Ich habe ADHS und werde Soziale Arbeit studieren. Funktioniert / passt das?
Ich wurde erst vor kurzem diagnostiziert. Nachdem ich schon meinen letzten Job gekündigt und einen Platz für ein Studium der Sozialen Arbeit bekommen hatte. In der Einrichtung in der ich während dem Studium nebenbei arbeiten werde, gibt es unter anderem auch Menschen mit ADHS. Das zu wissen, fühlt sich irgendwie komisch an. Zumal ich aktuell selbst auf einen Therapieplatz warte... Gibt es unter euch jemanden, der auch Sozialarbeiter*in ist und ADHS hat und seine Erfahrungen teilen möchte?
Lieben Dank !
3 Antworten
Hallo Klausimausi!
ADHS-betroffene Menschen passen hervorragend in die Soziale Arbeit, denn hier kommen ihre Stärken besonders gut zum Tragen: Adhsler sind sehr kommunikativ, energiegeladen, reagieren gut in Stresssituationen durch ihren Hyperfokus und sind gleichzeitig sehr mitfühlend, haben einen hohen Sinn für Gerechtigkeit und können gut „um die Ecke“ denken. Bestimmt arbeiten deswegen auch viele undiagnostizierte Adhsler in diesem Beruf. Ideal wäre es, wenn du dich selbst gut mit deinem Krankheitsbild auseinandergesetzt hast und gecoacht / behandelt wirst oder wurdest. In der sozialen Arbeit triffst du oft auf Klientel, welches selber oft von Adhs betroffen ist und aufgrund mangelnder Ressourcen und Therapie in missliche Lebenslagen geraten ist. Adhs-Betroffene zu erkennen und sich in ihre Situation einfühlen würde dir deshalb sicher besonders gut gelingen. 👍🏻Es ist wünschenswert , dass künftig mehr diagnostizierte Adhsler in diesem Beruf arbeiten werden.
Grundsätzlich ist das natürlich möglich.
Problem hierbei ist natürlich das du für die Klient*innen da sein musst und nicht noch als Belastung für das Team sein kannst. Die Einrichtungen können wir nach Ermessen entscheiden.
Ich bin Sozialpädagogin, arbeite seit 10 Jahren im Psychiatrie/Suchtbereich- erst stationär im Schichtdienst, dann ambulant mit viel terminlicher Selbstorganisation. Der schichtdienst hat mich aufgrund mangelnder äußerer Struktur gekillt, ambulant muss ich mich nun auch komplett selbstorganisieren. Alles was Sch2084 geschrieben hat, stimmt. Empathie etc. alles vorhanden.
Aber ich spüre eine große Durchlässigkeit an Gefühlen zwischen den Klienten und mir- Thema Nähe/Distanz! Großes Thema für adhs. Das Ganze gepaart mit überangepasstem Perfektionismus als Selbstkompensation- wie oft habe ich am Wochenende Berichte geschrieben, weil ich es im regulären Berufsalltag nie geschafft hätte- allein mich im Dreierbüro auf einem Bericht zu konzentrieren- undenkbar!
Aktuell bin ich nun mit burnout krankgeschrieben. Umzug, drei Kinder, Arbeit- das war zu viel. Im Zuge der Diagnostik wurde adhs festgestellt. Eigentlich keine Überraschung für mich, doch lerne ich mich nach fast 50 Jahren nun anders zu betrachten. Ich persönlich weiß nicht, ob ich in den Beruf zurück möchte. Zumindest nicht in die direkte Bezugssrbeit. Mir geht das alles zu nah.
Aber das kann ja bei jedem Menschen verschieden sein. Wenn du dich gut abgrenzen kannst, die Fähigkeit hast, das was zu dem Klienten gehört bei ihm zu lassen und nichts mit nach Hause zu nehmen, kann es dein Traumjob werden!
Alles Gute für deine Entscheidungsfindung und viele Grüße!