Warum sind die höheren Protolsyestufen in den Säurelösungen wenig oder gar nicht vertreten?
3 Antworten
Das hängt davon ab, wie die Säurekonstanten aussehen. Grundsätzlich gilt, daß die Dissoziation ein bis zwei pH-Einheiten unter dem pKₐ-Wert nicht eintritt und ein bis zwei Einheiten über dem pKₐ-Wert weitgehend vollständig wird — genauer gesagt, 90% für eine pH-Stufe und 99% für zwei. Bei pH=pKₐ liegt die Säure ja immer genau zur Hälfte protoysiert vor.
Säurelösungen sind immer sauer, haben also pH≤7. Daraus folgt, daß Protolysestufen mit pKₐ≫7 niemals, also bei keiner Säurekonzentration, merklich auftreten.
Protolysegleichgewichte mit pKₐ⪅7 werden dagegen sehr wohl aktiv, zumindest wenn man die Säure hinreichend verdünnt, weil dann der pH jeder Säure gegen 7 geht und man daher die Protolyse durch Verdünnung immer erzwingen kann.
Die folgenden Graphiken zeigen das für ein paar Säuren. Die x-Achse gibt dabei die Verdünnung an (c=10⁻ˣ mol/l), die schwarze Kurve zeigt den pH-Wert (linke Skala) und die weiße dessen erste Ableitung (rechte Skala). Die Hintergrundfarben codieren die Verteilung der Ionen an: Rot steht für die Säure, blau für die vollständig deprotonierte Form, und die Protolysestufen dazwischen sind durch verschiedene Violettöne repräsentiert (falls vorhanden).
Als erstes Beispiel zeige ich die Essigsäure (nur eine Stufe, pKₐ=4.75). Du siehst, daß sie bis zur Konzentration 10⁻²=0.01 mol/l kaum dissoziiert ist, ab 10⁻³ ist die Dissoziation merklich und ab 10⁻⁵ mol/l ziemlich vollständig. Bei Konzentrationen von 10⁻⁵ mol/l und weniger verhält sich Essigsäure also wie eine starke Säure (der pH-Wert für eine 10⁻⁶ mol/l CH₃COOH ist 6.018, also fast gleich wie eine 10⁻⁶ mol HCl mit 5.995).
Nun kommt Schwefelsäure (pK₁≈−3, pK₂=1.99): Die erste Dissoziationsstufe ist stark, deshalb hat man niemals H₂SO₄ in der Lösung (kein roter Hintergrund). Stattdessen liegt bei Konzentrationen bis 10⁻² mol/l hauptsächlich HSO₄⁻ vor (violett), und ab 10⁻³ mol/l fast nur noch SO₄²⁻.
Das nächste Beispiel ist Phosphorsäure (pK₁=2.15, pK₂=7.20, pK₃=12.32). Die letzte Protolysestufe ist niemals aktiv, weil pK₃≫7. Bei hohen Konzentrationen hat man H₃PO₄ und H₂PO₄⁻ nebeneinander vorliegen), und unterhalb von 10⁻³ mol/l dominiert das H₂PO₄⁻. Da pK₂≈7, stellt sich bei sehr hoher Verdünnung, wenn pH→7, ungefähr ein 1:1-Gleichgewicht aus H₂PO₄⁻ und HPO₄²⁻ ein.
Zuletzt noch die Zitronensäure. Hier liegen die pHₐ-Werte knapp zusammen (pK₁=3.09, pK₂=4.75 und pK₃=5.41), und alle sind deutlich kleiner als 7. Im Konzentrationsbereich von 10⁻³ bis 10⁻⁴ mol/l sind daher zwei Protolysestufen gleichzeitig aktiv, und man erhält eine ziemlich komplex zusammengesetzte Lösung. Für jede der vier Spezies gibt es einen Konzentrationsbereich, in dem diese dominiert.




Schau dir mal die Titrationskurve von H3PO4 mit NaOH an, dann siehst du, daß die dritte Protolysestufe schon weit im stark alkalischen Bereich liegt.
m.f.G.
anwesende
Vergleich die Dissoziationskonstante der 1. und 2. Stufe für z.B. H2CO3. Die 1. Konstante ist ziemlich größer, als 2. D.h. die Säure H2CO3 ist stärker, als HCO3-