Neuzeitliches Weltbild?

4 Antworten

Teil 2, Neuzeit

Materialistisch-reduktionistischer Ansatz

Mit der Begründung des mechanistischen Weltbildes durch Réne Descartes im Jahre 1600, nachdem der Mensch wie eine Maschine bzw. ein Uhrwerk aus Einzelteilen aufgebaut ist, konnte der Dualismus zwischen Leib und Geist nicht aufgelöst werden, da nirgendwo im Uhrwerk Mensch lein Rädchen "Geist" gefunden werden konnte.

Basierend auf diesem Weltbild Descartes’ entwickelte sich die deterministische bzw. reduktionistische Physik. Beide Begriffe sind inhaltlich gleichwertig, nur aus einer anderen Perspektive betrachtet. Sie setzen beide die universelle Gültigkeit des Kausalitätsprinzips voraus. Kennt man die Grundlagen (Ursachen) kann man daraus deterministisch exakt auf die Folgen schließen. Kennt man die Folgen (Wirkungen), kann man reduktionistisch auf die Ursachen schließen. Innerhalb dieses Weltbildes konnte aber ebenfalls nicht erklärt werden, was Geist bzw. Bewusstsein eigentlich sind und wie sie entsteht. Dieses Problem führte letztlich auch zu dem Schisma (Trennung) zwischen Geistes- und Naturwissenschaften.

Galileo steltte durch systematische Untersuchungen fest, dass das geozentrische Weltbild falsch ist und begründete das heliozentrische Weltbild. Aber auch dieses wurde erweitert. Im Jahre 1923 en tdeckte der Astronom Hubble, dass wir nur in einer von Milliarden von Galaxien im Universum leben.

Das mechanistische (materialistische, physikalistische, reduzible) Weltbild ist tot. Der entscheidende Impuls kam wieder aus der Physik. Ilya Prigogine zeigte in seiner Theorie Dissipativer Strukturen, dass der Mensch eben keine Maschine ist. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass Maschinen geschlossene Systeme nahe des thermodynamischen Gleichgewichtes sind und im Bereich der „reinen Ordnung“ arbeiten, während alles, was lebt, ein gegenüber der Umwelt offenes System darstellt, das sich fernab des thermodynamischen Gleichgewichtes befindet und bei dem aus dem Wechselspiel zwischen Ordnung und Chaos neue Strukturen emergieren können.

Emergentistischer Ansatz

Dieses völlig neue Weltbild schuf Ilya Prigogine mit seiner Theorie Dissipativer Strukturen, für die er 1977 den Nobelpreis erhielt. In dieser Theorie zeigt er unter anderem, dass viele natürliche Phänomene nicht mehr materialistisch durch das Kausalitätsprinzip erklärbar sind, sondern dass sie emergente Erscheinungen eines komplexen Systems darstellen, das in intensiven Wechselwirkungen mit seiner Umwelt steht. Solche emergenten Erscheinungen sind grundsätzlich irreduzibel, d.h., sie lassen sich keinesfalls mehr auf tieferliegende Ursachen reduzieren. Sie sind etwas Neues und als solches auch nur ganzheitlich und an sich phänomenologisch weiter zu erforschen. Prigogine plädiert darauf basierend, das Schisma von Natur- und Geisteswissenschaften zu überwinden und beide wieder zu vereinigen. Für Prigoine sind Geist und Bewusstsein emergente Erscheinungen des Gehirns, das sowohl auf materieller, energetischer als auch informeller Ebene stark mit seiner Umwelt wechselwirkt. Prigogine zeigt in seiner Theorie genau, was physikalisch im Gehirn passiert, damit aus der Dissipation von Energie Geist und Bewusstsein emergieren kann. Diese Physik, die da abläuft, hat einen ganz neuen Zweig der Physik begründet, den man als die Physik des Lebens bezeichnen könnte. Zu finden ist das insbesondere unter den Stichworten nichtlineare Thermodynamik, nichtlineare Physik, nichtlineare Dynamik, deterministisches Chaos, dissipative Strukturen oder auch Komplexitätstheorie.

Bei dieser neuen emergentistischen Betrachtungsweise gibt es auch keinen Dualismus Leib-Geist mehr, denn beide können nicht mehr getrennt (reduktionistisch), sondern nur noch gesamtheitlich betrachtet werden. Sein neues emergentistisches Weltbild durchdringt zur Zeit sämtliche Human- und Lebenswissenschaften.

Materie (Körper), Energie (Seele) und Information (Geist) hängen eng miteinander zusammen und können nicht getrennt betrachtet werden. Das Ganze kann auch nicht betrachtet werden ohne die Wechselwirkungen mit der Umwelt zu beachten. Alles zusammen ergibt am Ende das „ICH“. Ändert sich auch nur einer der Faktoren, handelt es sich nicht mehr um das selbe „ICH“.

Einer der ersten Wissenschaftsphilosophen, der dieses neue Weltbild adaptiert und propagiert hatte, war Karl Jaspers.

Diese Auffassung verbreitet sich zur Zeit rasant in allen Wissenschaftsbereichen, die mit komplexen bzw. lebenden Systemen zu tun haben. Das wären z.B. Biologie, Hirnforschung, Kognitions- und Bewusstseinsforschung, Psychologie, Ökologie, Ökonomie, Medizin etc. pp. Kurz gesagt: aus der Gesamtheit des Körpers emergiert das, was wir Geist und Seele nennen. Die Aufteilung in Körper, Geist und Seele ist nunmehr keine Annahme der Wirklichkeit mehr sondern ist ein menschliches Konstrukt innerhalb der Modellbildung. Das ist zwar teils sehr praktisch und wird deshalb auch noch gemacht. Allerdings muss man sich dann immer bewusst sein, dass dies nur eine Hilfskonstruktion für bestimmte Betrachtungen ist, dass aber tatsächlich alle drei eng miteinander zusammenhängen und miteinander wechselwirken. Daher setzt sich auch mehr und mehr die Auffassung durch, dass bei gewissen Störungen der Mensch gesamtheitlich (systemisch) gesehen werden muss und eine Reduktion auf Körper, Seele oder Geist zu keinen vernünftigen Ergebnissen bzw. Diagnosen führt.

Einen entsprechend fortschrittlichen und konsequenten Ansatz im Sinne Prigogines und Poppers, das Phänomen Geist und Bewusstsein zu erklären, vertritt m.E. Thomas Fuchs. Er hat, Nomen est Omen, an der Universitätsklinik Heidelberg die Karl Jaspers-Professur für Philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie inne und vereinigt auf herausragende Weise seine praktischen Erfahrungen als Mediziner mit der Philosophie des Geistes und deren physikalischen Grundlagen. Er betrachtet den Menschen als eine Gesamtheit und löst damit den Leib-Geist-Dualismus endgültig auf. Im Sinne der Theorie dissipativer Strukturen beleuchtet er intensiv die Wechselwirkungen der einzelnen Komponenten innerhalb des Menschen sowie die Wechselwirkungen des Menschen mit seiner Umgebung und verzichtet dabei auf jeglichen Reduktionismus. Er betrachtet stattdessen das Bewusstsein im Sinne Prigogines und Poppers hauptsächlich phänomenologisch.

Im Bereich der Teilchenphysik fängt sich das neue emergentistische Weltbild erst lamgsam an, durchzusetzen. Dies hängt letztich damit zusammen, dass alle reduktionistischen Erklärungen neue Teilchen fordern, von denen sich bislang aber kein einziges, wider aller Erwartungen, im CERN bislang zeigen wollte.

1. Teil, Antike bis Neuzeit.

Zur Abgrenzung des Themas: behandle das Thema unter der Eingrenzung "physikalisch und abendländisch". Es gibt viele Weltbilder in Religion, Philosphie, Astronomie und auch örtlich verschieden. Örtlich verschieden meint, dass in China oder Südamerika sicher andere Weltbilder vorherrschten als in unserer abendländischen Kultur.

Was ist ein physikalisches Weltbild? www.spektrum.de/lexikon/physik/weltbild-der-physik/15530):
"Weltbild der Physik, die Summe der zu einer bestimmten Zeit gültigen physikalischen Theorien, physikalischen Prinzipien, implizit wirksamen Hintergrundüberzeugungen und Erkenntnissen der philosophischen Reflektion über die Physik."

Antike:

Typisch für die Antike war die Einheit aller Wissenschaften und der Religion. Daher ist schwierig, nach physikalisch und nicht physikalisch zu unterscheiden. Es gab in der Antike viele Denkrichtungen, die unsere heutigen Weltbilder zumindest in Ansätzen bzw. der grundlegenden Prinzipien, vorwegnahmen. Das ganze geht etwas in die Richtung ganzheitlich-mystisch-astrologisch. Viele physikalische Phänomene wurden mystisch gesehen, oft waren Götter am Werk. Es gab aber auch Versuche der Analyse und strukturierten Beobachtung. Die wichtigste gesellschaftliche und wissenschaftliche Strellung nahm insgesamt die Astrologie ein. Für den Aufbau des Weltalls galt das geozentrische Weltbild.

Platon (z.T. aus wikipedia/schräg gestellt): Beschäftigte sich vor allem mit dem Geistigen und wollte nur durch Überlegungen die Natur der Welt erkennen. Empirische Naturwissenschaft, also messen und beobachten, lehnte er als minderwertig ab. Die Natur sei letztlich doch nur das Spiegelbild von Ideen.

Die Ur-Materie weist eine räumliche Qualität auf, was aber nicht im Sinne eines leeren Raums zu verstehen ist; eher kann man sie als ein Feld betrachten, das nach Platons Angaben bereits Spuren der Elemente aufweist.[194] Sie ist der gebärfreudige „Schoß des Werdens“, aus dem die Körper entstehen,[195] das rein Empfangende, das – selbst formlos – alle Formen aufnimmt. Feuer, Luft, Wasser und Erde sind die vier Grundformen der vom Demiurgen gestalteten Materie, die sich mit Ausnahme der Erde ineinander umwandeln können.[196] Diese vier Elemente bestehen aus vier Arten von regelmäßigen Polyedern, die sich ihrerseits aus zwei Arten von kleinen rechtwinklig-gleichschenkligen Dreiecken – einer Art geometrischer Atome – zusammensetzen.[197] Die Elementardreiecke sind als einfachste geometrische Figuren die Grundbausteine, aus deren unterschiedlichen Kombinationen sich die Vielfalt der materiellen Objekte ergibt, etwa die Aggregatzustände des Wassers oder die Abstufungen des Festen von Erde zu Stein. Mit dieser Kosmologie gehört Platon zusammen mit Demokrit zu den Schöpfern der Vorstellung einer atomaren Struktur der Materie und der Elemente und ist der Begründer eines mathematischen Atomismus. Platon nimmt zwei heute gültigen Vorstellungen vorweg:- die Welt besteht aus kleinsten Teilchen, den Atomen- Ein Hauptmerkmal des platonischen Kosmos besteht darin, dass er nicht tot ist, sondern beseelt, lebendig und mit Vernunft ausgestattet, ein ewiges, vollkommenes Wesen. Dies verdankt er der Weltseele, die ihn durchdringt und umhüllt.[199] Die Weltseele ist das Prinzip der Weltbewegung und des Lebens.

Kommentar: diese Vorstellung widerspricht dem späteren Determinismus radikal. dafür aber der heute gültigen Emergenztheorie, die allerdings auf die Weltseele verzichtetz und das ganze mit Dissipativen Strukturen erklärt.

Aristoteles:

- Hauptsatz des Aristoteles: "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile."


Dieser Satz widerspricht dem Determinismus und nimmt das heute gültige physikalische Weltbild vorweg, das durch Ilya Prigogine begründet wurde. - legte die vier Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft als Grundbausteine des Universums fest.
- Bei Aristoteles war Physik in erster Linie die philosophische Erörterung von Begriffen wie Raum, Zeit, Bewegung und Kausalität, und bis ins 18. Jahrhundert hinein umfaßte sie die naturwissenschaftliche Forschung schlechthin.

Euklid

Führte die Methodik ein, dass in der Physik Definitionen, Postulate und Axiome am den Anfang aller Überlegungen stehen und daraus deduktiv neue Erkenntnisse abgeleitet werden können. Im Sinne Platons sollte das zunächst aber auch nur geistig erfolgen. Euklid kann als einer der ersten Vertreter eines physikalischen Determinismus gesehen werden.

Archimedes

Archimedes übernahm die Auffassung von Euklid, war aber der Meinung, das müsse durch praktische Versuche und Messungen ergänzt werden. Damit leitete er eine sehr fruchtbare Phase der praktischen Physik ein, die die Grundlage für die Entwicklung antiker Technik diente, z.B
.- Ktesibios (um 190 v.u.Z.) erfand eine Feuerspritze, Luftpumpen, Wasseruhren
- Philon von Byzanz entwickelte verschiedene hebezeuge- Heron von Alexandria (neben Imhotep der bedeutenste Ingenieur der Antike) entwickelte jede Menge Apparate mit Luft
- Dampf- oder Wasserantrieb. Er baute z.B. die erste Dampfturbine der Welt.

Philo von Alexandria verurteilt den Determinismus Euklids und sieht darin die Freiheit des Menschen bedroht.

Römisches Reich:
 hier wurde die Physik der oben genannten Griechen ab Archimedes übernommen, aber kaum weiterentwickelt.

Frühes Mittelalter:
 das antike Wissen ging teils unabsichtlich (Hunnensturm), teils absichtlich verloren. Es gab kein physikalisches Weltbild mehr. Die katholische Kirche vertrat die Auffassung, alles was der Mensch wissen muss, steht in der Bibel. Weiter Bücher und Erkenntnisse sind überflüssig. Dieses Weltbild könnte man in der Summe religiös-mythologisch nennen.

Mittelalter: 
Das verlorene antike Wissen wurde von arabischen Gelehrten bewahrt und niedergeschrieben sowie weiterentwickelt. Es gelangte in Klosterbibliotheken und von dort regte sich der erste Widerstand gegen die Erkenntnisfeindlichkeit der Kirche.

Roger Bacon war der erste Rebell, der die Ideen von Archimedes wieder aufnahm und der Meinung war, nur mit wissenschaftlichen Methoden könne man unabhängig von Dogmen und religiösen Schriften objektive Wahrheiten herausfinden. Er beschuldigte den Papst, Kardinäle und Könige der hemmungslosen Dummheit, wenn sie sich nur auf die Bibel verließen. Lange vor da Vinci kündigte er an, dass mit Hilfe der Wissenschaft Teleskope, Augengläser, Flugzeuge, Hochgeschwindigkeitsmotoren, selbstfahrende Schiffe und vieles andere möglich sein müsste. Letztlich verschwand er dafür im Gefängnis.

Die physikalische Neuzeit begann mit René Descartes.

Die Aufgabenstellung ist nicht sehr eindeutig: Geht es "nur" um das Bild, das die Astronomie vom Universum zeichnet - im Sinne einer Weiterentwicklung des heliozentrischen Weltbildes unseres Sonnensystems hin zu Galaxien, Galaxienhaufen, Superhaufen und Filamenten?

Oder geht es auch um die Gedankenwelt der Aufklärung und den Stellenwert wissenschaftlicher Forschung in der heutigen "postfaktischen" Zeit?

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abschluss als Diplom-Physiker
smurle 
Fragesteller
 05.11.2018, 14:20

Es geht nur um das Bild 🙈

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