Bedeutung von Caesars 'De bello Gallico'

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Bedeutung

Gaius Iulius Caesar, Commentarii de Bello Gallico ist ein Werk, beim dem ein wichtiger und mächtiger Politiker selbst als Schriftsteller mit sprachlicher Meisterschaft seine Taten darstellt.

Es handelt sich beim dem vorliegenden Werk nicht um Kriegstagebücher. Caesar hat als Statthalter (er war Prokonsul) jährlich Berichte (lateinisch litterae genannt) an den Senat in Rom geschickt. Diese Berichte und Aufzeichnungen seiner Offiziere über Ereignisse, bei denen Caesar nicht selbst anwesend war, dienten ihm als Grundlage für sein Werk. Geschrieben hat er es wohl im Winter 52/52 v. Chr. rasch und ein einem Zug. Die einzelnen Bücher sind nach Kriegsjahren eingeteilt. Das 8. Buch (Ereignisse der Jahre 51 und 50 v. Chr.) hat nicht Caesar verfaßt, sondern Aulus Hirtius (siehe das Vorwort des 8. Buches), ein vertrauter Gefolgsmann und als Offizier tätig.

Marcus Tullius Cicero lobt Caesars Commentarii in literarischer Hinsicht als schlicht/einfach/ungeschminkt/natürlich, geradlinig und anmutig, ohne rhetorischen Aufputz und Ausschmückung, rein und durch ausgezeichnete Kürze angenehm, Caesar habe anderen Material zur Geschichtschreibung bereitstellen wollen, aber zumindest vernünftige Leute vom Schreiben abgeschreckt, denn in der Geschichtschreibung sei nicht süßer als reine und leuchtende Kürze. (Cicero, Brutus 262 valde quidem, inquam, probandos; nudi enim sunt, recti et venusti, omni ornatu orationis tamquam veste detracta. sed dum voluit alios habere parata, unde sumerent qui vellent scribere historiam, ineptis gratum fortasse fecit, qui volent illa calamistris inurere: sanos quidem homines a scribendo deterruit; nihil est enim in historia pura et inlustri brevitate dulcius.).

Das Werk gehört zur Gattung des commentarius, ändert aber in gewisser Weise diese Gattung. Denn es handelt sich nicht nur um Notizen und Materialsammlung für eine spätere erzählerische Ausarbeitung, sondern das Werk nähert sich der Geschichtschreibung (historia) an, ist im Grunde eine Form der Geschichtschreibung. Caesar erhebt die Gattung des commentarius von einer Aufzeichnung zu einer literarischen Gattung.

Caesar wollte seine Taten einem römischen Publikum als große Leistungen vermitteln, sein Handeln rechtfertigen (als rechtmäßig und im Einklang mit römischen Wertvorstellungen und Traditionen darstellen) und Rum erwerben.

Caesar mußte nach einer ungewöhnlich langen Statthalterschaft seine Rückkehr in die römische Innenpolitik vorbereiten. Caesars Zielpublikum, das er beeinflussen wollte, waren die Römer insgesamt, wobei die Honoratioren (wohlhabende und angesehene Leute) in den Städten Italiens (wohl Hauptadressaten) und das einfache Volks eher beeindruckt werden konnten als die römischen Senatoren. Caesar schildert sich in dem Werk vor allem als römischer Statthalter (Prokonsul) und als Feldherr, fast gar nicht als Handelnder in der römischen Innenpolitik. Die Darstellung zeigt ihn als tatkräftigen und umsichtigen Römer, der die Interessen des römischen Volkes gut vertritt, dessen Bundesgenossen wirkungsvoll schützt und im Einklang mit traditionellen römischen Prinzipien handelt. Die römischen Soldaten erscheinen fast immer tapfer und ihrem Feldherrn treu ergeben.

 Als Folgerung aus den herausragenden Großtaten wird (ohne dies ausdrücklich zu sagen) nahelegt, dieser siegreiche, außergewöhnlich fähige Mann mit großen Leistungen für den römischen Staat müsse eine führende Rolle in der Politik spielen und habe eine weiterhin glanzvolle Karriere verdient.

Das Werk ist eine wichtige Geschichtsquelle, die allerdings kritisch benutzt werden sollte.

in kurzer Zusammenfassung ist die Bedeutung:

  • Selbstdarstellung der eigenen Taten, Schilderung der Handlungen eines Politikers und Feldherrn durch ihn selbst und dies mit großem schriftstellerischer Fähigkeit
  • Erhebung des commentarius zu einer literarischen Gattung
  • Vermittlung eigener Leistungen/Erfolge, Rechtfertigung, Ruhm als Ziele
  • hauptsächliche literarische Geschichtsquelle über den Gallischen Krieg (was in anderen, späteren literarischen Werken steht, scheint sehr weitgehend auf Caesar Darstellung zu beruhen, also keine unabhängige/eigenständige Überlieferung zu den Verhältnissen und Ereignissen selbst zu sein

Große Bedeutung hat auch die Nachwirkung. Dazu gehört, zu einer gängigen Lektüre im Lateinunterricht geworden zu sein.

Albrecht  26.03.2015, 07:24

Besonderheiten

Die Schriften Caesars haben Merkmale in Bezug auf Sprache, Stil und Gedanken. In diesen Merkmalen kann gesucht werden, was vielleicht als Besonderheit verstanden werden könnte.

Gaius Iulius Caesar schreibt klassisches Latein. Er zeichnet sich durch Eleganz/Erlesenheit/Gewähltheit des Ausdrucks (elegantia) aus. In der Wortwahl weist er Reinheit auf (Purismus). Er meidet unübliche und unklare Wörter. Caesar bevorzugt, das von ihm am passendsten eingeschätzte Wort immer zu verwenden und keine Variante dazu um der Variante willen zu benutzen (so verwendet er für „Fluß“, „Strom“ flumen, nicht fluvius oder amnis). Der verwendete Wortschatz hat einen verhältnismäßig geringen Umfang.

Caesar schreibt von sich selbst in der Er-Form. Caesar wollte möglichst glaubwürdig wirken. Er hatte das Ziel, beim Lesepublikum Vertrauen in die Richtigkeit der Darstellung zu erwecken. Dazu hat er auch allgemein in seinen Schriften über die von ihm geführten Kriege eher in einem sachlich-nüchternen Stil geschrieben. Die Er-Form (dritte Person) statt der Ich-Form (erste Person) hat das Ziel, als Eindruck nahezulegen:

  • Objektivität
  • Sachlichkeit
  • ausreichender Abstand

Ein commentarius hatte starke Wurzeln in einer Aufzeichnung von Fakten. Caesar betreibt allerdings durchaus Leserlenkung und ist nicht objektiv und unparteilich. Der äußere Anschein soll aber nicht einen starken Verdacht darauf hervorrufen. Die Wahl der ersten Person, eines subjektiven Ich, hätte stärker den Eindruck hervorgerufen, eine parteiliche Darstellung zu lesen, bei der Vorsicht angebracht ist, was das Verhältnis zur Wahrheit betrifft. Die dritte Person erweckt mehr den Anschein von zurückhaltender Sachlichkeit und ausreichendem Abstand (Distanz).

Caesar verwendet häufig den Ablativus absolutus (auf diese Weise können Nebenumstände leicht in einen Satz eingegliedert werden).

Neben der Wiedergabe von Äußerungen in indirekter Rede kommen auch direkte Reden (können die Anteilnahme erwecken; wie allgemein in der antiken Geschichtschreibung ) vor.

Es gibt Wechsel der Erzählzeiten/Tempora, historisches Perfekt und historisches Präsens wird verwendet, historische Infinitive kommen vor. Der Gang/Ablauf und Rhythmus der Handlung wird so nachgezeichnet.

Der Text ist an der sprachlichen Oberfläche betrachtet gewöhnlich einfach, natürlich, klar aufgebaut und rational.

Inhaltlich stellt Caesar seine Taten in einer für sich günstigen Sichtweise dar. Gegner werden als arrogant, verrückt, von irrationalen Beweggründen getrieben, uneinsichtig und fanatisch dargestellt.

Informationen in Büchern zum Thema bieten z. B.:

Michael von Albrecht, Geschichte der römischen Literatur : von Andronicus bis Boethius; mit Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit. Band 1. 3., verbesserte und erweiterte Auflage. Berlin ; Boston : De Gruyter, 2012, S. 343 – 367

S. 360: „Die Commentarii sind als literarisch hochwertiges Selbstzeugnis eines der größten Tatmemnschen der Weltgeschichte ein Unikum. Sie sind ein Markstein der Memoirenliteratur; ihre Bedeutung für die Geschichte der Autobiographie läßt sich noch kaum ermessen.“

S. 361: „Die Literaturgeschichte hat die Tatsache zu würdigen, daß Caesar auch ein genialer Stratege des Wortes und der psychologischen Kriegsführung ist. So entdeckt man heute den Propagandisten und den historischen Schriftsteller Caesar.“

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Albrecht  26.03.2015, 07:25

Martin Jehne, Caears Gallischer Krieg – Text und Tat. In: Erinnerungsorte der Antike. Herausgegeben von Elke Stein-Hölkeskamp und Karl-Joachim Hölkeskamp. Band 1: Die römische Welt. München : Beck, 2006, S. 234 - 241

S. 237 - 238: „Es war demnach klar, daß Caesars Wunsch, mit einem rauschenden Triumphzug in Rom einzuziehen und unmittelbar ein zweites Consulat anzutreten, nicht leicht realisierbar sein würde, so daß es galt, formidablen Widerstand aus dem Weg zu räumen.

Teil von Caesars Aktionen, mit denen er in Rom das Feld für seine triumphale Heimkehr bestellen wollte, war nun die Publikation seiner Kriegsberichte. Eine gebildete römische Öffentlichkeit sollte darauf eingestimmt werden, daß Caesar die römischen Interessen in Gallien tadellos vertreten hatte; daß er dem Reich ein riesiges Territorium hinzugewonnen hatte, aber nicht aus persönlichem Ehrgeiz heraus, sondern in Wahrnehmung seiner Pflichten als Repräsentant des römischen Gemeinwesens; daß er römische Tugendideale wie kaum ein zweiter verkörpert und umgesetzt hatte; daß er in schier unglaublicher Weitsicht und Nervenstärke fast alles vorausberechnet und sich entsprechend verhalten hatte, so daß er dem Feldherrnideal in der Kombination von persönlicher Tapferkeit und rationaler Planung perfekt entsprochen hatte. Gerade in ihrer distanzierten und unaufgeregten Darstellungsweise führt die Schrift ihre zeitgenössischen Leser um so unausweichlicher zu dem Schluß, daß hier ein Römer in untadeliger Weise alle Anforderungen an römische Feldherren und Statthalter bewältigt hat, so daß es nach römischen Normen geradezu zwingend ist, diesen Mann mit weiteren Ämtern und Ehren auszuzeichnen. Hinweise auf die Rechtsbrüche, die er sich während seines Consulats 59 hatte zuschulden kommenlassen, oder auf gewisse Großzügigkeit im Umgang mit den Feinden während des Krieges konnten (und sollten) unbefangenen Lesern aus der römischen Oberschicht nach Lektüre dieses Textes wohl nur noch als kleinlich erscheinen."

Eckart Mensching, Caesars Bellum Gallicum : eine Einführung. 1. Auflage. Frankfurt am Main : Diesterweg, 1988. ISBN 3-425-04392-7

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Hey lenibaam, eine besonderheit ist dass das letzte buch mitten im satz endet und erst nach cäsars tod veröffentlicht wurde. Außerdem schreibt cäsar von sich in der dritten person und verwendet oft das historische präsens. Die erzählte zeit wird von ihm auch sehr kurz gehalten (einen langen marsch beschreibt er in ein zwei sätzen als wären sie nur drei tage gelaufen). Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen