Warum Stünde und nicht Stände?
Warum wird bei
Stand (Präteritum)
Stünde (Konjunktiv 2) geschrieben?
Warum nicht stände?
2 Antworten
Das liegt daran, daß die Verben bis vor nicht allzulanger Zeite (Ende des Mittelalters) vier Stammformen hatten, nicht nur drei wie heute:
- Präsens: ich stehe
- Präteritum Singular: ich stand
- Präteritum Plural: wir stunden
- Partizip: gestanden
Im frühen Neuhochdeutsch wurden aber bei allen Verben, die einen Unterschied zwischen der zweiten und der dritten Stammform hatten eine Angleichung vorgenommen (außer bei werden, da galt ich ward aber wir wurden noch bis ins 19. Jahrhundert). Seitdem gibt es nur noch drei Stammformen: Präsens, Präteritum und Partizip.
Der Konjunktiv wurde landschaftlich immer schon verschieden gebildet (dort, wo ich herkomme, hieße es ich standert). Standardsprachlich wird er aber aus der dritten Stammform mit Umlaut gebildet. Deshalb ist diese dritte Stammform heute noch ein bißchen am Leben, und dümmliche Grammatiken schreiben von „unregelmäßigem Konjunktiv“. Umgekehrt gibt es Leute, die sagen ich stände und halten das (a) für richtig und (b) für „regelmäßig“.
Außer stünde gibt es noch ein paar andere Fälle, z.B. wenn ich stünde/stürbe/schwüre/beföhle/empfinge.
Standardsprache ist ziemlich unabhängig vom Standort, das ist ja der Sinn von „Standard“. Klar gibt es zwischen Deutschland (und in geringerem Ausmaß innerhalb des Landes), Österreich und der Schweiz ein paar Unterschiede in der Standardsprache, aber ich glaube nicht, daß das ein solcher Fall ist.
Sowohl bei Goethe als auch Schiller finde ich ein paar Beispiele von stände, aber stünde ist deutlich häufiger. Bei Kafka sehe ich überhaupt nur stünde. Grillparzer ist tatsächlich gemischt. Ich sehe da kein regionales Muster.
Kafka und Grillparzer dürften durch österreichisches Deutsch geprägt worden sein.
Die Aussage, dass standardsprachlich ,,stünde" anstatt ,,stände" die übliche Form sein soll, das halte ich für eine Aussage, die vom Sprachraum des Schreibers abhängen dürfte.