Was ist der Unterschied zwischen Wasserstoff und naszierender Wasserstoff?

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Naszierender Wasserstoff ist der, der sich frisch bildet, z.B. bei einer Elektrolyse.

Die entstehenden H-Atome haben sich noch nicht zu H₂-Molekülen verbunden und sind entsprechend aggressiv.

Den einen gibt es, den anderen nicht.

Wasserstoff ist ein Gas(H₂) mit dem man verschiedene Reaktionen durch­führen kann, wobei es so gut wie immer als Reduktions­mittel wirkt. In wäßriger Lösung bei pH=0 hat H₂ ein Standard­reduktions­potential von genau 0 V.

Das gilt, wenn man den Wasserstoff aus dem Kipp oder aus der Druckflasche in die Lösung einleitet, in der man etwas reduzieren will.

Man kann es sich aber einfacher machen und den Wasserstoff in situ her­stellen, in der man z.B. ein Stück Zink in die Lösung wirft. Dann reagiert das mit der Säure zu Zn²⁺ (stört nicht) und H₂, das durch die Lösung blubbert (will man). Man würde also erwarten, daß das Einleiten von H₂ in eine (saure) Lösung so ziemlich das gleiche bewirkt wie das Rein­werfen von Zn und daß in beiden Fällen dieselben Reduktions­reaktionen ablaufen können.

Vernünftige Annahme, aber sie stimmt nicht. Die Methode mit dem Zink funk­tioniert besser als die H₂-Flasche. Aus irgendeinem Grund kann man mit dem Zink nämliche mehr Reduktionen durchführen als mit der H₂-Flasche. Es sieht so aus, als ob der „Wasserstoff“, der durch das Zink frisch gebildet wird, ein Standard­reduktions­potential von ungefähr −0.5 V hat, plusminus ein paar Zehntel. Anders als der Wasserstoff aus der Flasche, der natürlich 0 V hat.

Und so war die Idee vom naszierenden Wasserstoff geboren: Knapp nach seiner Herstellung ist der „junge, wilde“ Wasserstoff irgendwie anders als einer, der in der Druckgasflasche alt geworden ist.

Wieder eine vernünftige Idee, und wieder Reinfall.

Genauere Untersuchungen haben ergeben, daß der Wasserstoff gar nichts damit zu tun hat. Die Metalloberfläche selbst ist das Reduktionsmittel. Zink hat ein Standard­reduktions­potential von −0.76 V, und die Anwesenheit dieses starken Reduktionsmittels ermöglicht Reaktionen, die mit Wasserstoff eben nicht gehen.

Also gibt es keinen naszierenden Wasserstoff, nur blanke Metalle.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik