften Sterbetag.
Warum traf der Splitter nicht die Brust
und das Herz, das nicht mehr mag?

Ach, kein Mensch malt handgemalte
Ansichtskarten, denn ich hab kein Glück.
Einen Groschen, Stück für Stück!
Wo ich selber sieben Pfenning zahlte.

Früher sah ich alles so wie Sie:
Sonne, Blumen, Frau und Stadt.
Und wie meine Mutter ausgesehen hat,
Das vergeß ich nie.

Krieg macht blind. Das sehe ich an mir.
Und es regnet. Und es geht der Wind.
Ist denn keine fremde Mutter hier, 
die an ihre eignen Söhne denkt?
Und kein Kind,
dem die Mutter etwas für mich schenkt?