Könnte woyzeck auch ein Drama aus dem Realismus sein?

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Auch Georg Büchners „Woyzeck“ kann dem Realismus zugerechnet werden. Sein Werk hat aber in vielerlei Hinsicht Ausnahmecharakter (s. Wolfgang Pohl, Wikipedia, wo die verschiedenen Arten des Realismus erklärt werden). Es geht dem Realismus um die Behandlung von alltäglichen menschlichen Problemen von beliebigen Individuen in einem bestimmten gesellschaftlichen, historischen Kontext, und zwar in verständlicher, einfacher Darstellung. Damit unterscheidet sich der Realismus von der Klassik und der Romantik (s. bei Wolfgang Pohl, s.o.). Diese Merkmale sind im Woyzeck ohne weiteres zu erkennen. Allerdings ist das Büchnerdrama eher dem Naturalismus zuzurechnen; insofern war Büchner seiner Zeit voraus, denn den Naturalismus als Epoche gab es erst um 1880. Naturalistisch ist die Einbeziehung der hässlichen, brutalen Realität. Das Gemeine, Niederträchtige und Krankhafte (s. Woyzecks geistige Störung) wird beim „poetischen Realismus“ (um 1850) ausgeklammert. Die unverhüllte Darstellung einer brutalen Wirklichkeit ist im „Woyzeck“ nicht zu übersehen (s. das Verhalten des Hauptmanns oder die triebhafte Beziehung zwischen Marie und dem Tampourmajor, das Elend Woyzecks, ganz zu schweigen von dem Mord an Marie. Naturalistisch ist auch die Dialektsprache in dem Stück, was auf G. Hauptmanns naturalistisches Drama „Vor Sonnenaufgang“ vorausdeutet. - Büchner selbst hat sich nicht zum Jungen Deutschland bekannt (s. sein Brief an seine Familie aus dem Straßburger Exil). Allerdings verbindet ihn das Aufbegehren gegen die politische Restauration mit dem Jungen Deutschland. Hinzu kommt, dass Büchner eine Literatur vertritt, die wie die Autoren des „Jungen Deutschland“ den Idealismus der Klassik Schillers und die Literatur der Romantik ablehnt. Büchner formulierte diese Poetologie in seiner Erzählung Lenz in dem Kunstgespräch zwischen Kaufmann und Lenz. – Georg Büchner hat die Arbeit an dem Drama »Woyzeck« vor seinem Tod nicht mehr abschließen können. Überliefert sind nur eine Reihe von Szenenentwürfen und eine unvollständige Reinschrift mit vorläufigem Charakter, die leider nicht einmal die endgültige Abfolge der Szenen erkennen lässt. Bekannt geworden ist das Drama durch Rekonstruktionsversuche. Das Drama unterscheidet sich dadurch von der üblichen Dramenform, dass es nur Szenen enthält, keine Einteilung in Akte. Ansonsten ist es aber ein typisches Drama mit Dialogen und Szenen.

Natürlich, denn in Woyzeck geht es um die sozialen Probleme in der Gesellschaft des 19. Jahrhundert, die gerade der Thematik des Realismus entsprachen. Und dieses Buch zeichnet sich eben dadurch aus, dass die Verhältnisse eines armen Arbeiters als Hauptdarsteller auftreten. http://de.wikipedia.org/wiki/Soziales_Drama

Woyzeck ist nicht realistisch.

Es ist ein Dramenfragment, also kann man die einzelnen Szenen fast in beliebiger Reihenfolge lesen und das ganze ergibt immer noch einen Sinn!

Eigentlich wird Büchner dem Vormärz oder dem Jungen Deutschland zugerechnet. Aber Woyzeck ist seiner Zeit weit vorraus. Es gibt naturalistische Aspekte, etwa die sozialen Situation, das Verhältnis zum Arzt, die Klassenunterschiede und Dialekte, was dann alles bei Gerhard Hauptmann wieder auftaucht. Andere Elemente könnten auch aus dem Eypressionismus stammen, was dann ja eigentlich bis heute auch immer wieder im Theater aufscheint: der extreme Gestus, die Ausstellung der Grausamkeit, der Wahnsinn, das "Oh Mensch"-Pathos. Woyzeck ist zu originell, zu modern um ihn in eine hübsche germanistische Deutschunterrichts-Schublade zu packen.