Inwieweit hat die Reise euren Blick auf die Menschheit geändert?
Wenn man so viel reist und auch viele Menschen trifft, hinterlässt dies doch bestimmt einen bleibenden Eindruck:
sind die meisten herzlich und nett, oder gibt es auch viele, die eher nicht so offen euch gegenüber waren? Sind die meisten glücklich oder ist euch auch viel Leid begegnet? Gibt es möglicherweise Dinge von bestimmten Kulturen, die wir im westen so gar nicht erwarten würden? Und natürlich: Geben euch diese ganzen Menschen Hoffnung auf eine gemeinsame, friedliche Zukunft oder ist das Gegenteil der Fall?
Würde mich freuen wenn ihr dazu mal ein bisschen etwas erzählt :)
Ansonsten: Alles Gute euch
1 Antwort
Gibt es möglicherweise Dinge von bestimmten Kulturen, die wir im westen so gar nicht erwarten würden?
Ich habe mittlerweile 8 Jahre meines Lebens in Japan gelebt, und eine wesentliche Erkenntnis ist, dass Japaner nicht “immer freundlich” sind, was ja häufig gesagt wird. Nicht jedes Lächeln ist aufrichtig, nicht jede höfliche Floskel zeugt von wahrhaftigem Respekt, und dann gibt es auch noch die Japaner, die frei heraus schlicht unfreundlich, anmaßend und beleidigend sind. Anders herum wird über Deutsche ja häufig gesagt, sie seien unfreundlich und schlecht gelaunt, was ich als Pauschalisierung zwar unterschreiben würde, aber gleichzeitig kenne und kannte ich Deutsche, die ein richtiger Sonnenschein von Mensch sind. Insofern würde ich zusammenfassend sagen, dass Reisen die Menschenkenntnis schult, und dass man diesbezüglich niemals ausgelernt haben kann.
Sind die meisten glücklich oder ist euch auch viel Leid begegnet?
Nun war ich in meinem Leben bisher ausschließlich in Industrienationen unterwegs… aber ja, es gibt auf jeden Fall viel Leid, überall. Ob die Menschen trotzdem glücklich sind, hängt von ihrer Resilienz ab. Außerdem gibt es auch einen Unterschied zwischen Leid, das die Natur geschaffen hat, für das kein Mensch etwas kann, und Leid, für das eindeutig andere Menschen verantwortlich sind und das deshalb heute aufhören könnte, würden die Verantwortlichen die Entscheidung dazu treffen.
Grundsätzlich würde ich sagen, dass Glücklichsein irgendwie mit einigen Paradoxen behaftet zu sein scheint, so wie zum Beispiel Dinge, die vermeintlich „einfach“ sind, mit einer gewissen Tendenz weniger glücklich machen als Dinge, die „schwieriger“ sind.
Geben euch diese ganzen Menschen Hoffnung auf eine gemeinsame, friedliche Zukunft oder ist das Gegenteil der Fall?
Ufff, was für eine Frage für ein paar Zeilen Antwort im Internet…. Aber ich würde leider eher zu der pessimistischen Sichtweise tendieren.
Menschen sind egoistisch, das ist leider auch schlicht und ergreifend eine Lebensvoraussetzung, nur die Frage ist, wie weit wir diesen Egoismus treiben. In der Natur gibt es kein „gerecht“ oder „gleichberechtigt“, und wir als Menschheit sind bisher daran gescheitert, Gerechtigkeit und Gleichheit wider der Natur umfassend einzuführen, und ich sehe nicht, dass sich in naher Zukunft daran etwas ändern wird. Ich sehe Menschen (in allen Nationen, die ich bisher bereist habe), die im Namen von Religion, ideeller Überzeugung oder einer politischen Richtung ihren Egoismus auf ein Minimum zügeln, aber was ist das Ergebnis? Diese Menschen haben das Nachsehen gegenüber den Anderen, die überhaupt nicht an sich halten („Dreist kommt weiter“).
Um in Hinblick auf „friedlich zusammenleben“ nochmal auf Japan zurückzukommen, das ja eine dunkle Vergangenheit mit China und Korea hat: ich sehe da zwar sowohl Zeichen der Hoffnung als auch, dass diese nicht ausreichen werden.