Ist Crossdressing/Transvestismus veranlagung?

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Das ist nicht so einfach zu beantworten, ich hole da mal ein wenig aus: Du als Mensch hast eine bestimmte Identität, die maskuline und feminine Anteile hat. Niemand ist daher rein "Mann" oder rein "Frau", sondern immer beides. Wenn wir geboren werden, bekommen wie aufgrund der Biologie unseres Körpers eine Geschlechterrolle zugewiesen und indoktriniert. Du lernst, was ein Mann ist, wie er zu sein und sich zu verhalten hat. Du lernst ebenfalls, alles, was nicht in diese Rolle passt, zu unterdrücken. Als Mann unterdrückst du zwangsläufig alle femininen Anteile, ja das männliche Rollenmodell beinhhaltet sogar eine deutliche Angst vor Femininität, weil sie im Rollenmodell als Schwäche angesehen wird.

Und natürlich lernst du als Mann dabei auch, dass du nur Männerkleidung anzuziehen hast und feminine Kleidung tabu ist.

Nun hängt es von mehreren Dingen ab, was passieren kann: Wenn das Rollenmodell nicht zu tief verankert wurde, kann es sein, dass der Mann doch mal den Mut findet, Kleidung anzuziehen, die eigentlich für Frauen verkauft wird. Einfach, weil er den Zwang des Rollenmodells ablehnt und die Abwechslung liebt. Diese Personen integrieren einfach feminine Aspekte und die femininen Anteile ihrer Identität in ihr Leben und sind quasi beides - oder besser alles. Man kann sie am ehesten als queer, gender-nonconforming oder nonbinary bezeichnen. Ich gehöre auch dazu, ich trage als Mann bspw. auch Röcke und Kleider oder Nagellack - ohne dabei aber meine männlichen Anteile zu unterdrücken.

Wenn die eigene Identität auch einen deutlichen femininen Anteil aufweist, dann will sich dieser Anteil umso mehr ausdrücken, je schwächer das indoktrinierte Rollenmodell des Mannes wird. Crossdresser machen das dann oft phasenweise, indem sie zwar normalerweise ihre anerzogene männliche Rolle leben, aber zu bestimmten Zeiten zum Ausgleich ihren femininen Anteil extrem ausleben und den männlichen Anteil dabei unterdrücken. Das sind die en femme Crossdresser, die dann auch nicht mehr als Mann erkennbar sein wollen.

Wenn der feminine Anteil sehr deutlich überwiegt, landen wir bei der Transsexualität bzw. bei Transgender. Hier war der feminine Anteil oft schon in der Kindheit sehr präsent und ließ sich auch durch Indoktrination des männlichen Rollenmodells nicht unterdrücken. Die extreme Diskrepanz zwischen eigener femininer Identität und männlichem Körper führt dann oft von Queer über En-Femme-Crossdressing zu einer Anpassung des Körpers auf die tatsächliche feminine Identität hin.

Crossdressing ist also nie nur eine Phase, sondern immer Ausdruck der eigenen Identität. Zu einer Phase wird es nur, wenn die femininen Anteile durch den Zwang zum männlichen Rollenmodell wieder unterdrückt werden. Hier spielt der Druck durch das soziale Umfeld natürlich eine wesentliche Rolle und oft dauert es Jahrzehnte, bis sich die Betroffenen davon wieder befreien können.

Kuraudo  27.01.2018, 17:57

Du sprichst mir aus der Seele.

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Es kann sowohl eine Phase als auch ein lebenslanger Fetisch sein.