Was ist der Fraktionszwang?

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Bekomm ich dann gepaddelt?

Nur im übertragenen Sinn ;-)

Der "Fraktionszwang" ist etwas, das es (zumindest im Bundestag) eigentlich gar nicht geben dürfte: Laut Grundgesetz ist der Abgeordnete nämlich nur seinem Gewissen verpflichtet und nicht seinem Parteivorsitzenden und auch nicht dem, was die Wähler grad in irgendwelchen Umfragen sagen. In der Praxis stimmen die Fraktionen aber dann doch mehr oder weniger geschlossen ab (und wer nicht mitmacht, bekommt den Unmut der Fraktionsmehrheit zu spüren).

Bei gewissen Fragen wird der Fraktionszwang auch aufgehoben, so dass jeder Abgeordnete tatsächlich frei entscheidet, wie er abstimmt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich kenne das aus dem Gemeinderat. Der Fraktionsvorsitzende hat seine Meinung, die er kundgibt und erhofft bzw. wünscht, dass die Fraktion hinter ihm steht, egal was der eine oder andere innerlich zu dem Thema meint - man steht als Mitglied der Fraktion indirekt unter Zugzwang so zu entscheiden, wie er der "Obere" meint.

Was passiert den wenn ich abstimme gegen den Willen der Partei? Bekomm ich dann gepaddelt?

Das kann passieren, je nachdem, ob die Leute in der Fraktion das persönlich nehmen. Bei mir ist es passiert, weil ich es als "junger Ausländer" gewagt hatte, CDU-Herren, die seit 30 Jahren im Gemeinderat waren und sich für wichtig hielten und deren Wort ihrer Meinung nach mehr Gewicht hatte als das andere, zu kontern, weil ich mit ihnen nicht d'accord gehen konnte. Mein Problem war, dass ich das oft nicht getan habe bzw. mich nicht hinter den Klüngel stellen konnte und der Meinung war/bin, dass Entscheidungen nicht fraktionslastig, sondern für die Allgemeinheit zu treffen sind. Ich habe das schon zu spüren bekommen - Leute, die mich und meine damalige Freundin bis dato ach so gemocht und zum Kaffee eingeladen haben usw., waren auf einmal wie ausgewechselt, aber so lernt man die Leute wenigstens kennen. Es hat alles Vor- und Nachteile!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nur wer geschickt nach oben schleimt und nach unten austeilt kommt in der Politik weiter. Wenn Du gegen den Fraktionszwang verstößt, wirst Du im nächsten Karriereschritt nicht beachtet. Siehe auch Jespa.

Es kommt darauf an, ob du über die Zweitstimmenliste oder als per Erstimme direkt gewählter Kandidat ins Parlament einziehst. In beiden Fällen kannst du während der vier Jahre machen, was du willst, aber dann wird man dich bei der nächsten Wahl nicht mehr auf die Liste sitzen bzw. aus der Partei ausschließen. Aber wenn du dir als Direktkandidat einen Namen gemacht hast, kannst du versuchen, als Parteiloser erneut zu kandidieren, wobei es äußerst unrealistisch ist, dass du dann den Wahlkreis gewinnen wirst. Abgesehen davon hat man als einfacher Abgeordneter, der keiner Fraktion angehört, keine Machtoptionen. Man wird auf ewig zur Oppositionsarbeit verdammt sein.

Die werden dich nicht mehr auf den Listenplatz (Landesliste) setzen, also den Platz mit dem man über die Zweitstimme in den Bundestag kommt. 🤔

Bei den Grünen rufen die beim RRB an und es gibt eine tolle Reportage über dich.

In deinem Wahlkreis wirst du dann auch keine Unterstützung haben und nicht mehr als Spitzenkanidat aufgestellt.