Fragen zu Lateinsätzen...

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo La123,

Die Calabri sind die Einwohner Kalabriens, rapuere ist eine andere Form für rapuerunt und Parthenope ist ein älterer Name für Neapel.

Wenn man bedenkt, dass das Epos erst im Vortrag seine volle Wirkung zeigt, ist wohl eher der Gesang gemeint. Gesang darfst du hier aber ruhig etwas freier auffassen. Ein heutiger Rap ist auch eher gesprochen als gesungen und trotzdem empfinden wir ihn, selbst wenn die musikalische Begleitung fehlt, eher als Lied denn als Gedicht. Die Übergänge sind da fließend und was noch der reinen Poesie und was schon der Musik zuzuordnen ist, ist auch ein wenig kulturell geprägt.

Wie musikalisch ein Hexameter ist, verdeutlicht vielleicht dieses Video, das mit einer Melodie unterlegt ist, die in Rhythmus und Betonung den vorgetragenen Versen recht nahe kommt : http://www.youtube.com/watch?v=yPl-WkWUYnk&feature=c4-overview&list=UUfEq3ICSaYbj9AzweBjJe3Q

LG Octopamin


La123 
Fragesteller
 07.09.2013, 18:50

Ist das mit rapuere nur bei diesem Wort eine andere Form der dritten Person Plural oder gibt es das öfter? Und weißt du auch, warum Parthenope Ablativ ist? Oder ist es das ga nicht?

Ok, hat ja eigentlich eine sehr ähnliche Bedeutung, ist ja uch egal.

Noch eine Frage: Ist "Skandieren" ein großes Thema? Oder reicht es, wenn er mir einmal sagt, was ein Hexameter ist?

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Octopamin  07.09.2013, 19:00

Diese einleitende Betonung, des "Besingens" hat beim Epos übrigens Tradition. Bereits Homers Ilias beginnt mit "Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus," und Friedrich Gottlieb Kloppstock (1724 -1803) eröffnet sein Epos "Messias" mit folgendem Vers " Singe, o Seele, der sündigen Menschheit Erlösung".

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Octopamin  07.09.2013, 19:07
@Octopamin

Sowas wie rapuere für rapuerunt kommt häufiger vor. Spontan fällt mir der Beginn von Tacitus' Annalen ein. "Urbem Romam a principio reges habuere" statt habuerunt.

(Übrigens könnte man diesen Satz sogar als Hexameter lesen, auch wenn die Annalen eigentlich Prosa sind. )

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La123 
Fragesteller
 07.09.2013, 19:08
@Octopamin

Ok... Naja, cih kann das aber nicht. Wir haben das nie im Unterricht gemacht. Der Lehrer erklärt es mir ja mal, aber mich würde jetzt interessieren, ob es reicht, wenn er es einmal erklärt´oder ob das viel Zeit und Arbeit erfordert.

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La123 
Fragesteller
 07.09.2013, 21:02
@Octopamin

Danke für den ganzen Einsatz! :D

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Ob und wie singhaft ein lateinischer Dichter vortragen musste, ist unbeantwortet und lässt sich nicht sicher beantworten. Es wird immer wieder mal behauptet, bevorzugt von italienischen Philologen, dass die Dichtung "eigentlich" für den mündlichen Vortrag bestimmt war und "eigentlich" sogar eine Melodie hatte.

Das ist im wesentlichen -- alle italienischen Philologen bitte weghören -- fucking bullshit. Keiner bestreitet, dass der mündliche Vortrag, zumal in klassischer Zeit die Dichter eng an die literarischen Zirkel in Rom gebunden waren (Horaz im Maecenaskreis usw.), aber zum einen ist Latein eine weniger melodiöse Sprache als Griechisch, wo Tonhöhen eine Rolle spielten, so dass die Dichter also "Melodien" mitgeliefert haben müssten, wenn noch jemand anders als sie selbst hätte "vorsingen" sollen. Solche Melodien gibt es tatsächlich in wenigen mittelalterlichen Handschriften, aber außer einigen italienische Philologen hält die niemand für echt.

Denn anders als man (auch außerhalb Italiens) noch vor einiger Zeit meinte, ist lautes Lesen auch in der antike nicht die Regel gewesen.

Dichtung wurde, möglicherweise seit dem 6. Jahrhundert vor Christus, schriftlich verbreitet. Auch ein Pindar, der für Choraufführungen geschrieben hat, war den Griechen, die überhaupt etwas von ihm kannte, als Lesetext bekannt. Für lateinische Dichter, die sicher auch privat für Freund vorgetragen und vielleicht noch ein paar Rafinessen eingebaut haben, die nur die Freunde verstanden haben, haben v.a. für ein Lesepublikum geschrieben. Das zeigt sich schon in der Komposition der Gedichtbücher, wo meist jedes Gedicht einen bestimmten Platz hatte.

Die Aeneis lässt sich, wenn überhaupt, nur in Auszügen vortragen. Setzen wir drei Stunden für ein Buch an (ich habe es nicht ausprobiert, aber man muss auch mal kurz einhalten), dann ergeben sich bei 12 Büchern 36 Stunden fast reine Vortragszeit. Selbst 24 Stunden oder 20 Stunden reiner Vortrag sind zu viel. Außerdem starb Vergil vor Vollendung der Aeneis.

Kurzum, canere heißt hier "dichten" und sonst nichts, ebensowenig wie wie das Nibelungenlied als ganzes vorgesungen wurde (der Spinner, der das gemacht hätte, wäre irgendwann allein im Saal gewesen) oder für den Gesang gedacht war.


La123 
Fragesteller
 07.09.2013, 22:09

Ok. Danke! Das war auch sehr interessant und hilfreich.

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