Warum hat die Kirche an das Geozentrische Weltbild geglaubt?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das geozentrische Weltbild war seit der Antike (ca. 200 v. C.) das allgemein akzeptierte Weltbild und hat mit der Kirche später überhaupt nichts zu tun. Dieses Weltbild war sehr nah an der Alltagserfahrung dran. Von daher gab es bis ins spätere Mittelalter hinein keinen Grund, daran zu zweifeln. Die Kirche hat selbstverständlich dieses Weltbild übernommen; außerdem widersprach dieses nicht der Bibel.

Die Frage ist vielmehr, wie kam man überhaupt zu der Überzeugung, dass die Erde der (ruhende) Mittelpunkt der Welt war und die Sonne und die anderen Himmelskörper (Sterne, Planeten, Mond) um die Erde kreisen?

Zum Einen wusste man seit der Antike, dass die Erde die Form einer Kugel hatte. Ebenso hatte man eine ziemlich genaue Vorstellung von der Größe dieser Kugel, die bereits berechnet war. Sie kamen damals mit umgerechnet ca. 39.000 km Umfang erstaunlich genau an die tatsächliche Größe der Erde heran.

Dass die Erde rotiert, war für sie unvorstellbar, denn durch welche Kraft sollte diese Kugel mit dieser enormen Masse in Bewegung gehalten werden? Die alltägliche Erfahrung war ja, wenn man etwas in Bewegung bringt, muss diese Kraft beständig einwirken, damit die Bewegung erhalten bleibt. Also wer oder was sollte diese riesige Kugel auf welche Weise in Bewegung halten? Von daher war die Vorstellung gar nicht so dumm — wie manche meinen — dass die Erde ruht und Mond und Sterne um die Erde kreisen. Dazu hatte man auch keine Vorstellung von der tatsächlichen Größe und Entfernung dieser Himmelskörper und konnte diese auch nicht feststellen.

Das geozentrische Weltbild wurde erst durch die Beobachtung von (wiederkehrenden) Kometen erschüttert. Bis dahin hatte man so eine Art massives Schalenmodell für die Himmelskörper. Nun waren es Kometen, die praktisch diese Schalen durchkreuzten, was sie eigentlich nicht können durften. Somit konnte dieses Schalenmodell nicht stimmen.

Die Idee des heliozentrischen Weltbildes durch Nikolaus Kopernikus im 15. Jahrhundert wurde damals nicht nur von der Kirche, sondern auch von der Wissenschaftsgemeinde mehr oder minder ignoriert oder gar abgelehnt. Kopernikus zögerte auch sehr, seine Ideen zu veröffentlichen, trotz Ermutigung auch seitens einiger hochrangiger kirchlicher Würdenträger, da er befürchtete, mit seinen Ideen in eine Art "esoterische Ecke" gestellt zu werden.

Ohne Fernrohr war es nicht möglich, diese Ideen zu beweisen. Entscheidende Fortschritte wurden deshalb erst mit der Erfindung des Fernrohrs gemacht (1608), das zunächst hauptsächlich militärisch und kaum wissenschaftlich genutzt wurde, zumindest vom Interesse her. Erst Galileo Galilei erbrachte durch die Verwendung eines Fernrohrs zwar den Nachweis, löste aber zunächst eine kontroverse Diskussion der Ideen von Kopernikus aus. Es dauerte nicht nur für die Kirche, sondern auch für die Astronomie noch geraume Zeit, bis sich diese Erkenntnisse durchsetzen konnten, zu sehr widersprachen diese der Alltagserfahrung.

Also, die Kirche hat nicht an das geozentrische Weltbild geglaubt, sondern es war lange Zeit eine sehr schlüssige und allgemein akzeptierte Vorstellung der Welt. Und es gab für die Kirche eben keinen Grund, diese Vorstellung infrage zu stellen.

Es war nur eine Herleitung aus der Schöpfungsgeschichte. Der Mensch als Oberhaupt der Schöpfung stand dort als Höchstes, als muss er bzw. unsere Welt das Zentrum des Universums sein. Das war also nicht willkürlich, sondern nur ein Trugschluss. Aber man wusste es auch nicht besser. Und nicht nur "die Kirche", sondern alle Menschen waren damals - auch schon davor - derselben Meinung.

Zwar gab es im alten Griechenland erste zaghafte Versuche einer heliozentrischen Erklärung, die sich aber nicht durchsetzte. Aber man muss dem zugute Halten, dass sich damals niemand für solche Fragen interessierte - die Menschen hatten andere Probleme.

Erst gegen 1200 entstand in der islamischen Welt die Erkenntnis, dass die Beobachtungen nicht mit der Theorie eines geozentrischen Weltbildes übereinstimmten. Im Okzident dauerte es noch 300 Jahre bis solche Zweifel kamen. Als Kopernikus 1510 das heliozentrische Weltbild darstellte schüttelte erstmal jeder den Kopf! Wenn seit Menschengedenken das Alte galt, warum sollte plötzlich das Neue richtig sein? Das dauerte nicht nur bei der Kirche, sondern bei allen Menschen etwas länger.

Der Prozess bis sich das neue Weltbild allgemein durchsetzte dauerte dann nochmal länger. Es war ja eine Diskussion von Gelehrten.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung