Lila Wellensittiche, Fotoshop oder real?
Habe soeben in einer Frage das Profilfoto eines Antworters gesehen, das einen blauen und einen lilanen Wellensittich zeigt.
Soweit mir bekannt ist, gibt es Wellensittiche mit blauen und gelben Farbgenen aus denen auch graue und grüne Farben entstehen.
Für Lila benötigt man nach meinem Verständnis noch ein rotes Farbgen.
Handelt es sich um eine Kreuzung oder gibt es wirklich natürlich entstandene lilane Wellensittiche?
8 Antworten
Die lila Wellensittiche sind natürlich nicht real und da es diese auch niemals geben kann, besonders beliebte Fake-Fotos im Internet.
Einfach erklärt, fehlt den Wellensittichen das Gen zu Bildung des roten Gefiederfarbstoffes, wie man diesen von anderen Sittichen kennt.
Sämtliche Farbschläge stellen somit eine Kombination des gelben und des "blauen" Gefiederfarbstoffes in verschiedenen Helligkeitsstufen dar.
Etwas wissenschaftlicher:
Wellensittichen besitzen die zwei Gefiederfarbstoffe, "Psittacin" (gelb) und "Melanin" (schwarz/braun). Die Farbe Blau wird durch Mikrostrukturen mit eingelagerten Melanin erzeugt, indem von diesen nur kurzwelliges, also blaues Licht reflektiert wird.
Die ursprünglichen grünen Wellensittiche (Grünreihe) sind also eine Kombination aus Gelb und Blau. Die Blaureihe kommt durch das Fehlen von Psittacin zustande, während Albinos schlichtweg beide Gefiederfarbstoffe fehlen.
Da man mit Gelb, Blau, Schwarz und Braun (z.B. Zimter) niemals einen Rotton zustande bringen kann, erklärt, dass du nirgendwo derartige Wellensittiche kaufen oder auch nur sehen kannst.
Die komplexen Zusammenhänge bei den Gefiederfarbstoffen (v.a. blau) kannst du hier nachlesen:
Maurice Pomarede: "Die Gefiederfarben der Vögel"
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PS: Bei den "suspekten" Zeitungsberichten, auf die unser Fachmann anspielt, sind damals schon praktischerweise sämtliche "Beweise" verschwunden. Die beschriebenen gezüchteten Wellensittiche mit Rottönen aus dem einen Bericht wurden angeblich allesamt gestohlen und sind danach nie wieder aufgetaucht. In dem anderen Bericht hat man den angeblichen "Wellensittich mit dem roten Fleck" in die Freiheit entlassen, nachdem der keine entsprechenden Nachkommen produziert hat.
Wellensittiche mit roten oder rötlichen Farben sind extrem selten und konnten bis heute, wie andere sehr seltene Farbschläge auch, nicht erhalten werden.
Die letzen nachweislich echten davon, gab es nach dem 2.Weltkrieg in Australien.
Beide Ereignisse sind in der englischsprachigen Fachliteratur beschrieben, gelten als gesicherte Tatsache und mit beiden wurde mehrere Jahre züchterisch gearbeitet.
Auch Wellensittiche der Farbe pinkviolet hat es vor dem 2.Weltkrieg gegeben (die Aufsehen erregenden Garvey's Violets).
Der Stamm ging in den Kriegs- und Nachkriegswirren verloren.
Deutlich rötlich-violette Vögel, meist in verdünnten Farben, findet man auch heute immer wieder, denn diese fallen immer wieder, auch in unkontrollierten Zuchten.
Das Bild in meinen Avatar wurde mir vor langer Zeit von einem britisch-arabischen Züchter zugespielt.
Ich habe den Vogel nicht selbst im Original gesehen, halte das Bild aber für echt.
Ein Balg von Garvey's Violetten soll wohl den gleichen Farbton zeigen.
Die Aussage, dass rote Wellensittiche nicht möglich sind, ist Gerede von Laien, die nichts bis viel zu wenig von Wellensittichen, deren Zucht und Genetik, sowie von der Evolution und deren Details zur Farbentstehung verstehen.
In Gegenteil, denn die Vermutung auf Grund der beobachteten Farben beim Wellensittich drängt sich auf, dass das Rot sowohl als Fettfarbstoff, wie auch als Strukturfarbe entsteht.
Bei den nahesten Verwandten des Wellensittichs, ja sogar am Wellensittich selbst, kann sich der gute Beobachter mit eigenen Augen davon überzeugen, dass die Farbe rot möglich ist.
Also bitte nur genau hinsehen und nicht das Gefasel anderer Unwissender von der Unmöglichkeit der roten Farbe nachäffen.
Mit besten Grüßen
gregor443
- Fachmann für Wellensittiche -
Wenn man wirklich Fakten aufweisen könnten, hätte es man nicht nötig andere Mitglieder mit Beleidigungen zu diffamieren und ihre Aussagen als "Gefasel Unwissender" hinzustellen.
Wenn Sie sich für die außergewöhnlichen Farben des Wellensittichs, deren Naturgeschichte und die Grundlagen der Wellensittichvererbung interessieren, dann sollten Sie die Autoren:
Steiner, Russ, Duncker, Scoble, Grasl, Rutgers und Enehjelm lesen.
Scoble hat einiges zu den Wellensittichen mit roten Farbtönen zusammengestellt.
Ich glaube, mich zu erinnern, dass in den Achtzigern noch mal ein Reprint von
J. Scoble
"The Complete Budgerigar"
erschienen ist.
Es sollte antiquarisch noch erreichbar sein.
Die Zeit, die Sprachbarriere, die Weltkriege (Deutschland und England waren sich stets feinlich gesonnen) und die große geografische Entfernung nach Übersee Down under haben den Zugang zu vielen naturwissenschaftlichen Quellen für die Allgemeinheit kaum zugelassen.
Deshalb ist bis heute vieles über seltene Mutationen des Wellensittichs in Deutschland so gut wie gar nicht bekannt.
Und so kursiert viel dummes Zeug zu diesem Thema im Internet.
Von der Unmöglichkeit der roten Farben beim Wellensittich bis zu Kreuzungsvsrsuchen mit Bourkesittichen, die nie stattgefunden haben.
Die Echtheit der aufgetretenen roten Wellensittiche, welche Scoble beschreibt, steht fest, denn diese wurden von Fachleuten begutachtet.
Im deutschsprachigen Raum müssen Sie allerdings immer mit einem Shitstorm rechnen, wenn Sie naturwissenschaftliche Kenntnisse zur Farbe rot beim Wellensittich besitzen.
Ihnen schlägt bei diesem Thema eine Mauer aus Unwissen, Ignoranz und schlichter Dummheit entgegen.
Mit besten Grüßen
gregor443
- Fachmann für Wellensittiche -
J. Scoble kann man regulär in England bestellen.
Abgesehen davon, dass dieser lediglich Züchter und kein Wissenschaftler ist, werden in seinem Kapitel über Genetik mit keinem Wort Rottöne bzw. entsprechende Gene erwähnt.
Die Grundlagen zur Genetik des Wellensittichs wurden unabhängig voneinander durch Dunker und Steiner im deutsprachigen Raum erforscht und zusammengefasst.
Die Literatur dazu steht in naturwissenschaftlichen Fachbibliotheken zur Verfügung.
Von den Farben des Wellensittichs werden nur gelb und rot über fettlösliche Farbstoffe realisiert.
Blau, violett, grau sind physikalische Strukturfarben.
Schwarz, grau, graubrau, braun, rotbraun können als Pigmentfarben auftreten.
Rot, rosa, orange, grün, pink, pinkviolett, violett kommen als Mischfarben zustande.
Moderne Print- und e-Medien sollten Sie mit grösster Vorsicht genießen.
Die bekannten Wellensittich-Sites oder gar allgemeine Wellensittich-Foren sollten Sie ganz meiden.
Denn dort werden Sie zuhauf Fehlerhaftes zur Vererbung des Wellensittichs antreffen.
Zudem versteht dort kaum jemand, wie die Kreuzungsschemen (Punett) zur Verbung zustande kommen.
Mit besten Grüßen
gregor443
- Fachmann für Wellensittiche -
Natürlich gibt es bei Sittichen einen roten Gefiederfarbstoff, nur leider nicht bei den Wellensittichen.
Wenn man es nötig hat anderen Quellen zu diffamieren, die anderslautende Fakten enthalten können, zeigt nur auf welch "wackeligen Beinen" wohl die eigenen Behauptungen stehen.
Wenn man über das entsprechende Fachwissen verfügt muss man sich nicht vor anderen Quellen fürchten, weil man jederzeit seine Aussagen belegen kann.
PS: Hans Steiner und Hans Julius Duncker haben sich tatsächlich mit der Genetik der Wellensittiche beschäftigt. Sie sollten aber auch erwähnen, dass in den Werken kein Gen für den roten Gefiederfarbstoff auftaucht.
Soweit ich weiß, kommen rote Farbanteile beim Wellensittich nicht vor, weshalb lila nicht möglich ist!
Burkesittiche besitzen auch rote Farbe im Gefieder, ich weiß aber nicht, ob diese blau bilden können.
Wenn es definitiv ein Wellensittich war, ist es ganz sicher mit Photoshop gemacht!
Da hast du vollkommen recht. Wenn etwas nicht existiert, ist es eine beliebte Herausforderung mit Photoshop möglichst gute Fakes zu produzieren.
Der Wellensittich ist diesbezüglich die Ausnahme, da er keine roten Farbpigmente produzieren kann.
Vielen Dank für deine Antwort. Habe gehofft dass du darauf reagierst.
Gibt es Quellen die ich konsultieren könnte um vorallem den genetischen Teil besser nachvollziehen zu können?
Wir hatten in Biologie das Thema vor ein paar Wochen während wir die Vererbungslehre durchgenommen haben, kurz angeschnitten gehabt, da meinte der Lehrer es gäbe nur blau und gelb.
Von daher wurde meine Neugierde wach, als ich dein Avatar gesehen habe. Hoffe du bist mir nicht böse, dass ich die Frage hier gestellt habe und dir keine Nachricht geschrieben habe.