Narzisst?

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Ein Narzisst ist jemand, der stark auf Anerkennung aus ist, dem es sehr wichtig ist, sich selbst äußerst positiv zu sehen und von Anderen äußerst positiv gesehen zu werden. Dieses Bedürfnis ist so stark, dass zwischenmenschliche Beziehungen darunter leiden und / oder sehr oberflächlich bleiben.

Manche gehen davon aus, dass neben dem positiven Selbstbild bei Narzissmus immer auch ein sehr negatives Selbstbild vorliegt. Das überaus positive Selbstbild kann man dann als eine Art kompensatorisches Selbstbild verstehen.

Dadurch, dass aber auch negative Überzeugungen über sich selbst vorliegen, sind Narzissen sehr kritikempfindlich (verarbeiten selbst eine auf eine bestimmte Sache bezogene Kritik als Abwertung ihrer Person, weil Kritik die negativen Überzeugungen triggert).

Du erkennst einen Narzissten an folgenden Verhaltensweisen:

  • stellt sich im Gespräch immer als besonders kompetent, schlau, schön, beliebt usw. dar. D.h., ein Narzisst stellt im Gespräch seine positiven Eigenschaften in den Vordergrund.
  • interessiert sich wenig für Dich, das Gespräch dreht sich eher um den Narzissten.
  • "bestraft" dich dafür, wenn Du ihm negatives Feedback gibst. Reagiert ganz stark darauf, wird sauer auf Dich, erklärt Dir, warum Du eine falsche Wahrnehmung hast und was mit Dir nicht stimmt.
  • Der Narzisst kann alles und jeden bewerten, über die Kompetenz Anderer urteilen.
  • Narzissten setzen Regeln, wie die Dinge zu laufen haben. Stellen hohe Anforderungen an Andere, aber nicht unbedingt an sich selbst.

Um jemanden als Narzissten zu identifizieren, reicht eine Beobachtung nicht aus. Es muss schon ein durchgehendes Muster sein, das man über viele Situationen hinweg beobachten kann.

Bei "gemein" und "egoistisch" fehlt der Anerkenungsaspekt, die positive Selbstdarstellung, die Du bei Narzissten auf jeden Fall hast.


Genauso197 
Fragesteller
 18.04.2022, 23:27

Dankeschön für deine ausführliche Antwort!

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Narzisst ist ein Begriff, der im Zusammenhang mit dem Begriff "Narzissmus" entstanden ist und eine Person benennen soll, der man glaubt, "Narzissmus" attestieren zu können.

Der Erfinder des Begriffes "Narcismus", Paul Näcke, definiert in einem Artikel von 1899: "nur da, wo das Betrachten des eigenen Ichs oder seiner Teile von deutlichen Zeichen des Orgasmus begleitet ist, kann mit Fug und Recht von Narcismus gesprochen werden."

Näcke hält dieses Symptom für etwas sehr seltenes. Er hat es zwischen 1899 und 1906 bei einer von ca. 1000 Frauen und bei einem von ca. 500 Männern in der Irrenanstalt Hubertusburg bei Leipzig (die er damals selbst leitete) gefunden. Für ihn ist auch klar, dass Narzissmus NICHTS mit Homosexualität zu tun hat.

Der Begriff Narzissmus wird ab 1909 zunehmend von den VertreterInnen der sog. "Psychoanalyse" übernommen. Nach Isidor Sadger - ein früher Anhänger von Sigmund Freud - ist "Narzissmus" "die Verliebtheit in die eigenen Genitalien" und als solche ein notwendiges Entwicklungsstadium (publiziert 1910). Das heißt: Narzissmus kommt praktisch bei jedem Menschen vor. Und: Wer sich in seiner Entwicklung nicht von seinem Narzissmus löst, entwickelt Homosexualität. (Sigmund Freud spricht den Überlegungen Sadgers seine Anerkennung aus.) Ratzfatz sind die Definitions-Elemente des "Erfinders" dieses Begriffes aufgelöst und quasi in ihr Gegenteil verkehrt.

Die Merkwürdigkeiten um diese Begriffsbildung sind damit noch keineswegs erschöpft. Es wurde schon früh bemängelt, dass dieser Begriff eigentlich ziemlich unklar sei. Trotzdem wird er von vielen Menschen leidenschaftlich gern benutzt. Professor Claas-Hinrich Lammers hat in Publikationen aus den Jahren 2017 bis 2021 eine sehr kritische Sicht auf den Begriff Narzissmus. Er schreibt beispielsweise (in: Bin ich ein Narztisst? Oder einfach nur selbstbewusst?, 2021): "Es gibt keinen Narzissmus". Und: "Kein Mensch ist ein Narzisst." Im Jahr 2023 spricht er dann allerdings - im völligen Widerspruch zu den gerade zitierten Äußerungen - in Interviews mit der WELT ausführlich von verschiedenen Arten des Narzissmus und von Narzissten. Die Verwirrung hält also weiter an.

Auf meiner Webseite gebe ich zunächst eine recht detaillierte Sicht auf den Mythos von Narziss, der in der Antike in sieben Varianten erzählt wird. (Sie wurden bereits 1856 von Friedrich Wieseler zusammengestellt.) Hier wird deutlich: Narziss leidet, weil ihm geliebte Angehörige, die ihm ähnlich sehen - Zwillingsschwester, Vater, Mutter - verloren gehen. Der Griff nach seinem Spiegelbild im Wasser symbolisiert sehr plastisch dieses vergebliche Festhalten Wollen des verrinnenden Lebens. Andererseits leidet er daran, dass sich ihm ungeliebte Menschen - zwei Männer und eine "hohle" Nymphe - sexuell aufdrängen wollen. Auf seine - völlig berechtigte! - Zurückweisung reagieresn sie mit der Vermittlung von psychischer und physischer Gewalt.

Aufgrund meines echten Interesses für den Mythos konnte ich einen Fake-Mythos von Narziss enttarnen, der 2005 in der deutschen Wikipedia erfunden worden war. (Vgl.: https://narzissmus-diskussion.de/fake-mythen/.) Aufgrund meiner Beiträge wurde dieser groteske Fake-Mythos 2020 aus Wikipedia gelöscht. (Auf der Diskussionsseite von Wikipedia zum Eintrag "Narziss" werde ich immerhin als der Anstoßgeber genannt.) Dieser Fake-Mythos hat jedoch über 15 Jahre lang sein Unwesen getrieben. Er hat sich bereits in etliche Stellen der "Fachliteratur" eingeschlichen. Bislang habe ich 90 Belegstellen gefunden. (Vgl.: https://narzissmus-diskussion.de/fake-mythen/reingefallen/.)

Anhand ausführlicher Quellen-Zitate erläutere ich die Entstehung des Begriffes "Narzissmus". Dann untersuche ich mehrere neuere Fachbücher, die ihre Vorstellungen von dem Mythos vorbringen. Dabei offenbart sich in der Regel ein profundes Unverständnis bei den "Fachleuten", etwa dann, wenn sie dem Narziss vorhalten, wie sehr er doch beziehungsunfähig sei: Da hat er doch glatt die Liebeswünsche zweier Männer - Ameinias und Ellops - zurückgewiesen! Na so was aber auch!?

Und es geht noch schlimmer: Aus eigener Anschauung und aus der "Fachliteratur" beschreibe ich, was mit der Narzissmus-Diagnose alles angerichtet werden kann: Ein Mobbingopfer wird zum Täter erklärt, ebenso eine Frau, die von ihrem verheirateten Therapeuten in der Therapie verführt und dann fallengelassen wurde. (Sie nahm sich daraufhin das Leben.) Einer gesunden Frau wird mit dieser herbeigeschwafelten "Diagnose" (belegt mit Zitaten aus dem "Gutachten") das Kind weggenommen.

Aus meiner Sicht kann ich der alten Position von Herrn Lammers nur voll und ganz zustimmen: Es gibt keinen "Narzissmus". Kein Mensch ist ein Narzisst. Man sollte problematische Verhaltensweisen, die man einem bestimmen Menschen ankreiden will, so konkret wie möglich benennen. Alles andere ist Unfug und führt nur ganz schnell in eine völlig undifferenzierte, unbegründete Anschuldigung.

Im Detail - bei Interesse und Bedarf - nachzulesen unter https://narzissmus-diskussion.de.

Woher ich das weiß:Recherche

Eine Persönlichkeitsstörung, die mit Größenwahn, sich selbst zu wichtig nehmen, und wenig Empathie einhergehen.

Man unterscheidet noch zwischen grandiosen Narzisten: sie sind Eitel, manipulativ, charmant, verkaufen sich und schreiben sich auch gerne selbst die Leistungen anderer zu; nicht selten beruflich erfolgreich.

und verletzlichen Narzisten: sie haben eher das Gefühl, die Welt habe sich gegen sie verschworen, neigen zur depressiven Stimmung

DSM 5 Katalog steht alles was du wissen musst um es festzustellen. PS Jemand der sehr egoistisch ist tendiert grd. in Richtung toxisch narzisstisch. Viele setzen ein gesundes Maß an Selbstliebe mit Egoismus gleich. Das ist wie Tag und Nacht.