Mathe: Integralrechnung - benötigte Energie, um Rakete außerhalb der Erdanziehungskraft zu bringen

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Konkretere Ergänzungen:

A. Um eine potenzielle Energie zu Überwindung einer so große Höhendifferenz, dass dieser Vorgang eine Veränderung der Gravitationsbeschleunigung bewirkt, berechnen zu können, verallgemeinerst du die Formel für die potenzielle Energie (m Masse der Rakete, g Fallbeschleunigung in der Nähe des Erdbodens, h gegenüber dem Erdradius zu venachlässigender Höherunterschied):

E = m * g * h

zu

E = ∫ m a(r) dr; (1)

ist die vom Abstand r der Massenmittelpunkte des Rakete und der Erde abhängige Fallbeschleunigung a(r) eine Konstante a(r) = g , so kommt wieder die alte Formel heraus, wenn du zwischen den Integrationsgrenzen 0 und h integrierst. g(r) kann aber (wie gefordert) auch eine nicht konstanten Funktion sein, so dass du in diesem Fall über die differentiell kleinen Höhenunterschiede dr integrierst.


B. Auf die Idee einer solchen Schreibweise bin ich gekommen, weil ich weiß, dass die bekannte Arbeitsdefinition "W = F * s" eigentlich lautet: "W = ∫ F(s) ds". Für die Spannarbeit einer Feder gilt z.B. "W = ∫ D s ds = D s² / 2", weil eine Feder während ihrer Dehnung in jeder Position eine mit dem Dehnungsweg proportional zunehmende Kraft entwickelt; die "Mittelstufen-Definition" W = F * s zur Berechnung einer verrichteten Arbeit gilt eben nur, wenn die Kraft über den betrachteten Weg konstant ist (was bei Schieben einer Last auf einen Berg der Fall ist, beim Auseinanderziehen einer Feder aber nicht).


C. Mit dem Newtonschen Gravitationsgesetz (>http://de.wikipedia.org/wiki/Newtonsches_Gravitationsgesetz) ist nun (F Gravitationskraft, G Gravitationskonstante, M Masse der Erde)

F = GMm/r²

und dem Ersten Newtonschen Axiom F = m * a folgt

F/m = a(r) = GM/r²; (2)

Nachrechnung mit r = r0 = Erdradius = 6370 * 10^3 m, M = Erdmasse = 5,974 · 10^24 kg, G = 6,673 * 10^(-11) m³/(kg s²) ergibt a = 9,824 m/s² für die Graviationsbeschleunigung am Erdboden; das ist etwas mehr als der in Quellen angegebene Wert von 9,81 m/s². Das könnte daran liegen, dass die Rechnung sich auf eine im Raum ruhende Erde bezieht und die Fliehkraft durch die Erddrehung nicht berücksichtigt.


D. Einsetzen von (2) in (1), wobei die Grenzen des Integrals r0 und +∞ sind; ausführlicher schreibst du dieses uneigentliche Intergral erster Art mit einer kritischen Grenze auch als Integral in den Grenzen 0 bis x und betrachtest dann den lim jenes Integrals für x → ∞ (was auf das Gleiche hinausläuft).

E = ∫ m a(r) dr = ∫ m G M dr / r² = M G m ∫ dr / r²; Stammfunktion:

E = -m G M / (r) | in den Grenzen r0 bis +∞

E = + m G M / r0 = m * 6,258 * 10^7 (Nm); auch dieser Wert sollte etwas oberhalb des wahren Wertes liegen, weil der Effekt der Zentrifugalkraft nicht berücksichtigt ist.


E. Dieser (mit Sicherheit abgesichert bekannte und auch schriftlich erhältliche) Herleitung ist erst einmal meine "Marke Eigenbau"; die Formel ist aber bestätigt durch die rechte Seite der Ungleichung im Abschnitt "Zweite kosmische Geschwindigkeit oder Fluchtgeschwindigkeit" des Wikipedia-Artikels "Kosmische Geschwindigkeiten".

Taabus 
Fragesteller
 20.05.2013, 10:53

Vielen Dank für die verständliche Erklärung!

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Hier geht es um ein uneigentliches Intergral erster Art mit einer kritischen Grenze, denn die Gravitation wirkt (mathematisch gesehen) vom Erdmittelpunkt aus bin ins Unendliche fort.

Leider habe ich gerade sehr wenig Zeit. Einige Brocken:

Eine Definition und einfache Beispiele findest du in >http://de.wikipedia.org/wiki/Uneigentliches_Integral .

Die potenzielle Energie, die aufgebracht werden muss, um einen Körper vom Erdmittelpunkt zu enfernen, lässt sich hienieden berechnen mit E = m * g * h. In ein paar tausend km Höhe ist die Konstante g jedoch nicht mehr anwendbar, sondern die Gravitationskonstante g ist durch die (allgemeinere) Gravitationsbeschleunigung a zu ersetzen, siehe dazu den Wikpedia-Artiekl "Newtonsches Gravitationsgesetz".

Da a von der Distanz r der Massenmittelpunkt (deiner Rakete und der Erde) abhängt, ergibt sich für eine ins Weltall startende Rakete eine Integrationsaufgabe, mit der die Summe der r-abhängigen potenziellen Energie zu ermitteln ist (die Raketen verlässt das Schwerefeld genau dann, wenn ihre kinetische Energie größer ist als die so berechnete potenzielle Energie insgesamt). Weiteres hierzu wiederum findest du sicher unter "Fluchtgeschwindigkeit".

Taabus 
Fragesteller
 19.05.2013, 18:41

Vielen Dank für die schnelle Antwort! Hilft mir bestimmt weiter :) Liebe Grüße!

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