Haltet ihr eure Gemälde vor den Spiegel?
Guten Tag, ich hab eine Frage bezüglich Malerei und Proportion:
Mein Kunstlehrer gab mir einst den Tipp, meine Gemälde in einem Spiegel zu betrachten, um so Fehler bei den Proportionen besser zu erkennen (hat etwas damit zu tun, dass wir mit eigenen Augen Symmetrie anders wahrnehmen als mit dem Blick in den Spiegel; ist die Wirkung des Bildes mit dem Spiegel gleich wie ohne Spiegel, so ist die Symmetrie korrekt).
Mein Problem ist nun folgendes: Betrachte ich meine Gemälde ohne Spiegel, bin ich meist sehr zufrieden mit meiner Arbeit. Mir fällt wenig auf, was mich stört. Halte ich mein Werk aber in den Spiegel, hasse ich es. Vor allem bezüglich Proportionen gibt es keine einzige Stelle, die mir gefällt. Warum? Es kann doch nicht sein, dass mir ohne Spiegel keine Fehler auffallen - aber mit Spiegel sehe ich nichts ausser Fehler. Gibt es für dieses Phänomen eine Erklärung? Und gibt es Künstler unter euch, denen das selbe aufgefallen ist? Wie geht ihr damit um? Bin sehr gespannt, eure Meinungen und Ansichten zu lesen.
Danke im Voraus und beste Grüsse
1 Antwort
Hallo,
der Tipp Deines Lehrer ist gut - ich kenne ihn auch. Zusätzlich kann man das Bild auf den Kopfdrehen, oder darauf achten, wenn man es am nächsten Morgen als erstes sieht, wie es dann im ersten Augenblick wirkt.
Um die Wirkung des Spiegelbildes besser einzuschätzen, spiegele mal Gemälde, die Dir sehr gut gefallen, und mache Dir so ein Bild davon, was sich ändert. Mit dieser Erfahrung kannst Du die Spiegelbilder Deiner Arbeiten besser einschätzen.
Lg und alles Gute
Jo
Hallo, Chino,
Symmetrie ist nur ein Merkmal bzw. Gestaltungsmittel - eine spannungsvolle Komposition kann durchaus auch unsymmetrisch sein. Den Zwand könntest Du evtl. abbauen, wenn Du Dir mal für einige Bilder erlaubst, darauf überhaupt nicht zu achten - entwickele die Komposition nur aus dem Bauch heraus. Denk mal an Kinderbilder - Kinder kennen keine Regeln für die Bildgestaltung und ihre Bilder sind meist sehr kraftvoll. Viel Freude - viel Erfolg. Jo
Lieber Jo
Vielen Dank; an die Auseinandersetzung mit Kinderzeichnungen habe ich gar nicht gedacht. Tatsächlich habe ich mich früher ausgiebig mit eigenen Kinderarbeiten auseinandergesetzt und habe viel Inspiration und Wissen daraus ziehen können. In vergangenen Jahren ist dieser Aspekt aber mehr und mehr in den Hintergrund gerückt - danke für den Denkanstoss, ich werde mir Deine Ratschläge zu Herzen nehmen und mich gleich nach dem Urlaub wieder mit neuer Inspiration an die Arbeit machen.
Besten Dank und liebe Grüsse,
Chino
Interessant, vielen Dank für die Antwort!
Ich nehme an, Du malst selber auch - wie ernst nimmst Du Symmetrie im Bild? Also Beispiel Spiegel: Gibst Du dich der Spiegelung voll und ganz hin und arbeitest die Symmetrie eines Gemäldes solange aus, bis Du das Gefühl hast, sie ist perfekt?
Ich stelle mir diese Fragen, weil ich seit jeher ein Problem mit Perfektionismus habe und glaube, dass mehr und mehr meine Arbeit darunter leidet. Ich ertappe mich nun dabei, wie ich seit vielen Arbeitstagen nicht am Werk voran komme, weil ich diesen Zwang entwickelt habe, die Symmetrie perfekt auszuarbeiten - soll das so sein? Ich habe Angst, dass letzten Endes die Wirkung/Stimmung darunter leidet, weil der Betrachter des Bildes merkt, wie verkrampft ich beim malen war. Ist die Symmetrie, bzw. die Korrektheit der Proportionen wirklich wichtig, wenn am Ende doch nur die Stimmung zählt?
Würde mich sehr über Deine Einschätzung freuen - habe selber kaum Kontakt zu Künstlern und könnte eine Zweitmeinung gut gebrauchen.
Besten Dank und LG
chino