Welche Bindung ist stark und welche schwach polarisiert?

3 Antworten

Moin,

warum schaust du dir nicht die viel sagenden gelben Pfeile an?

Verstehst du überhaupt, was es bedeutet, dass eine Bindung „polarisiert” ist? Ich habe die Befürchtung, dass dem nicht so ist... Deshalb:

Stell dir das so vor, dass sich zwei Atome treffen und miteinander eine Bindung eingehen. Eine Bindung stellen wir uns der Einfachheit halber nun so vor, dass zunächst beide Atome eines ihrer Außenelektronen (Valenzelektronen) zur Verfügung stellen (quasi in einen Topf werfen) und dieses neu entstandene Elektronenpaar nun gleichzeitig (gemeinsam) nutzen können. Das bedeutet, dass jeder Bindungspartner das gebildete Elektronenpaar für sich beanspruchen kann und zwar gleichzeitig.

Was haben die Atome davon? Nun, schauen wir uns die Situation zunächst beim Chlormolekül an: Ein einzelnes Chloratom hat sieben Valenzelektronen. Ein Atom des Edelgases Argon (das im Periodensystem der Elemente, PSE, auf Chlor folgt) hat acht Valenzelektronen, also eines mehr als das Chloratom. Nun haben die Edelgase ihren Namen daher, dass sie sich „zu fein (zu edel) sind”, um mit Atomen anderer Elemente (stabile) Verbindungen einzugehen. Sie bleiben lieber für sich allein. Warum? - Das liegt daran, dass die Anzahl und Anordnung der Valenzelektronen in Edelgasatomen energetisch im Grunde perfekt sind. Jede Veränderung (und eine chemische Reaktion, die zu einer Verbindung führt, ist eine Veränderung in der Elektronenhülle der beteiligten Atome), also jede Veränderung in der perfekten Elektronenhülle der Edelgasatome ist nachteilig. Demnach wären in diesem Falle acht Valenzelektronen perfekt. Und einem Chloratom fehlt nur ein einziges weiteres Elektron, um auf diese perfekten acht Elektronen im äußeren Hauptenergieniveau zu kommen...
Wenn sich nun zwei Chloratome zusammentun und ein bindendes Elektronenpaar bilden (siehe Abbildung), dann hat jedes Chloratom für sich sechs nicht-bindende Elektronenpaare (das sind die Striche um die Cl-Symbole herum) plus ein bindendes Elektronenpaar (das ist der waagerechte Strich, der die Cl-Symbole miteinander verbindet). Da jedes Chloratom das bindende Elektronenpaar als zu sich gehörend betrachten darf (und das gleichzeitig!) gilt für jedes Chloratom im Chlormolekül: sechs nicht-bindende Elektronenpaare plus ein bindendes Elektronenpaar macht zusammen acht Elektronen (gerade so wie bei einem Argonatom). Das bedeutet, dass ein Chloratom die Edelgaskonfiguration eines Argonatoms erreicht, wenn es eine Einfachbindung mit einem anderen Atom eingeht.

Jetzt ist es aber so, dass ein Chloratom noch lieber ein Elektron für sich allein mehr hätte. Deshalb zieht der Chloratomrumpf an dem bindenden Elektronenpaar. Die relative Stärke, mit der ein Atomrumpf an einem bindenden Elektronenpaar ziehen kann, bezeichnet man als Elektronegativität.

Es liegt aus offensichtlichen Gründen wohl auf der Hand, dass zwei Chloratome mit exakt der gleichen Stärke an dem bindenden Elektronenpaar ziehen. Deshalb verschiebt sich das bindende Elektronenpaar nicht (dauerhaft) bemerkbar zu einem der beiden Chloratome hin (das gelingt höchstens mit Hilfe eines Katalysators wie Aluminiumchlorid, aber das soll uns hier nicht weiter interessieren).
Wie dem auch sei, du kannst also festhalten, dass sich das bindende Elektronenpaar zwischen den zwei Polen der Chloratomrümpfe nicht verschiebt. Die Bindung ist unpolar. Deshalb sind die gelben Pfeile in deiner Abbildung gleich dick.

Ganz anders sieht das aus, wenn sich ein Chloratom mit einem Wasserstoffatom zu Chlorwasserstoff (Hydrogenchlorid, „Salzsäure”) verbindet. Wieder erreicht das Chloratom durch die Ausbildung dieser Einfachbindung einen Edelgaszustand (nämlich den des Edelgases Argon, siehe Erklärung oben).
Das Wasserstoffatom seinerseits erreicht ebenfalls eine Edelgaskonfiguration, allerdings die des Edelgases Helium, das nur zwei Elektronen in seiner Hülle benötigt, um energetisch perfekt zu sein. Und das erreicht ein Wasserstoffatom ebenfalls, wenn es eine Einfachbindung zu einem anderen Atom knüpft.

Das große Aber ist hier jedoch, dass das Chloratom eine größere Elektronegativität als das Wasserstoffatom hat. Das heißt, es zieht stärker an dem bindenden Elektronenpaar. Das erkennst du daran, dass der eine gelbe Pfeil in Richtung Chlor dicker ist als der gelbe Pfeil, der in Richtung Wasserstoff zeigt. Insgesamt führt die größere Elektronegativität des Chloratoms dazu, dass sich das bindende Elektronenpaar in Richtung zum Chlor hin verschiebt. Da es hierbei um die Verlagerung des Elektronenpaares geht und Elektronen negativ geladen sind, wird das Chloratom ein bisschen stärker negativ geladen, während das Wasserstoffatom ein bisschen stärker positiv geladen wird. Hierbei handelt es sich nicht um echte Ladungen, sondern um Teilladungen (Partialladungen). Chlor wird delta-negativ (das heißt negativiert oder partiell negativ geladen) und Wasserstoff wird delta-positiv (positiviert oder partiell positiv geladen).
Anders gesagt: Die Bindung zwischen dem Chloratom und dem Wasserstoffatom ist polarisiert.

Kommen wir nun noch zu der Bindung zwischen Chlor und Natrium. Bei diesen beiden Atomen ist der Unterschied zwischen den Elektronegativitäten so groß, dass es zu einer vollständigen Verlagerung des Elektronenpaares hin zum Chloratom kommt. Man sagt auch, dass das Natriumatom ein Elektron an das Chloratom abgibt (beziehungsweise das Chloratom ein Elektron vom Natriumatom übernimmt oder aufnimmt). Das ergibt in diesem Fall auch Sinn, denn das Chloratom möchte gerne ein weiteres Elektron haben, um die Edelgaskonfiguration von Argon zu erreichen. Natriumatome müssten aber, um ebenfalls die Edelgaskonfiguration von Argonatomen zu errechen, sieben (!) Elektronen aufnehmen. Das ist viel zu viel, denn mit jedem neu hinzukommenden Elektron steigt ja auch die Menge an negativer Ladung. Es würde also seeehr viel Energie erfordern, in ein Ion, das bereits vierfach oder fünffach negativ geladen ist, noch ein weiteres Elektron zu quetschen...
wenn man sich das Natriumatom dagegen anschaut, stellt man fest, dass es elf Elektronen in seiner Hülle hat. Das ist ein Elektron mehr als es die Atome des Edelgases Neon haben. Wenn also ein Natriumatom ein Elektron loswerden könnte, dann hätte es die Edelgaskonfiguration des Edelgases Neon erreicht. Deshalb wird es leicht verständlich, warum Natriumatome nicht besonders stark an einem einzelnen Elektron hängen und auch kein Interesse daran haben, ein bindendes Elektronenpaar zu sich heran zu ziehen.
Die Übergabe eines Elektrons von einem Atom an ein anderes hat aber eine weitere Folge: aus den bis dahin ungeladenen Atomen werden nun wirklich geladene Teilchen, die man Ionen nennt. Das Atom, das ein Elektron abgibt, wird zu einem positiv geladenen Ion (auch Kation genannt). Das Atom, das ein Elektron aufnimmt, wird zu einem negativ geladenen Ion (auch Anion genannt). Und das fehlt in deiner Abbildung, denn das Chloridanion müsste eine negative Ladung haben.
Was die Polarität der Bindung angeht, sie ist extrem. So extrem, dass man tatsächlich von echten Ladungen sprechen muss.

Fazit:

  • Eine Elektronenpaarbindung ist unpolar, wenn sich die Elektronegativitäten der Bindungspartner gar nicht oder nur seehr wenig unterscheiden (EN-Differenz zwischen 0,0 und 0,4).
  • Die Elektronenpaarbindung wird zunehmend polarer, je größer die Elektronegativitäten der Bindungspartner unterscheiden (EN-Differenz zwischen 0,5 - wenig polar - und 1,7 - sehr stark polar).
  • Im Extremfall ist die Bindung eine Ionenbindung zwischen entgegengesetzt geladenen Ionen mit echten Ladungen, die dadurch zustande kommen, dass Elektronen von einem Bindungspartner an den anderen übergeben werden (EN-Differenz von mindestens 1,8).

Ich hoffe, das dir das jetzt klarer geworden ist...

LG von der Waterkant

In Cl2 sind zwei Atome des gleichen Elements mit gleicher EN- verbunden, somit kann diese Bindung nurxh die Hinzugabe eines Katalysators polarisiert werden.

Bei den anderen beiden Molekuelen liegen Atome mit hoher EN- Differenz vor, somit sind sie polarisiert

Cl2 ist schwach polarisiert, HCl ist polarisiert und NaCl natürlich extrem stark durch die Ladung.

klumibum 
Fragesteller
 09.05.2020, 00:13

wo sind die ladungsverschiebungen ?

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Picus48  09.05.2020, 00:42
Cl2 ist schwach polarisiert

Wie kommst Du denn zu dieser Einschätzung? Warum sollte ein Molekül aus zwei identischen Atomen ein Dipolmoment aufweisen?

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eva877  09.05.2020, 12:37
@Picus48

In gewissermaßen ist Cl2 natürlich schwach polarisiert!

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Picus48  09.05.2020, 13:46
@eva877

Auch die Wiederholung macht aus einer falschen Aussage keine richtige. Das Chlormolekül ist völlig apolar und es kann bestenfalls durch äußere Einflüsse ein Dipolmoment induziert werden, z.B. durch eine elektronenreiche C=C-Doppelbindung bei der elektrophilen Addition oder durch Friedel-Crafts-Katalysatoren.

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eva877  09.05.2020, 15:45
@Picus48

Wie sieht es mit spontanen Dipolen aus?!

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Picus48  09.05.2020, 17:16
@eva877

Die Londonschen Dispersionskräfte treten zwischen unpolaren aber polarisierbaren Molekülen auf. Das sollte aber im Zusammenhang mit dem Verständnis von unpolarer, polarer und ionischer Bindung eher verwirrend für das Grundverständnis von Schülern sein.

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