BIO Q1 ERBINFORMATIONEN WERDEN ALS Nucleinsäuren weitergegeben?

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Da ich nicht weiß, wie groß das Vorwissen deines Sohnes ist, versuche ich einmal, es etwas ausführlicher zu erklären. Vielleicht kann er dann die Aufgaben von selbst lösen.

Bakterien sind Einzeller ohne Zellkern (sog. "Prokaryoten"). Anders als bei Eukaryoten (Lebewesen mit Zellkern) ist bei Prokaryoten die Erbinformation nicht im Zellkern gespeichert, sondern die DNA liegt frei als ringförmiges Molekül im Zellplasma. Dieses DNA-Molekül wird als Kernäquivalent oder als Bakterienchromosom bezeichnet. Zusätzlich zum Bakterienchromosom besitzen Bakterien oft noch weitere, deutlich kleinere und ebenfalls ringförmige DNA-Moleküle, die Plasmide. Auf einem Plasmid können zusätzliche Gene liegen, z. B. ein Gen, welches die Bauanleitung für ein Enzym enthält, mit dem man ein bestimmtes Substrat (wie z. B. Mannit) verdauen kann. Oder ein Gen, das ein Bakterium resistent gegen ein bestimmtes Antibiotikum macht. Viele Bakterien und Pilze produzieren von Natur aus Antibiotika, um lästige Konkurrenten los zu werden indem sie andere Bakterien am Wachstum hindern. Ab und an kann es passieren, dass durch Mutation ein Bakterium resistent gegen das voneinem anderen Mikroorganismus produzierte Antibiotikum wird. Das ist ein großer Vorteil, weil es dadurch den Schutzwall anderer Bakterien umgehen und trotzdem wachsen und sich vermehren kann.

Bakterien können außerdem fremde DNA aufnehmen, man nennt das horizontalen Gentransfer (horizontal, weil ein Gen hierbei nicht nur wie beim vertikalen Gentransfer in nur eine Richtung, nämlich von der Eltern- auf die Nachkommensgeneration, weitergegeben werden kann, sondern auch innerhalb einer Generation). Eine Möglichkeit ist die Konjugation. Das ist so etwas wie "Bakteriensex". Dabei lagert sich z. B. ein Bakterium mit Resistenzgen an eines ohne Resistenzgen an und überträgt sein Plasmid, sodass das andere Bakterium nun auch das Resistenzgen besitzt und folglich fortan auch resistent ist. Das klappt manchmal sogar zwischen Bakterien, die verschiedenen Arten angehören. Außerdem können auch spezielle Viren, sog. Bakteriophagen, DNA von einem Bakterium zu einem anderen übertragen. Dies nennt man Transduktion.

Eine dritte Möglichkeit des horizontalen Gentransfers ist schließlich die Transformation. Ein Bakterium nimmt dabei ein DNA-Molekül (z. B. ein Plasmid) aus seiner Umwelt über seine Zellmembran auf. Die Transformation kann man sich in der Molekularbiologie zu Nutze machen, um durch Klonierung einen gentechnisch veränderten Organismus (GVO) zu erschaffen, also einen Organismus, der fremdes Erbgut enthält. Man kann z. B. ein Plasmid basteln, das ein Gen für die Produktion des Human-Insulins enthält. Mittels Transformation schleust man das Plasmid in eine Bakterienkultur ein. Die Bakterien produzieren dann Insulin, welches aufgereinigt wird und dann von Diabetikern gespritzt werden kann.

Manche Bakterien wie z. B. Pneumococcus sind von Natur aus in der Lage, fremde DNA aus ihrer Unwelt aufzunehmen, man spricht auch von Kompetenz. Andere wie z. B. E. coli können von Natur aus keine DNA aufnehmen. Damit eine Transformation bei ihnen gelingt, müssen sie erst kompetent gemacht werden, z. B. durch Behandlung mit Kaliumchlorid oder durch Elektroporation, aber das soll uns nicht weiter interessieren. Für uns ist zum Verständnis des Versuchs nur wichtig zu wissen, was Transformation ist und dass manche Bakterien von Natur aus kompetent sind.

Was hat man nun in dem Versuch gemacht?

Man hat zunächst eine Kultur eines Pneumococcus-Stamms genommen, der erstens gegen das Antibiotikum Streptomycin resistent ist und zweitens das Substrat Mannit enzymatisch spalten kann. Aus dieser Kultur hat man einen Zellextrakt hergestellt. Man hat also vereinfacht gesagt die Bakterienzellen kaputt gemacht, sodass alles, was vorher in den Bakterien war, nun frei in einer Flüssigkeit schwamm. Diesen Zellextrakt von Stamm 1 hat man anschließend zu einer Kultur eines zweiten Pneumococcus-Stammes gegeben, der natürlicherweise weder Mannit verwerten kann noch gegen Streptomycin resistent ist. Mit diesem mit dem Zellextrakt von Stamm 1 behandelten Stamm 2 wurden dann Petrischalen beimpft, die entweder Mannit als Nährmedium enthielten oder nicht sowie das Antibiotikum Streptomycin enthielten oder nicht enthielten. Dann hat man sich angeschaut, auf welchen Platten Bakterien gewachsen sind und auf welchen nicht. Das Ergebnis siehst du in der Abb. unten.

Folgendes sollte dein Sohn sich mal anschauen: gibt es in den ausplattierten Bakterienkulturen welche, die Mannit verwerten können oder gegen Streptomycin resistent sind oder sogar beides? Wenn ja, wie kann das sein, da Stamm 2 ja ursprünglich weder das eine noch das andere kann.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig