Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik: alles ist vergänglich?

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der 2. Hauptsatz bezieht sich auf eine bestimmte mengenartige Größe, nämlich die Entropie. Für diese gilt nun ein halber Erhaltungssatz. Entropie kann man erzeugen (zum Beispiel Hände reiben, Gummu kneten, Lampe leuchten lassen etc.), aber nie mehr vernichten. Bei jedem realen spontan ablaufenden Prozess wird Entropie erzeugt. Damit ist schon mal klar, dass man einen vergangenen Zustand nicht mehr wiederherstellen kann, da man den Zustand der niedrigeren Entropie nicht mehr wiederherstellen kann.
Außerdem trägt ein Entropiestrom immer auch einen Energiestrom mit sich. Da dieser neu erzeugte Entropiestrom nicht mehr verschwinden kann, ist die mit ihm "gekoppelte" Energie für andere Dinge also verloren, man kann sie nicht mehr für "vernünftige" Dinge verwenden. Dieser letzte Abschnitt ist auch immer gemeint, wenn man sagt, etwas sei ein Energieverschwender. Es wird zuviel Entropie produziert, und damit ist die gekoppelte Energie für andere Zwecke weg (also nicht mehr verfügbar!)

FrauSchmidt 
Fragesteller
 14.07.2010, 13:48

Ja, also... hmmm, das klingt sehr gut, aber ich versteh nur Bahnhof. Ich hab das jetzt dreimal gelesen, und ich halte mich nicht für eine der Dümmsten unter der Sonne, aber so richtig verstanden habe ich es trotzdem nicht! :( Kannst Du das nicht mal für den Laien übersetzen? So Schlagzeilenmäßig? Meine Frage war ja eben, ob man dafür sagen kann "alles ist vergänglich" oder auch "alle Dinge unterliegen dem Alterungsprozess und werden vergehen" oder so ähnlich.... kratzamKopf

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weberwf  14.07.2010, 13:49

Obiges gilt streng genommen nur für abgeschlossene Systeme. Die Entropie kann in einem offenen System durchaus zunehmen, wenn im Gegenzug in einem benachbarten System die Entropie zunimmt.

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FrauSchmidt 
Fragesteller
 14.07.2010, 13:54
@weberwf

Also kann man diesen 2. Hauptsatz der Thermodynamik nicht für Laien verständlich auf einen einfachen Nenner bringen? Ihn so ausdrücken, dass ihn jeder versteht? Warum soll denn das, was Offenbacher geschrieben hat, Unsinn sein?! Physiker scheinen wirklich sehr bedacht auf ihr Herrschaftswissen zu sein! In allen anderen Disziplinen arbeitet man eigentlich schon lange daran, sich der Rest-Bevölkerung zu erklären...

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lks72  14.07.2010, 14:11
@FrauSchmidt

@FrauSchmidt: Zunächst einmal bin ich als Physiker vielleicht stolz auf mein Wissen, aber halte mich garantiert nicht für was Besseres und bin durchaus bemüht, Sachen transparent rüberzubringen. Die Aussage von weberwf mit der clausiusschen Differentialform der Entropie ist für einen Laien natürlich unverständlich und tut hier auch nichts zur Sache. Auf der anderen Seite nützen einem aber Platitüden wie von Offenbacher auch nichts, wenn man wirklich was verstehen will.
Also: Entropie ist eine Größe, die ziemlich genau dem entspricht, was ein Laie unter "Wärme" versteht (aber nicht Physiker, denn in der Physik ist die Größe "Wärme" leider anders definiert). Reibe deine Hände, dann hast du Entropie produziert. Ein Topf mit heißem Wasser hat mehr Entropie als ein Topf mit kaltem Wasser. Ein großer Topf mit warmem Wasser hat mehr Entropie als ein kleiner Topf mit Wasser derselben Temperatur, soweit klar?
Nun kann man Entropie aber erzeugen: Immer dann, wenn man was reibt, entsteht Entropie, also Hände reiben, Strom fließen lassen, Dinge verformen. Da nun die Entropie nie mehr verschwinden kann (das ist der 2. Hauptsatz!), nimmt die Entropie insgesamt immer mehr zu. Natürlich kann sie lokal auch abnehmen, zum Beispiel in einem Kühlschrank. Dafür braucht man aber eine Wärmepumpe (besser wäre: Entropiepumpe), welche die Entropie aus dem Inneren des Kühlschranks nach draußen befördert. Im Inneren wird es deswegen kalt, außen an der Rückseite entsprechend warm. Nun wird bei diesem Vorgang aber durch Reibung noch zusätzlich Entropie erzeugt. Hinten kommt also mehr raus, als man dem Kühlschrank entommen hat. Damit hat man also Geschichte geschrieben, denn der ursprüngliche Zustand lässt sich leider nicht mehr herstellen, da die zusätzlich Entropie nicht mehr vernichtet werden kann.
Wenn man dies verstanden hat, kann man auch sagen: Entropieproduktion hat etwas vergängliches, (oder so ähnlich).

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Isoaho  06.08.2010, 22:56
@lks72

Auch ich muss mich z.Zt. mit dem Thema Entropie auseinandersetzen. Deshalb eine weitergehende Frage zu folgendem Zitat: "Ein Topf mit heißem Wasser hat mehr Entropie als ein Topf mit kaltem Wasser." Heißes Wasser hat mehr innere Energie als kaltes - das sehe ich ein. Wie unterscheiden sich nun innere Energe und Entropie? Danke und Grüße Isoaho

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lks72  07.08.2010, 23:05
@Isoaho

Die Gibbsche Fundamentalform lautet:

dE = T * dS - p * dV + mü * dn + phi * dQ + v * dp usw...

dE bezieht sich auf einen Raumbereich und gibt an, wie sich die Energie im Inneren dieses Raumbereiches ändert. Da die Energie eine strenge Erhaltungsgröße ist, stellt dE also die Menge an Energie dar, die durch die Oberfläche des Raumbereichs hin- oder abfließt. dE ist also eine Energiestromstärke (man nennt das auch Leistung).
Weiter sieht man folgendes: Immer dann, wenn Energie strömt, wenn dE<>0 ist, dann ändert sich immer noch mindestens eine weitere extensive Größe, entweder die Entropie S, das Volumen V, die Stoffmenge n, die elektrische Ladung Q, der Impuls p usw...
Man kann also alle diese extensiven Größen als Energieträger interpretieren. Jeder Energiefluss ist mit einem Fluss dieser Größen gekoppelt.

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lks72  07.08.2010, 23:07
@lks72

Wenn sich nun in einem System nur die Entropie ändert, dann wird aus der Gleichung einfach:
dE = T * dS.
Wenn du nun einen Topf mit heißem Wasser hast, dann hat dieser Topf eine bestimmte Entropie S. Gekoppelt damit ist die Energiemenge E = T * S, diese hängt also von der Temperatur ab. "Heiße" Entropie hat mehr Energie als "kalte" Entropie (man verzeihe mir diesen Ausdruck).
Aber Vorsicht: Dieses E ist jetzt nicht die komplette Energie des Systems, sondern nur die Energie, welche an die Entropie S gekoppelt ist. Wenn das System Arbeit verrichten soll, dann kann es dazu nicht seine ganze Energie benutzen, weil mindestens der Wert E = T * S zurückbleiben muss, da er an die Entropie gekoppelt ist. Mal ein Beispiel:
Ein Wärmemotor erzeugt einen Energiestrom (eine Leistung) von P1 = 10000Watt, und zwar bei einer Temperatur von T = 1000K. Die zugehörige Entropiestromstärke ist IS = dS/dt = 1000Watt/1000K = 10W/K.
Am Ausgang hat das Gas noch eine Temperatur von 400K. Der zugehörige Energiestrom ist
P2 = T2 * IS = 400K * 10W/K = 4000Watt.
Von den ursprünglichen 10000Watt bleiben also 4000Watt an die Entropie gekoppelt, der Motor kann also maximal eine mechanische Leistung von 6000Watt erbringen, der Wirkungsgrad liegt dementsprechend bei 6000W/10000W = 60%.
Um noch einmal konkret auf deine Frage zurückzukommen: Entropie ist also quasi ein Energieträger.

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lks72  07.08.2010, 23:07
@lks72

Boltzmann hat in der statistischen Thermodynamik die Entropie als ein Maß für die verschiedenen Mikrozustände eines Systems, die alle denselben Makrozustand repräsentieren, zurückgeführt. Dies war eine grandiose wissenschaftliche Leistung, zweifellos. Wer aber die Entropie nur im Rahmen der statistischen Physik kennengelernt hat, weil er aus der Schule davon noch nichts wusste, dem entgehen die geradezu simplen makroskopischen Eigenschaften der Entropie, wie oben mehrfach dargelegt:
Eine provokante These: Wenn man makroskopisch über Entropie wie über einen Stoff mit bestimmten Eigenschaften (Erzeugung, aber keine Vernichtung etc.) spricht, der macht physikalisch keinen Fehler.
p.s. Analog zu dE=T * dS ist ja dE = phi * dQ. Über die elektrische Ladung wird auch gesprochen wie über einen Stoff, und man tut gut daran, weil es den Umgang und die Beschreibung von elektrischen Strömen sehr bequem macht. Genauso sollte man es auch im Fall der Entropie tun.

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Isoaho  08.08.2010, 21:48
@lks72

Weiter sieht man folgendes: Immer dann, wenn Energie strömt, wenn dE<>0 ist, dann ändert sich immer noch mindestens eine weitere extensive Größe, entweder die Entropie S, das Volumen V, die Stoffmenge n, die elektrische Ladung Q, der Impuls p usw... Die Vorstelllung, dass Entropie eine Art Energieträger ist, finde ich sehr hilfreich. Nochmal zum besseren Verständnis: Entropie ist immer mit der Energieform Wärme verknüpft. Analog dazu kann man folgende Zusammenhänge herstellen:

extensive Zustandsgröße Energieform - V - Arbeit - Q - elektr. Strom - p (Impuls) - kinetische Energie - n (Stoffmenge) - ?

Richtig?

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Isoaho  08.08.2010, 21:56
@lks72

Ich hatte die letzten Zeilen in Tabellenform geschrieben, die hier nicht dargestellt wird. Deshalb nochmal: Entropie ist mit Wärme verknüpft, wie Ladung mit elektrischem Strom, Impuls mit kinetischer Energie, Volumen mit Arbeit oder die Stoffmenge mit ? (mir fällt kein Beispiel ein). Stimmen die Analogien?

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Der 2. Hauptsatz ist zunächst einmal Physikalische Chemie bzw. statistische Thermodynamik und nur, wer das vollkommen verstanden hat, kann sich auf philosophische Folgerungen einlassen. Allen anderen sollte das eigentlich egal sein und die Finger davon lassen. Das ist ja genauso, als wenn ein von Geburt an Tauber anfängt von Musik zu palavern oder ein von Geburt an Blinder von der Farbe.

FrauSchmidt 
Fragesteller
 14.07.2010, 13:50

Wieso???? Versteh ick nüscht! Statt mir zu antworten, machst Du mich nieder... Das ist ja nicht so nett, mein Lieber! :-(

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weberwf  14.07.2010, 13:54
@FrauSchmidt

Das ist es ja: Man kann den 2. Hauptsatz einfach nicht verstehen, ohne ein gewisses Maß an physikalischem Vorwissen. Aber es ist keine Schande, wenn man das nicht hat.Ich verstehe z. B. auch nichts von Bügeln.

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FrauSchmidt 
Fragesteller
 14.07.2010, 14:00
@weberwf

Puuh, also Du bist wirklich ein bisschen arrogant, muss ich sagen... Nach dem Motto "ich versteh den 2. HS der TD, aber von so niedrigen Tätigkeiten wie Bügeln verstehe ich nichts"... Mit so einer Art gehört man aber sicher nicht zu den beliebtesten Mitbürgern... Wie dem auch sei: wie würdest Du denn Deinem Kind dieses Physikalische Gesetz erklären? Mir geht es nicht um eine Crash-Kurs Physik. Ich habe diese "Übersetzung" in einem Buch meines Sohnes gefunden (Was ist was-Reihe, "Raum und Zeit"), und mir kam einfach die Idee, als Titel für ein Fotoalbum "Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik" zu wählen. Damit wollte ich auf originelle Weise ausdrücken, dass wir alle älter werden bzw. dass die Jugend vergänglich ist und dieser Prozess nicht aufgehalten werden kann. Verstehst, was ich wollte?! Nicht mehr, und nicht weniger! Danke.

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Du meinst sicherlich diesen Satz: "Chaos (Unordnung) kann nur zunehmen, aber niemals abnehmen". Das ist meines Erachtens der prägnanteste Satz des 2.Satzes der Thermodynamik.

Wie schon von lks geschrieben

"Bei jedem realen spontan ablaufenden Prozess wird Entropie erzeugt."

und

"Entropie kann man erzeugen (...), aber nie mehr vernichten."

Das bedeutet, dass real spontan ablaufende Prozesse nicht umkehrbar sind. Wenn sich also irgendein Ding (welches Ding Du gerade zur Beobachtung ausgewählt hast, und welches ein repräsentativer Teil von dem "Alles" in "Alles ist vergänglich" ist) verändert, so kann es nicht mehr in seinen Ursprungszustand zurückkehren. Das Selbe gilt für jede weitere folgende Veränderung. Und so wird ein Berg von Sand (der sei mal das Ding), und sei er noch so hoch, von einer alle 100 Jahre wiederkehrenden kleinen Brise, die genau ein Sandkorn herunterpustet, langsam abgetragen. Analoges gilt für alle anderen Dinge: sie verändern sich Schritt für Schritt bis zur Unkenntlichkeit; was man auch als "vergehen" bezeichnen kann.

Physikalisch nicht ganz korrektes Bild, aber vielleicht verständlich.

Einige Kommentatoren sehen das hier etwas zu dogmatisch. Die Entropie kann auch etwas abnehmen, und zwar in der Größenordnung einiger Boltzmann-Konstanten, OHNE den zweiten Hauptsatz wesentlich zu verletzen! Oft hört man, gerade von Laien, aber auch selbst von Fachleuten: "das geht nicht!" "ist verboten!",usw. Die Physik läßt einiges zu, auch was den Hauptsätzen widerspricht, wie z.B. Energie aus dem Nichts (Vakuumfluktuation), Anziehung bei ungeladenen Metallplatten (Casimir-Effekt).. Da spielen z.B. Quanteneffekte mit hinein.