Kann mir jemand bei dem Vergleich von den Gedichten Ganymed und Prometheus helfen?

1 Antwort

Im angegebenen Link wimmelt es von falschen Behauptungen: bei Goethe ist Prometheus eben kein Titan, er lehnt sich nicht gegen die Obrigkeiten auf, und das Feuer hat auch nicht Zeus, sondern Prometheus ("Meine Glut..."). Und warum Goethe "die Strafe in seinem Gedicht nicht thematisiert", wir dir gar nicht erklärt (dazu müsste man eben das Gedicht richtig gelesen haben).

Hier wird also wie so oft der klassiche Mythos dem Gedicht übergestülpt. Da fragt man sich bloß, warum Goethe das geschrieben hat...

Zum Zusammenhang zwischen beiden Gedichten:

Prometheus ist die Voraussetzung für Ganymed.

Zeus lebt ausserhalb der (menschlichen) Natur, er hat in Wahrheit keine Macht über die Menschen: Die transzendente Weltordnung, die nicht auf der Macht des Zeus, sondern auf der Schwäche der Menschen beruht, soll aufgelöst werden. Das schafft Prometheus.

Wo keine Transzendenz mehr am Werk ist, ist Raum für ein immanentes Verhältnis zur Natur geschaffen, wie es in Ganymed lyrisch dargesellt wird.

Während er im Mythos völlig passiv ist (er wird von Zeus entführt), entfaltet er hier eigene Kraft  (die Kraft des Begehrens: "die Wolken [...] / Neigen sich der sehnenden Liebe") - und das ist nur deslhalb möglich, weil Ganymed selbst Göttliches hat.

In Prometheus wird argumentiert. In Ganymed wird Ekstatisches erlebt. Prometheus ist Logik. Ganymed ist Rausch (die Sprache lehnt sich auch eindeutig an die Mystik an).

Goethe zeigt hier seine Nahe zur Einsicht des Philosophen Spinoza: "Deus sive natura", also: Gott oder Natur. Wer an die (falsche) transzendente Macht Gottes glaubt, kann die Natur nicht genießen. Wer darauf verzichtet hat, fühlt das Göttliche in der Natur und in sich selbst.