Warum werden Pop-Melodien immer simpler?

4 Antworten

"Früher" konnten Bands noch wirklich Instrumente spielen. Heute wird alles am Computer programmiert und dann stellt man nur noch einen Interpreten auf die Bühne, der trällern soll. Da kann nichts Vernünftiges bei rauskommen.

Populäre Songs sind in den vergangenen 70 Jahren immer schlichter geworden. Das betreffe sowohl die Rhythmen als auch die Melodien, berichtet ein Forscherduo im Fachmagazin "Scientific Reports". Bewerten wollen die Wissenschaftler die Entwicklung nicht: Das Ergebnis darauf zurückzuführen, dass neuere Musik "schlecht" ist oder dass ihre Hörer einen "schlechten Geschmack" haben, "würde über die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinaus in den Bereich der subjektiven Meinung gehen", lautet ihr Statement dazu.

Madeline Hamilton und Marcus Pearce von der Queen Mary University of London hatten die markantesten Melodien - in der Regel die Gesangsmelodie - von Liedern ausgewertet, die zwischen 1950 und 2022 die Top-5-Songs des jeweiligen Jahres in den Billboard-Jahresend-Singles-Charts waren. Insgesamt wurden also mehr als 350 Lieder einbezogen.

Die Komplexität der Songrhythmen und Tonhöhenarrangements nahm der statistischen Analyse zufolge im Laufe der Jahre ab, die durchschnittliche Anzahl der pro Sekunde gespielten Noten stark zu. Dabei verzeichneten die Wissenschaftler zwei Sprünge in den Jahren 1975 und 2000 sowie einen kleineren im Jahr 1996, die von einer beträchtlichen Reduzierung an Komplexität gekennzeichnet waren.

Die Abnahme von 1975 bringen die Forscher mit dem Aufkommen neuer Genres wie etwa Disco und New Wave in Zusammenhang. In den 90er-Jahren sowie zur Jahrtausendwende dürfte unter anderem der Aufstieg des Hip-Hops eine Rolle gespielt haben.

Hamilton und Pearce spekulieren, dass die Abnahme der melodischen Komplexität auf eine Zunahme der Komplexität anderer musikalischer Elemente wie die gestiegene Notenzahl zurückzuführen sein könnte. Möglicherweise solle so verhindert werden, dass die Musik für Hörer zu überwältigend klingt. Durch die zunehmende Verfügbarkeit digitaler Instrumente könne musikalische Komplexität zudem verstärkt durch Kreativität beim Klang ausgedrückt werden.

Eine weitere Theorie sei, dass der musikalische Trend den sprachlichen spiegele: "Das digitale Zeitalter verlangt zunehmend die Komprimierung der Sprache, damit das, was wir zu sagen haben, unter Zeichengrenzen bleibt und in Überschriften passt." Damit verringere sich die Komplexität der Botschaften und vielleicht auch die Fähigkeit, komplexe Ideen zu verdauen - in der Populärmusik könne es genauso sein. Sprich: Womöglich haben Menschen nicht mehr die geistige Kapazität für komplexe Songs.

Die Ergebnisse passen zu einer 2023 vorgestellte Analyse von Texten aus mehr als 350.000 englischsprachigen Liedern. Westliche Popmusik wird demnach immer simpler und zorniger. Die Analyse von Rap-, Country-, Pop-, Rock- und R&B-Songs aus den Jahren 1980 bis 2020 zeigt, dass die Struktur der sogenannten Lyrics immer schlichter wurde. Text-Elemente werden häufiger wiederholt, Refrains nehmen einen größeren Raum ein und der verwendete Wortschatz ist kleiner geworden, wie es hieß.

Dem Forschungsteam zufolge könnte die Entwicklung unter anderem damit zusammenhängen, wie Lieder inzwischen konsumiert werden. Musikschaffende produzierten ihre Songs so, dass sie möglichst oft "gestreamt, geklickt und gesehen werden", wie Elisabeth Lex von der Technischen Universität Graz erklärte. Repetitiv, einfach und dicht – das fördert demnach die Entwicklung zum Ohrwurm.

Woher ich das weiß:Recherche
Von Experte DianaValesko bestätigt

Was auf Masse produziert wird ist oft Simple. Das war früher auch schon so. Dorthe Kollo war schon in den 60ern bekannt Hits zu veröffentlichen, deren Text ohne Aussage ist "Sind sie der Graf von Luxemburg?" "Wärst du doch in Düsseldorf geblieben" etc, sind für mich immer noch ein Tiefpunkt der Banalität.

Sehr schön textlich dieses früher war alles besser interpretiert von Saltatio Mortis. Clip ist aussen und innen die Bückeburg in Niedersachsen https://youtu.be/-8yF9zqlpR4

Das stelle ich auch fest.

Die Kompositionen der 80er, 90er oder noch früher waren deutlich besser als das, was heute raus kommt.