Was meint Epikur mit seinem Zitat?
Epikur erzählt in seinem Brief an Menoikeus " denn nicht Trinkgelage und ununterbrochenes Schwärmen und nicht Genuss von Knaben und Frauen und Fischen und allem anderen, was ein reich besetzter Tisch bietet, erzeugt das lustvolle Leben sondern die nüchterne Überlegung, die die Ursachen für alles Wählen und Meiden erforscht und die leeren Meinungen austreibt, aus denen die schlimmste Verwirrung der Seele entsteht". Aber was bedeutet das?
3 Antworten
Ziel allen Handelns ist nach Epikurs Auffassung das gute Leben oder anders gesagt das Glück/die Glückseligkeit, das heißt ein gutes Leben des Wohlbefindens und Wohlergehens.
Glück/Glückseligkeit ist von Lust bzw. dem Freisein von Unlust/Schmerz/Leid bestimmt.
Epikur erklärt einen mit Dauer verbundenen Zustand, die Seelenruhe, für die Vollendung des glückseligen Lebens. In diesem heilen, angenehmen Zustand besteht kein Mangel, da keine unbefriedigten Wünsche vorhanden sind. Die Seelenruhe beschreibt Epikur bildlich als glatte Meeresoberfläche bei Windstille. Die Seelenruhe ist ein Zustand heiterer Gelassenheit.
Epikur unterscheidet:
a) natürliche und notwendige Bedürfnisse (dazu gehören die Grundbedürfnisse)
b) natürliche und nicht-notwendige Bedürfnisse
c) nicht-natürliche und nicht-notwendige Bedürfnisse
Natürliche und notwendige Bedürfnisse müssen für ein gutes Leben befriedigt werden und haben Vorrang. Natürliche und nicht-notwendige Bedürfnisse sind verzichtbar, ihre Befriedung kann gewählt werden, sollte aber klug geprüft werden und nicht in Maßlosigkeit ausufern. Nicht-natürliche und nicht-notwendige Bedürfnisse beruhen auf falschen Meinungen und Einbildungen/nichtigen Vorstellungen. Von ihnen sollten sich Menschen nicht antreiben lassen.
In dem Zitat (Epikur, Brief an Menoikeus [Diogenes Laertios 10, 131 – 132]) wird Lust (das lustvolle Leben), also ein angestrebtes Ziel, angesprochen.
Epikur hatte davor eine Fehldeutung (aus Unkenntnis, fehlender Übereinstimmung oder Missverständnis) seiner Philosophie zurückgewiesen. Mit Lust als Ziel sind nicht die Lüste maßlos ausschweifenden Genießens gemeint, sondern es geht darum, weder körperliche Schmerzen noch beunruhigende seelische Verwirrung zu haben. Epikur betont also Schmerzlosigkeit und Seelenruhe.
In der zitierten Textstelle äußert sich Epikur dazu, wie ein lustvolles Leben erreicht wird. Dies geschieht nicht durch unbegrenztes Ausleben von Begierden (Trinken, Essen, Erotik und Sex), sondern durch klar denkende und sorgfältige Überlegung. In ihrem Streben wählen Menschen Lust und meiden Unlust/Schmerz/Leid. Die Überlegung erforscht Lust und Unlust/Schmerz/Leid, die Ursachen des Wählens und Meidens. Sie wägt ab, welches Ergebnis eine Handlung in Bezug auf Lust und Unlust/Schmerz/Leid insgesamt wahrscheinlich haben wird und bevorzugt die Handlung mit dem günstigeren Ergebnis. Die Überlegung vertreibt dabei leere Meinungen, also falsche Meinungen, die Irrtümer und nichtige Vorstellungen sind und daher keine Wahrheit und kein Erreichen von Glück enthalten.
Eine schlimme Verwirrung der Seele ist eine schwerwiegende Beeinträchtigung und Schädigung der Seelenruhe.
Epikur hält Furcht vor strafenden Gottheiten, Furcht vor dem Tod und maßlose Gier, die unerfüllbarer Befriedigung nachjagt, für die hauptsächlichen Bedrohungen der Seelenruhe.
Sich von maßlosen, unbegrenzten Begierden antreiben zu lassen und sich von ihnen abhängig zu machen, ist mit Plage und Qual verbunden, weil das Ziel nicht wirklich erreichbar ist und das Hinterherhetzen zu einem unangenehmen Zustand führt.
Epikur lehnt es nicht ab, Freuden zu genießen, aber die Klugheit des Verstandes/der Vernunft ist als Mittel wichtig, die richtigen Entscheidungen für ein lustvolles Leben zu treffen, und daher ein sehr großes Gut.
Es bedeutet, dass man nicht durch Feiern und Genießen zu einem lebenswerten Leben gelangt, sondern durch Läuterung des Geistes.
Läuterung würde heißen Reinigung. Reinigung von was? Reinigung von den Ursachen für übermäßiges Wählen (=Gier) und Meiden (=Hass/ Aversion).
Und wie macht man das? - Durch Erforschen, durch achtsames Hinschauen, durch Meditation, z.B. Vipassana.
Die leeren Meinungen, dass sind zusammengefasst diese Tendenzen wie Gier, Hass und Zweifel. Leer deswegen, weil da niemand drin steckt. Sie sind wie ein ungewollter Automatismus.
Dieser Automatismus lässt uns Dinge tun, die wir gar nicht wollen. Er schädigt andere und uns selbst. Daher wird er hier als Verwirrug der Seele bezeichnet. Man könnte auch sagen, es ist das was die (Erb)Sünde für die Christen ist.
Erst denken, dann reden/handeln, so hat man mehr vom Tag. Oder so.