Hätte der Untergang des Römischen Reiches verhindert werden?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Lieber derGeschichte,

wenn man es genau nimmt, ist das Römische Reich erst 1453 mit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen endgültig untergegangen. Denn das, was wir heute als "Byzantinisches Reich" kennen, war staatsrechtlich nichts anderes als das Oströmische Reich der Spätantike. Klar hat es sich kulturell stark verändert und ein Römer um die Zeitenwende hätte um 1000 wohl kaum geglaubt, dass er sich auf römischem Boden befindet, wenn er das Land bereist hätte, aber de facto war es immer noch derselbe Staat, ungebrochen.

Insofern ist die Frage, ob du fragen willst, ob man den Untergang des Weströmischen Reiches hätte aufhalten können, oder ob man den Untergang des Oströmischen Reiches hätte aufhalten können. Bei beidem würde ich bis zu einem bestimmten Punkt ja, danach aber ganz deutlich nein sagen. Byzanz z.B. war nach dem Vierten Kreuzzug nur noch ein Schatten seiner selbst und strukturell dem Untergang geweiht, zumal es nicht einmal sein Kerngebiet mehr unter Kontrolle hatte. Zur Zeit der Makedonenkaiser konnte Byzanz, nachdem es durch die Araber drei Viertel seines Territoriums verloren hatte, sogar wieder expandieren und Armenien und Syrien zurückerobern. Hätte es sich nach diesen Erfolgen nicht sofort wieder in Bürgerkriegen selbst zerfleischt, hätte es vielleicht eine Chance gehabt, länger zu überleben.

Bei Westrom sehe ich es als den entscheidenden Fehler an, dass man Ende des 4. Jahrhunderts unter Theodosius I. begonnen hatte, Germanenstämme als foederati im Römischen Reich anzusiedeln und ihnen 2/3 des Landbesitzes in einem bestimmten Territorium sowie ihre politische Autonomie zuzugestehen. Früher wurden Germanenstämme zwar auch im Reichsgebiet angesiedelt, sie mussten sich aber der römischen Verwaltung unterstellen und in den Auxiliartruppen Dienst tun, statt unter einem eigenen König ein politisches und militärisches Eigenleben zu führen. Das machte sie mit der Zeit unberechenbar und unkontrollierbar, gleichzeitig wurde Rom immer abhängiger von den Truppen seiner germanischen Föderaten. Diese Entwicklung war ab einem gewissen Punkt ein Selbstläufer und musste irgendwann zwangsläufig zum Putsch führen, wie ihn Odoacer dann gegen den letzten Kaiser Romulus Augustulus führte.

derGeschichte 
Fragesteller
 25.02.2018, 08:06

Vielen Dank für diese detaillierte Antwort!! LG derGeschichte

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Nein, es war überhaupt schon beachtlich, dass ein Reich von ca~ 45-70 Mio. um die Zeit überhaupt länger als 100 Jahre besteht. Das Römische Heer war zum größten Teil ein Söldner Heer und am Ende komplett chaotisch organisiert. Wenn du 2 Wochen brauchst um die neusten Nachrichten in die Hauptstadt zu bringen und dann nochmal 2 Wochen um die Antwort zurückzubringen und dann auf dem Rückweg auch noch dein Bote ausgenommen und getötet wird, dann sollte deutlich sein wie instabil so ein großes Reich war.

Auch die Tatsache, dass im Römischen nur 15% der Bevölkerung Römer waren, also 85% waren "Ausländer" bzw. Kulturfremde, spricht dafür dass du deine hochentwickelte Kultur nicht mehr sonderlich lange aufrecht erhalten kannst. Außerdem war die Bevölkerungsanzahl stark rückgängig gegen Ende des Reiches und Rom wurde mehrmals belagert, eingenommen und geplündert.

Es war wie erwähnt überhaupt sehr verwunderlich, dass zu so einer Zeit ein so großes Reich so lange bestand.

derGeschichte 
Fragesteller
 24.02.2018, 15:39

Ich schätze die Zeit die du dir genommen hast um diese Antwort zu verfassen. LG derGeschichte

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Nein, die Römer hatten den Untergang ihrer Kultur schon maximal hinausgezögert, in dem sie immer mehr Germanen und andere in die Armee aufgenommen haben. Die Kultur war nach 1000 Jahren einfach zu Ende, siehe dazu das Buch von Spengler, (Das fälschlicherweise: der Untergang des Abendlands es heißt) in dem er beschreibt, dass Kulturen verlaufen wie das Leben eines Menschen. Sie werden geboren, sie wachsen, Sie haben einen Höhepunkt und dann beginnt der Niedergang bis zum Ende. Die Probleme der Römer begann übrigens schon vor Christus, am Ende der Republik, wie der belgische Historiker David Engels in seinem Buch über den Weg ins Imperium detailliert beschreibt.

derGeschichte 
Fragesteller
 24.02.2018, 15:25

Ich danke dir mein Kamerad!

Diese Antwort ist präzise als auch höchst informativ!

Möge der allmächtige mit dir sein und dich im guten als auch schlechten Zeiten unterstützen!

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Ja, wenn die Hunnen zuhause geblieben wären. Der Hunnensturm setzte verschiedene Völker, wie z. B. die Westgoten unter Alarich, in Bewegung, und somit brach das Römische Reich zusammen.

derGeschichte 
Fragesteller
 25.02.2018, 08:07

Danke für deine Antwort StrohalmimMund! LG derGeschichte

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