Was wisst ihr über Dyspraxie?

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Dyspraxie – Motorische Störungen bei Kindern. Kinder mit Dyspraxie fallen in ihrem Umfeld zunächst durch ungeschicktes Verhalten sowie angestrengt und unbeholfen wirkende Bewegungen auf. Die Ausbildung der Grob- und Feinmotorik sowie die Koordination der Kinder entspricht nicht ihrem Alter.

Ich bin selbst Betroffen und nenne es einfach die Tollpatschkrankheit.

Die Erkrankung ist nicht heilbar und tritt deshalb auch im Erdachsenalter auf. Alltäglich ist eine Herausforderung da Hände und Füße nicht umsetzen können was das Gehirn ihnen sagt. Handlungsabläufe merken ist ein Problem.

In Deutschland soll es nur 2 Ärzte geben sagt Dyspraxie Deutschland die das überhaupt als Erkrankung anerkennen. Frage mal nach wie sie heißen.

Hier einige Dinge die uns schwerfallen: (Muss nicht alles zutreffen)

  • Schuhe binden
  • Reißverschluss schließen
  • Anziehen
  • Kochen/Backen
  • Zeichnen
  • Schreiben
  • Ball fangen
  • Sport
  • Mathematik
  • Essen
  • Handwerken
  • Handarbeit

Oft tritt das in Kombination mit anderen Erkrankungen wie Autismus und AD(H)S auf.

https://www.npz-hamburg.de/ hat eine Dyspraxie- Spezialsprechstunde, in der auch die Diagnostik Erwachsener möglich ist.

Seit ich denken kann leide ich unter den Einschränkungen/ Problemen im alltäglichen Leben, die eine Entwicklungsdyspraxie mit sich bringt. Mir war meine Andersartigkeit immer bewusst, und fühlte mich oft unverstanden und konnte sie mir einfach nicht erklären. Warum brauchte ich für alles länger? Warum konnte ich kaum einen Ball fangen, die Kletterstange hochklettern, weitspringen, obwohl es für die anderen so leicht ist?, Warum konnte ich nicht so schnell schreiben oder rennen wie die Meisten? Warum konnte ich nicht so gut ausmalen, schneiden, falten?, ...So ist es nur logisch, dass ich mich für dumm, unfähig, einen (Total)versager Tollpatsch, Trottel,... hielt und mich viel mehr anstrengen und gegen meine Unzulänglichkeiten ankämpfen musste als die meisten Kinder. Mobbing blieb leider auch nicht aus. Ab der 5. Klasse war es vorbei mit einer halbwegs normalen Kindheit, da ich fast täglich nach der Schule bis ca. 21/ 22 Uhr Hausaufgaben machte und lernte und falls ich noch nicht fertig war, meine Eltern anflehte, noch aufbleiben zu dürfen, um meine Schularbeiten zu beenden. Zu allem Überfluss war ich oft krank. Dies steigerte sich so sehr, dass ich in der 8. Klasse ein halbes Jahr krank war. Nach einem Wechsel vom Gymnasium an die Realschule und dem Wiederholen der 7. Klasse kam ich etwas besser zurecht. In meiner Schul- aber vor allem in meiner Berufsschulzeit wurde mir dauernd das Blatt am Ende der Bearbeitungszeit unter der Hand weggerissen. Da dadurch viele Aufgaben ungelöst blieben, musste ich teilweise Vieren und Fünfen hinnehmen, obwohl ich in den Berufsschulwochen täglich bis Mitternacht HA machte, lernte und das Wissen für eine 1 oder 2 gehabt hätte. Wegen der massiven Probleme in der Berufsschule unterzog mich eine Schulpsychologin Tests und stellte eine unterdurchschnittliche Verarbeitungsgeschwindigkeit fest. Mit 21 Jahren bin ich dann durch einen glücklichen Zufall auf diesen Artikel gestoßen: https://www.google.com/amp/s/www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article108086938/Kinder-die-sich-selbst-im-Wege-stehen.html%3fservice=amp Er hat mir die Augen geöffnet, ich habe mich und meine lebenslangen Schwierigkeiten sofort darin wiedererkannt und bin in Tränen ausgebrochen. Zum ersten Mal in meinem Leben erkannte ich, dass evtl. nicht ich selbst das Problem bin, sondern eine Einschränkung, mit der man geboren wird. Schon allein die Möglichkeit, dass es eine logische Erklärung und für meine Schwierigkeiten geben und mir vlt. etwas geholfen werden könnte machte mir Mut. Die Praxis des Verfassers des Artikels war schnell kontaktiert. Dann die große Ernüchterung, er diagnostiziert nur bis zum 18. Lebensjahr, für Erwachsene könnte er möglicherweise max. die Auswertung eines schon durchgeführten Testes vornehmen. Alle anderen kontaktierten Neurologen/ Psychiater konnten nichts mit Dyspraxie anfangen. Nach weiteren 3 Jahren, fand ich bei einer meiner unzähligen Internetrecherchen das NPZ Hamburg. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als ich auf: https://www.npz-hamburg.de/ las, dass sie seit kurzem Erwachsene auf Dyspraxie testen. Dann ein weiterer Rückschlag, sie könnten momentan keine Diagnostik bei Neupatienten durchführen, hätten keine Warteliste und wissen auch nicht wann dies wieder möglich sein könnte. Doch nach einem Viertel Jahr das große Glück, ein Termin zur Diagnostik (Vorgespräch, Testung, Auswertungsgespräch) und im Sommer mit 25 Jahren dann erstmalig Gewissheit und eine nicht gerade leicht verdauliche Diagnose: schwere Entwicklungsdyspraxie. Dank dieser Diagnose wurde Ergotherapie verordnet und die Behandlung konnte endlich beginnen. Ich kann nur sagen, der weite Weg nach Hamburg hat sich mehr als gelohnt.

An alle Dyspraktiker da draußen gebt nicht auf, lässt euch nicht von den Hindernissen und Schwierigkeiten unterkriegen, hört nie auf zu kämpfen (was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker), und vergesst nie: ihr seid nicht alleine, es gibt Andere denen es genauso geht aber auch wir können viel schaffen!

Ich spreche aus Erfahrung, ich dachte,mehr als der Hauptschulabschluss wäre für mich nicht drin, doch mit unglaublich viel Fleiß und Kraftaufwand habe ich trotz meiner leider unsichtbaren Einschränkung einen erweiterten Realschulabschluss gemacht, zwei Ausbildungen mit guten Noten abgeschlossen und bin erfolgreich selbstständig tätig.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung