2 Antworten

Michel und seine Kappe im Jahr 48

Die Karikatur steht in der Ausgabe vom 24. März 1849 des Volks-, Witz- und Carricaturen-Blatts "Eulenspiegel".

Die Darstellung spricht für sich. Im Frühjahr erscheint der Deutsche Michel mit wildem Bart, Jakobinermütze und Kokarde (google mal, was Jakobiner sind), Frisur und Kopfbedeckung wandeln sich im Sommer und Spätjahr ebenso wie seine Mimik, die schließlich nur noch resignierte Passivität ausdrückt. Deutlich wird die Kritik an der Haltung des deutschen Bürgertums, das in seiner Mehrheit nach den Märzereignissen von der Revolution abrückte. Diese Wende sah der Eulenspiegel bereits im Juni 1848 voraus, als gerade erst das Frankfurter Paulskirchenparlament seine Arbeit aufgenommen hatte.

http://www.stadtarchiv-heilbronn.de/stadtgeschichte/unterricht/bausteine/revolution4849/quellen/

In der Wissenschaft hat sich heute allgemein die Ansicht durchgesetzt, dass es sich bei der Redewendung „ein deutscher Michel“ um eine Geburt der Renaissance handelt. Der Humanismus in Deutschland hatte sich das Latein zur Sprache gewählt. Dadurch entstand zwischen der Sprache der Bildung und der des Volkes eine Kluft. Dies führte zu einer geistigen Kultur, die den Anschluss an das Ausland suchte. In diesem Zusammenhang entstand die Redewendung vom „teutschen Michel“ vermutlich in einem Zusammenspiel ausländischer Stereotype der Renaissance vom völlernden, saufenden und schlaftrunkenen Deutschen, mit dem ebenso negativ belegten deutschen Bauernbild des ausgehenden Mittelalters.