Heute noch eine Eiserne Lunge?
Hii,
Ich hab ein Bericht zu der am längsten in einer eisernen Lunge lebenden Frau gelesen. Diese ist in ihrer Kindheit an Polio erkrankt und war mehr als 60 Jahre an dieses Gerät gebunden (sie ist erst kürzlich gestorben). Die erste Frage die ich mir gestellt hab war, dass sie 21h am Tag an die eiserne Lunge gebunden ist. Später wurde erwähnt, dass Patienten stundenweise mit einem mobilen Atmungsgerät aus ihrer Lage befreit werden können. Wieso können sie stundenweise mit einem mobilen Gerät auskommen aber müssen danach wieder in die Maschine um Atmen zu können. Wenn man diese Maschine braucht, weil man sonst nicht richtig atmen könnte, warum hällt man es dann ganze 3 h ohne aus?? Eine andere Frage die ich mir gestellt hab war, dass diese Maschinen von 1929-1970 gebaut wurden und seit 2004 keine Wartungen mehr angeboten werden, diese aber bis heute in einer solchen Maschine leben musste? Könnte man das nicht durch beispielsweise ein Tracheostoma erleichtern? In dem Bericht war auch die rede von 2 anderen Frauen, die ebenfalls um die 60 Jahre in dieser Maschine lebten. Eine davon absolvierte in der eisernen Lunge sogar ihren Hochschulabschluss, die andere verstarb bei einem Stromausfall, da auch das Notstromaggregat ausgefallen war. Wenn diese Geräte so veraltet und unpraktisch sind, wieso haben sie dann bis heute in einer solchen Maschine gelebt, wo es doch bessere, mobile Atmungsgeräte gibt? Die Frau die bei einem Stromausfall gestorben ist hätte doch aber nicht gleich sterben dürfen, denn mit einem mobilen Atemgerät, welcher doch nur zusätzlich eine erhöhte Konzentration an Sauerstoff zur verfügen stellt, hätte sie es doch auch ohne min ne 30 min. ausgehalten wenn es mit zusätzlichem Sauerstoff mehrere Stundenmöglich ist???
Sorry für diesen langen Text, aber ich find das einfach nur unglaublich interessant und wüsste gerne mehr bzw. auf meine Fragen eine Antwort;) Wenn es jemand bis hierher geschafft hat und darüber vlt. mehr weiß, würde ich mich wahnsinnig über eine Antwort freuen. LG.
3 Antworten
Ich habe ein Tracheostoma und bin seit meiner Geburt mittels immer kleiner gewordenen Beatmungsgeräten künstlich beatmet. Anfangs waren meine Beatmungsgeräte riesige kaum transportable Maschinen, bis ich nach Geburt nach Hause kam vergingen einige Jahre.
Es ist den Polio Erkrankungen zu verdanken, das Ende der 70ger Jahren die Beatmungsmedizin soweit war, das ich eine Chance hatte.
Die eiserne Lunge hat neben der Immobilität auch Vorteile. Die Eiserne Lunge benötigt kein Tracheostoma, der Patient atmet durch Nase und Mund. Sie erzeugt einen Wechseldruck, dadurch füllt und entleert sich die Lunge durch die Umgebungsluft. Die Pflege des Patienten ist schwierig aber die Lungenpflege leicht weil nicht invasiv.
Die Beatmung via Tracheostoma ist heute supermobil, die Geräte sind in Rucksackgröße und die Akkus halten lange. Mit dem Rollstuhl ist man einige Stunden samt Beatmungsgerät mobil. Die Lungenpflege ist nun aber invasiv, es muss steril gearbeitet werden, ich muss drei bis vier mal täglich abgesaugt werden, mein Stoma muss verbunden werden, ich muss stündlich umgelagert werden damit alle Bereiche meiner Lunge optimal belüftet sind.
Beatmung bedeutet 24h-Rund-um-die-Uhr Versorgung, gerade deshalb weil die Beatmung überwacht, angepasst und dokumentiert wird. Bei mir würde bei Stromausfall die Notstromanlage im Elternhaus anspringen, bei Versagen funktioniert mein Beatmungsgerät per Akku einige Stunden, danach müsste die Assistenz mit Ambubeutel beatmen.
Soviel von mir, da ich mit meiner Unterlippe schreibe, dauert das seine Zeit.
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast und diesen Text geschrieben hast!
Nun möchte ich auf Deine Fragen eingehen.
21 Stunden am Tag Eiserne Lunge, und die restlichen 3 Stunden?
Menschen, die nicht selbständig atmen können, können die Froschatmung lernen. Voraussetzung dazu ist eine ausreichende Muskulatur im Rachen und Mund, dass man also Schlucken, den Mund schließen und die Zunge und Gaumen bewegen kann. Damit kann man eine gewisse Zeit lang ohne Beatmung auskommen.
Der ist zwar seit 2014 leider schon oben, aber da ist die Froschatmung gut erklärt.
http://ferdinand-schiessl.com/index.htm
Der schaffte es den ganzen Tag ohne "Lunge" lag nur Nachts darin.
Bei einem Tetraplegiker mit Atemlähmung und Beatmung über Tracheostoma ist die Froschatmung auch erlernbar, wenn auch deutlich schwieriger. Wenn Du Englisch verstehst, oder einfach nur schauen:
Ich schaffte bis 2008 etwa 40 Minute mit dieser Technik.
Warum, " diese aber bis heute in einer solchen Maschine leben musste?"
Nicht musste, sondern wollte!
Ferdi beschreibt es in einem Film sehr gut, es ist wie sein Bett, ein wohliges Gefühl. Seine Sicherheit, wie das Haus der Schnecke. Vielleicht wie eine Sucht.
Mit Beatmung über Tracheostoma geht das Sprechen nicht so wie ohne Tracheostoma. Es braucht ein spezielles Ventil und Übung das das Sprechen funktioniert.
Man nicht garantieren dass man mit Beatmung über Trachealkanüle noch sprechen kann.
Es kann sein, dass das nicht mehr geht. Und deswegen möchte man das Tracheostoma nicht, weil man das wenige was man kann, nicht verlieren möchte.
Du verwechselst hier etwas.
Beatmung hat nichts mit Sauerstoffkonzentration zu tun. Beatmete wie ich, haben eine gelähmte Muskulatur, aber eine an sich gesunde Lunge. Mein Beatmungsgerät pumpt die Umgebungsluft in meine Lungen.
Menschen mit COPD atmen selbständig. Aber der in der Luft enthaltenen Sauerstoff reicht nicht mehr aus. Nun brauchen diese Menschen Sauerstoffkonzentratoren.
Bei mir kommt Sauerstoff nur dann zum Einsatz, wenn ich abgesaugt werde. So bin ich während des Absaugens noch ausreichend mit Blutsauerstoff versorgt, bis ich wieder angeschlossen werde.
Das Beatmungsgerät stellt nur Umgebungsluft zur Verfügung. Fällt das durch Defekt aus, muss ich innerhalb kurzer Zeit an das Zweitgerät oder an den Ambubeutel.
Uns einfach mehr Sauerstoff zu geben damit wir bei Ausfall des Gerät länger ohne Atemgerät auskommen (länger als ca. 30 Sekunden) geht auch nicht. Das Problem ist die Überdruckbeatmung und der Sauerstoff an sich. Unter Druck wirkt Sauerstoff bei langer Einwirkung nämlich toxisch. https://de.wikipedia.org/wiki/Sauerstofftoxikose
Warum ist die Dame erstickt wenn sie doch eigentlich die Froschatmung beherrschen konnte.
Weil es wahrscheinlich Nachts passiert ist. Im Schlaf funktioniert die Froschatmung nicht.
Ich hoffe ich konnte ein paar Fragen klären.
Liebe Grüße Leon
Nicht jeder Patient ist gleich. Eine hat es vielleicht mal für einige Stunden außerhalb der Eisernen Lunge geschafft zu überleben. Das bedeutet aber nicht, dass es alle können. Das als Antwort für deine Frage wieso die eine Patientin bei dem Stromausfall gestorben ist
Die Eiserne Lunge ist mega Veraltet und mega Unpraktisch. Es gibt heutzutage viel bessere Methoden um Patienten mit Lungenerkrankungen zu versorgen. Ich höre gerade zum ersten mal, dass es noch Patienten gab die darin gelebt haben. Ich denke das ist eine Frage die man ihnen persönlich stellen müsste. Vielleicht hatten sie Angst die Lunge zu verlassen, weil sie den neuen Errungenschaften der Medizin nicht getraut haben. Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten
Bereits in meiner Ausbildung 2014 hat man uns erzählt, dass die letzte Frau, die in einer eisernen Lunge lebte vor ein paar jahren verstorben sei. Ich frage mich wirklich, was hier "kürzlich" ist.'
Glaube aber auch, dass es Komplikationen gäbe, jemand, der auf eine eiserne Lunge eingestellt war, jetzt anders zu behandeln.