Eisenbahngleichnis Erich Kästner?
Was meint ihr, was ist die moralische Botschaft hinter der Parabel ,Das Eisenbahngleichnis' von Erich Kästner?
Wir sitzen alle im gleichen Zug
und reisen quer durch die Zeit.
Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.
Wir fahren alle im gleichen Zug
und keiner weiß, wie weit.
Ein Nachbar schläft; ein andrer klagt;
ein dritter redet viel.
Stationen werden angesagt.
Der Zug, der durch die Jahre jagt,
kommt niemals an sein Ziel.
Wir packen aus, wir packen ein.
Wir finden keinen Sinn.
Wo werden wir wohl morgen sein?
Der Schaffner schaut zur Tür herein
und lächelt vor sich hin.
Auch er weiß nicht, wohin er will.
Er schweigt und geht hinaus.
Da heult die Zugsirene schrill!
Der Zug fährt langsam und hält still.
Die Toten steigen aus.
Ein Kind steigt aus, die Mutter schreit
Die Toten stehen stumm
am Bahnsteig der Vergangenheit.
Der Zug fährt weiter, er jagt durch die Zeit,
und keiner weiß, warum.
Die erste Klasse ist fast leer.
Ein feister Herr sitzt stolz
im roten Plüsch und atmet schwer.
Er ist allein und spürt das sehr
Die Mehrheit sitzt auf Holz
Wir reisen alle im gleichen Zug
zur Gegenwart in spe.
Wir sehen hinaus. Wir sahen genug.
Wir sitzen alle im gleichen Zug
und viele im falschen Coupé.
2 Antworten
Liest sich für mich wie nen nihilistischer Erguss über das Leben und die Trivialität des menschlichen Leids.
Nichts ist wirklich wichtig.
Niemand hat einen rechten Plan oder ein rechtes Ziel.
Der Tod ereilt uns alle.
Wir sind alle gleich.
Es ist wie die Totenrede Mark Antons. Er sagte so oft "und Cäsar ist ein ehrenwerter Mann", bis man daran zweifelte.
Dasselbe im Gedicht oben. Er wiederholt "wir sitzen alle im gleichen Zug" und beschreibt danach die Ungleichheit. Dieser "Zug" ist in dem Gedicht nichts, das eine Gemeinsamkeit erzeugen würde.
"Moralisch"? - In dem Gedicht kann ich keine moralische Botschaft entdecken. Es scheint mir eher eine Parabel über das Leben zu sein.