führerstaat oder polykratie?

2 Antworten

Im Prinzip war es beides. Einerseits wurde durch das Ermächtigungsgesetz, die gesetzgebende Gewalt des Reichstages und damit die demokratische Grundordnung ausgehebelt. Zudem übernahm Hitler nach dem Tode Hindenburgs das Amt des Reichspräsidenten, sodass er Regierungschef und Staatsoberhaupt in einer Person war (Führer und Reichskanzler). Er hatte damit die alleinige Macht, Gesetze und Verordnungen zu erlassen. Andererseits gab es innerhalb der NS-Struktur Personen, die eigenmächtig gehandelt haben und auch die Macht dazu hatten. Da gab es einige, die nicht so hitlertreu waren, wie es vielleicht den Anschein hatte. Die haben auch nach Wegen gesucht, Hitler vom Thron zu stoßen und selbst die Macht an sich zu reißen. Besonders gegen Kriegsende zeichnete sich das ab. Beispielsweise hat SS-Reichsführer Heinrich Himmler den Westalliierten eigenmächtig eine Teilkapitulation angeboten. Hermann Göring schickte ein Telegramm zu Hitler in den Führerbunker, angeblich aus Sorge, dass die Kommunikation zwischen Berlin und anderen Stellen zusammenbricht und Hitler keine Befehle oder Anweisungen mehr übermitteln kann, in Wirklichkeit wohl jedoch, um ihm die Macht zu entreißen. Bei einer Nichtbeantwortung des Telegramms bis abends 22 Uhr ging Göring einfach davon aus, dass dann sämtliche Handlungsbefugnisse Hitlers auf ihn übergehen.

Eine wirkliche Alleinherrschaft gibt es auch in einer Diktatur nicht. Ein Putsch in den eigenen Reihen, ist wohl das, worum sich ein Diktator am meisten Sorgen machen muss.

Vor allem während des Krieges, als Institutionen wie die Waffen SS unabhängig von der Wehrmacht oder den Befehlen des Naziregimes agierten, kann man von einer Polykratie sprechen. Für die Zeit vor dem Überfall auf Polen ist die Bezeichnung Führerstaat angemessen, doch während des Krieges überwog nichtsdestotrotz der Führerstaat.

LG