War Wilhelm Tell ein Held oder ein Mörder? Und wieso?

2 Antworten

Ich brauch auch alles mögliche schnell ...

Grundsätzlich: einfaches Schwarz-Weiß gibt es in der Realität selten oder gar nicht. Das ist eine Hollywood-Legende.

Es ist bei den meisten interessanten Heldenfiguren so, dass man das nicht einfach auseinanderhalten kann. Zum klassischen Heldentum gehört oft die Tragik der Verstrickung in mindestens moralisch zweifelhaftes Handeln.

Letztlich kommt es auf die Perspektive an. Man kann die beiden Sichtweisen ("Staat: Terrorist" vs. "Bevölkerung: Freiheitskämpfer") nur jeweils für sich schildern, nebeneinander stellen und dann je nach eigener Haltung eine Einschätzung vornehmen.

Hinzu kommt dann natürlich immer die Frage des Erfolgs. Geschichte wird ja bekanntlich meist von den Siegern geschrieben.

Da Wilhelm Tell mit ziemlicher Sicherheit gar nicht existierte, sondern eine mythische Figur des Zeitgeistes um 1750 - ca. 1880 war, also in einer Zeit, als jede Nation nach Helden und Freiheitskämpfern suchte und fast überall eine regelrechte Heldenverehrung getätigt wurde und auch eine ganze Menge Denkmäler für grosse und weniger grosse Helden errichtete, ist die Frage zur Person ohne Realitätsbezug. Du kannst auch Arnold Winkelried heranziehen. Seine Person ist deutlich besser historisch belegt.

Aber sei's drum.

Held oder Mörder ist eine moralische Betrachtung. Merke: Moral ist sehr zeitgeistabhängig und äusserst veränderlich!

Seine Tat, also das Attentat in der Hohlen Gasse auf Gessler, war unter zeitgenössischer Überlieferung eine Heldentat eines revolutionären Freiheitskämpfers und die Befreiung von einem durch eine ausländische Besatzungsmacht eingesetzten Regionalfürsten und Tyrannen zu sehen.

Heute könnte man ihn unter veränderten Blickwinkeln auch als Attentäter und Mörder an einem Lokalpolitiker sehen.

Das zentrale an der Betrachtung ist die Moralperspektive. Die Frage lässt sich also nicht mit entweder-oder beantworten, sondern nur unter vorgängiger Festlegung auf irgendwelche Moralwerte.