Ist Wille angeboren oder kann man es selbst beeinflussen?

2 Antworten

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Die korrekte Antwort auf deine Frage ist hoch komplex. Unsere Willensstärke setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen:

  • angeborene Verhaltensmerkmale wie z. B. Extraversion, Ängstlichkeit oder Verhaltenshemmung, aber auch Intelligenz
  • Erziehungsaspekte, z. B. das Lernen von Selbstbewusstsein, Disziplin und Frustrationstoleranz in der Kindheit
  • hormonelle Einflüsse - gerade Frauen, die menstruieren, wissen ganz wunderbar, was das alles so ausmachen kann ;) Wenn man kurz vor den Tagen sich mal wieder nicht gegen die unsäglichen Heißhungerattacken wehren kann!
  • Umwelteinflüsse - Stress, Krankheiten, Kopfverletzungen, Drogen nehmen Einfluss auf unsere Neurotransmitter und können damit auch unsere kognitiven Fähigkeiten wie Willensstärke vermindern
  • unsere Motivation, Einstellungen und Überzeugungen - wir verfolgen Ziele hartnäckiger, wenn wir motiviert sind, sie zu erreichen und auch, wenn wir denken, sie erreichen zu können. Wenn wir sie weder erreichen wollen noch denken, es zu können, schmälert das Willensstärke förmlich zu Null.
  • tagesbedingte Einflüsse, z. B. Müdigkeit oder "Ego Depletion" (Willenserschöpfung nach langer Selbstdisziplinierung)

All diese Merkmal interagieren miteinander. Man kann also weder sagen, dass Willensstärke rein angeboren ist, noch könnte man sagen, dass man sie ganz allein lenken kann. Denn am Ende haben wir ja weder unsere Erziehung in der Kindheit noch bestimmte Krankheiten, Hormone oder Umwelteinflüsse vollends in der Hand.

Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen :)

Liebe Grüße!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – M. Sc. Psychologie
verreisterNutzer  09.10.2023, 21:04

Denkst du der Wille korreliert am meisten mit der Leistung? Und wie meinst du das genau mit Extraversion, Ängstlichkeit und Intelligenz (also den Zusammenhang)? Haben ängstlichere Menschen weniger Willen?

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ZionsDaughter  09.10.2023, 21:21
@verreisterNutzer

Es kommt darauf an, was du mit "Wille" genau meinst. Wille muss mitnichten mit schulischer oder beruflicher Leistung korrelieren. Wenn ein willensstarker Mensch keinen Bock hat, Leistung zu bringen, wird er weniger Leistung bringen als ein weniger willensstarker Mensch, der aber Lust hat, Leistung zu erbringen.
Ängstlichkeit bedeutet, eher zurückhaltend und körperlich mit mehr Stress auf neue Reize zu reagieren. Das heißt, für ängstliche Menschen braucht es durchaus mehr Willensstärke, sich bestimmten neuen Situationen zu stellen. Daher würde ich Willensstärke nicht am Ergebnis festmachen. Jemand, der total mutig zur Welt kommt, entwickelt vielleicht niemals Panikattacken und ihm fällt vieles in den Schoss. Jemand, der ängstlich ist und eine Panikstörung entwickelt, muss sich dagegen seinen Ängsten stellen - und hat am Ende vielleicht einen viel stärkeren Willen, weil er diese überwinden muss, um gesund zu leben. Dafür muss der, der extravertierter ist, vielleicht mehr Willensstärke aufbringen, wenn er sich dazu disziplinieren muss, für Klausuren o.ä. zu lernen, weil er, im Gegensatz zum Ängstlichen, möglicherweise ständig neuen Reizen nachgeht, an denen der Ängstliche gar kein Interesse hat, weil sie ihn gruseln und er sie meidet. Die beiden haben vielleicht die gleiche Leistung am Ende erreicht, aber sie mussten für unterschiedliche Bereiche unterschiedlich viel Willensstärke aufbringen, weil ihnen das eine leichter fiel als das andere.
Intelligenz korreliert mit kognitiven Fähigkeiten wie Shielding (zielförderliche Dinge fokussieren und zielirrelevante Dinge ausblenden). Wer höhere Fähigkeiten für Shielding hat, wird weniger abgelenkt und kann seinen Willen besser auf sein Ziel konzentrieren und kommt somit besser voran. Er hat somit eine bessere genetische "Ausstattung", um seinen Willen besser zu fokussieren und zu erreichen.
Diese ganzen Faktoren spielen komplex ineinander. Kognitive Fähigkeiten sind beispielsweise von Temperamentsmerkmalen nach heutigem Wissensstand vollkommen unabhängig.

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Ja und Nein. Ich würde behaupten dass Wille ganz eindeutig nichts vollkommen genetisches ist.

Allerdings, Zielstrebigkeit kann sehr wohl angeboren sein. Aber dass ist halt nicht dass Gleiche. Was du wirklich ganz fest ,,willst" und was du bereit bist dafür zu opfern kannst du dir ja selbst aussuchen.

Nur manche tun sich damit schwerer weil Sie nicht so zielstrebig sind, andere widerum tun sich eben deutlich leichter Ihre Ziele zu verfolgen und Zeit und Arbeit dafür zu investieren.

Ich bin z.B kein sehr zielstrebiger Mensch und habe aber auch selten ein richtiges Ziel vor Augen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung