Was sind die Nachteile einer Improvisation in der Musik?

najadann  09.06.2022, 19:50

Wieso Nachteile?

lxnadhel2 
Fragesteller
 09.06.2022, 19:56

Ich muss auch wissen was die Nachteile davon sind hahah:)

2 Antworten

Hallo

Improvisation hat vor allem vier Nachteile:

  1. Improvisation ist schwierig und frisst "Hirnkapazität", dadurch kann jemand der improvisiert meist/tendenziell nicht so sicher und präzise spielen wie er es könnte wenn er das Stück kennt und "in den Fingern hat". Daher ist reine Improvisation allgemein beim Musizieren eine Ausnahmeerscheinung. Oft wenn man etwas Improvisation nennt handelt es sich entweder um eine Mischform aus Impro und Bekanntes spielen, oder sogar lediglich um jemand, der etwas Bekanntes ohne Noten und mit leichten Freiheiten spielt (zum Beispiel improvisierte Verzierungen).
  2. Weil das erfinden auf der Stelle in Echtzeit stattfindet eignet sich sehr komplexe Musik weniger gut zum improvisieren, oder umgekehrt gesagt: Bei Improvisieren ist die "Schaffenshöhe" gegenüber etwas Geplantem und Ausgetüfteltem selbst bei absoluten Ausnahmekönnern begrenzt. Das betrifft viele Musikgattungen aber weniger, da sie keine extrem komplizierten Strukturen enthalten.
  3. man kann dabei Fehler nicht mehr korrigieren und es passieren mehr Fehler.
  4. Um in einem Musikstil improvisieren zu können muss man die Grundstruktur der gespielten Musik relativ gut verstehen. Das können viele Hobbymusiker nicht. Im Bereich der Klassik kann es fast kein Hobbymusiker und sogar viele Profis nur zu einem geringen Grad.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – in der Schule haben wir Lieder gesungen (z.B. über Ponys)

najadann  10.06.2022, 16:33

1-3: nein

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Grobbeldopp  10.06.2022, 16:39
@najadann

Na ja so einfach ist das jetzt auch nicht.

Bei 1: Ja es gibt absolute Vollprofis bei denen das nicht so richtig zutrifft, aber wie geschrieben: Reine Impro ist sowieso selten.

Bei mir ist 1 definitiv der Fall obwohl ich erfahren im "pseudoimprovisieren" bin.

2: Nur mal Beispiel. Es gibt die Anekdote um Bach und das musicalische Opfer. Bach war vielleicht der beste Kontrapunktiker aller Zeiten. Er konnte eine dreistimmige Fuge über das königliche Thema improvisieren. Aber nicht mehr Stimmen, die musste sogar er dann schreiben.

3. Es gibt wohl Leute die nicht mehr Fehler machen, aber dass man die Fehler nicht mehr korrigieren kann ist doch schwer bestreitbar ? Beim Komponieren hat man ein Radiergummi.

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najadann  10.06.2022, 17:40
@Grobbeldopp

Interessant deine Sichtweise, aber eben nicht korrekt:
Beispiele mit Piano zu Punkt 1&2 und alle ziemlich Komplex.

Frei improvisiert:

https://www.youtube.com/watch?v=_kjwaBOoXes 

Improvisierter Jazz, mit Anlehnen an Ragtime

https://www.youtube.com/watch?v=w-02CXhGXCQ 

Improvisierte Klassik

https://www.youtube.com/watch?v=SmO8UDmZdOI

Improvisierte zeitgenössische klassische Musik, guck dir die Noten an.
https://www.youtube.com/watch?v=SZazYFchLRI&t=371s

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...aber dass man die Fehler nicht mehr korrigieren kann ist doch schwer bestreitbar ? Beim Komponieren hat man ein Radiergummi.

Du gehst von der Komposition aus, ich von der Spielfreude: Du kannst nicht aufgeschriebenes mit dem Musizieren vergleichen. Auch Improvisationen kann man aufschreiben.

Wenn du bei einer Komposition ein Fehler spielst, ist das für nahezu jeden hörbar.

Bei der Improvisation, kann man einfach den Fehler übertünchen, die Tonart dem Fehler anpassen, oder ähnliches.

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Grobbeldopp  12.06.2022, 02:18
@najadann
Interessant deine Sichtweise, aber eben nicht korrekt:

Ach najadann, bitte verkünde das doch nicht so apodiktisch. Doch, es ist korrekt. Auch was du schreibst ist korrekt.

Es kommt auf den Blickwinkel an und was man für Musik im Sinn hat. Auch ob man eine Einzelperson oder ein Ensemble im Sinn hat- ich spiele nie allein und mein Fokus ist Folk und Klassik.

Beispiele mit Piano zu Punkt 1&2 und alle ziemlich Komplex.

~ es kommt halt auch drauf an welcher Art die Komplexität ist- es gibt strukturelle Komplexität die man improvisieren kann und welche die man im Prinzip (außer absolute Genies) nicht improvisieren kann.

Jazz ist oft relativ komplex aber das was die Musik komplex macht wird von den Musikern idr. im Schlaf beherrscht und ist eher eine Sache davon, dass das Grundmaterial selber komplexer ist als in durchschnittlicher älterer Klassik z.B.

Dein Beispiel für improvisierte Klassik- das ist heute sehr, sehr selten und wenn nicht dann selten stilübergreifend. Außer Kirchenmusiker die müssen relativ viel können aber auch sehr eng stilistisch gebunden und ob sie es anwenden oder vergessen ist nochmal was anderes.

Du gehst von der Komposition aus, ich von der Spielfreude: Du kannst nicht aufgeschriebenes mit dem Musizieren vergleichen. Auch Improvisationen kann man aufschreiben.

Aber der Fragesteller- das erkennt man daran dass er die selbe Frage gestellt hat für Komposition möchte wissen was die Nachteile Impro vs. Komposition sind.

Improvisationen kann man nachträglich aufschreiben, aber dann sind sie nicht komponiert, diesen Fehler habe ich auch nicht begangen. Ich weiß was Komposition und Impro jeweils sind, ich mache beides 😉.

Bei der Improvisation, kann man einfach den Fehler übertünchen, die Tonart dem Fehler anpassen, oder ähnliches.

Manchmal ja. Zum Beispiel auch mit dem Trick den Fehler einfach zu widerholen und damit so zu tun als sei es Absicht gewesen. Aber nicht in allen Musikformen. Im schlimmsten Fall kann man einen Fehler machen, nach dem man zu spielen aufhören muss da alles auseinanderfliegt.

Das ist jetzt zum Teil ein anderes Thema, da dazu kommt dass es sich um mehrere Personen handelt und das eigentlich in die Frage gehört- ich mache es auch nachher rein- aber ein anderes Beispiel für die Komplexitätsgrenzen ist Improvisation von tonalen Liedsätzen mit Sängern. Darin bin ich ein bisschen erfahren. 3 Stimmen ist nicht sehr schwer. Der Sprung von 3 auf 4 ist groß. Auf einmal müssen die 2 nicht-Bass-nicht-Lead-Stimmen vorhersagen was der jeweils andere macht. Es gibt Stilrichtungen in denen diese sowieso eher seltene Fähigkeit mit 4 Stimmen immer zu Fehlern führen wird.

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najadann  12.06.2022, 09:12
@Grobbeldopp

Na klar es gibt da ein wenig Spielraum, mit vielen unterschiedlichen Schattierungen. Bereits die Frage war doch sehr eigenartig, von wegen Nachteile. Ich habe mich auch nur sehr breit über alle Genres hinweg und wenig Konkret ausgedrückt. Deine erste Stellungnahme betrachtete ich ebenso und das war aus meiner Sicht total falsch.

Improvisationen kann man nachträglich aufschreiben, aber dann sind sie nicht komponiert.

Bei diesem Punkt liegst du aber dennoch nicht richtig, auch Improvisationen werden manchmal aufgeschrieben in Form von Notizen.

Das Beispiel von Xenakis, zeitgenössische Musik wurde vorher aufgeschrieben aber nicht in Noten festgehalten. Das Orchester hat sehr viel Spielraum, muss sich aber dennoch an eine Idee (Komposition) halten.

Dein Beispiel für improvisierte Klassik- das ist heute sehr, sehr selten und wenn nicht dann selten stilübergreifend.

Das kann ich nicht wissen obwohl ich sehr viel zeitgenössische Musik höre. Ein Gefühl sagt mir, dass da immer auch sehr viel improvisiert wird und selten ist es vermutlich auch nicht. Erinnern wir uns an Soundtrack oder Theatermusik, nicht in Form von fixen Kompositionen sondern unterlegter Dramaturgie. Da wird bestimmt viel improvisiert /und vielleicht danach aufgeschrieben.

Richard Ayres

Ensemble Ernst

Goebbels

Mitterer

Es ist auf jedenfalls spannend mit dir zu diskutieren.

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Nachteile gibt es nicht, das freie Spiel der Improvisation ist aus meiner Sicht kein Nachteil.

Du kannst es nicht in Noten aufschreiben, bei jeder Interpretation wird es verändert gespielt, es ist nie exakt das Gleiche. Aber das ist kein Nachteil, das ist eine Chance es noch besser zu machen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Liebhaber innovativer kreativer Musik in fast allen Genre